Des Kaisers Gespielin (German Edition)
geöffnet. Sanft nahm ich ihre untere Lippe zwischen die meinen und kostete von ihrer süßen Üppigkeit.
So lange hatte ich mich danach gesehnt sie zu berühren, jetzt war ich nicht mehr in der Lage unseren Körperkontakt zu unterbrechen. Unsere Lippen waren ineinander verschränkt und ich konnte ein Zittern spüren, das durch ihren Körper fuhr. Ich öffnete meine Augen und ihr überraschter Blick ließ mich die Verbindung unterbrechen. Still standen wir uns gegenüber. Mein schneller Atem war das einzige Geräusch im Raum. Ravennas Augen waren weit geöffnet. Überraschung erkannte ich darin, aber auch ein gewisses Entsetzen über das Geschehene. Unsicher trat ich einen Schritt zurück.
„Ravenna?!“, flüsterte ich bittend, denn das was ich in ihrem Gesicht gesehen hatte, machte mir Angst.
Sag doch was, rief es laut in mir, aber ich brachte kein Wort über die Lippen. Immer noch stumm raffte Ravenna das Tuch um ihren Körper und verließ schweigend mit gesenktem Blick den Raum. Ich blieb allein zurück, beschämt und mit blutendem Herzen.
12.
Meine Glieder waren wie betäubt. Ich lag im Bett und ließ die Geschehnisse der letzten Stunden immer und immer wieder an mir vorbeiziehen, versuchte zu verstehen, was geschehen war. Ich hätte meinem Verlangen nicht nachgeben dürfen. Der verletzte Blick, mit dem Ravenna mich bedacht hatte, stach mir immer noch tief ins Herz. Und doch! Fast hätte ich schwören können, dass ihre Lippen für einen kurzen Moment den Druck meiner erwidert hatten, dass sich ihr Körper ein kleines bisschen fester an mich gedrückt hatte. Waren ihre Lippen nicht weich gewesen, als ich sie geküsst hatte? Waren das nur Hirngespinste? Wollte ich mir einfach nicht eingestehen, dass ich meine Ravenna in einem einzigen unbedachten Augenblick verloren hatte? Nie wieder würde sie meine Freundin sein wollen, nie wieder lachend im Garten auf mich warten. War es das wirklich wert gewesen? Dieser eine Kuss, dieser verfluchte Kuss!
Warum bin ich nicht stark geblieben? Ich hatte mich ihr aufgedrängt, dachte ich beschämt, obwohl in keiner ihrer Gesten eine Einladung gelegen hatte. Tränen begleiteten mich in einen unruhigen Schlaf.
Den nächsten Tag verbrachte ich wie hinter einem dunklen Schleier. Nona bedrängte mich innigst, mich ihr anzuvertrauen. Doch mein Mund blieb stumm. Schließlich gab sie auf und schickte mich ins Bett. Wahrscheinlich glaubte sie, ich hätte mich bei Ravenna angesteckt. Mit der innigen Bitte, ich solle mich ausruhen, ließ sie mich allein zurück und begann ihren Tag ohne mich. Aber allein oder nicht, meine Glieder blieben reglos. Nur in meinem Kopf tobte ein heftiges Feuer aus Selbstvorwürfen, Trauer und Hoffnungslosigkeit.
Spät am Abend kam Nona zurück und überbrachte mir die Neuigkeiten des Tages.
„Lila? Geht es dir besser?“
Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Wir haben dich heute vermisst. Ich... äh... Henni macht sich große Sorgen um deine Gesundheit.“ Sie zögerte. „Soll ich ihm vielleicht... eine Nachricht zukommen lassen?“
Der arme Henderley! Fast konnte er mir leidtun. Verliebt in jemanden, der für ihn unerreichbar war, so wie Ravenna für mich. Der Gedanke, ihr noch einmal unter die Augen treten zu müssen, ließ mich erschaudern. Vielleicht sollte ich einfach alle Brücken abbrechen und den Hof verlassen. Ein Zeichen von mir und Henderley würde beim Kaiser ersuchen, mich heiraten zu dürfen, das wusste ich. Wenn ich ihn doch nur lieben könnte! War es denn besser hier zu bleiben? Bei Ravennas Anblick für immer und ewig an meine Sehnsucht erinnert zu werden? Oder könnte ich sie fern von hier in den Armen eines Anderen vergessen? In den Armen von jemandem, der mich liebte! Und den ich vielleicht auch irgendwann zu lieben lernen würde. Mit keiner der beiden Szenarien war ich wirklich zufrieden.
„Hörst du mir noch zu?“
Nonas Stimme klang vorwurfsvoll.
Erschrocken blickte ich sie an, ich hatte tatsächlich ihre Anwesenheit komplett vergessen.
„Ich war nur in Gedanken, entschuldige Nona.“
Sie schien enttäuscht darüber, dass ich ihr keine Antwort gegeben hatte. Aber sie musste sich daran gewöhnt haben, dass ich ihr auswich, wann immer die Sprache auf Henderley kam, so dachte sie sich wohl nicht viel dabei und fuhr fort.
„Also... jedenfalls habe ich mich sehr gefreut über die Ankündigung. Zu lange habe ich schon meine formale Abendgarderobe nicht mehr angehabt. Und wird es nicht furchtbar aufregend, mal wieder
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