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Des Lebens Überfluß

Des Lebens Überfluß

Titel: Des Lebens Überfluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Begeisterung zu ertragen.
    Er nahm das erste Viereck zur Hand, und die Arbeit, dieses in kleinere Klötze und schmale Stücke zu spalten, war natürlich noch mühsamer als das Zersägen. Clara ruhte indessen aus und sah dem Manne mit Verwunderung und Freude zu, der nach einiger Übung und vergeblichen Versuchen bald die Handgriffe fand und selbst in dieser niedrigen Beschäftigung seiner Gattin als ein schöner Mann erschien. –
    Es traf sich glücklich, daß bei diesen Arbeiten, von denen die Wände erdröhnten, der Herr des kleinen Hauses, der sonst das untere Zimmer bewohnte, abwesend war. So kam es, daß das verursachte Geräusch von Niemand im Hause bemerkt werden konnte. Die Nachbarn hörten nicht sehr darauf, weil viele geräuschvolle Gewerbe sich in der Vorstadt, und namentlich in dieser Gasse, niedergelassen hatten.
    Endlich war ein Vorrat des kleinen Holzes zu Stande gekommen und man versuchte nun, den Ofen damit zu heizen. An diesem merkwürdigen Tage waren Mittagsmahl und Frühstück zusammengeflossen. Der Mittagstisch war heute viel anders als gestern und vorgestern.
    Du mußt nicht wunderlich sein, lieber Mann, sagte Clara, bevor sie ein kleines Tuch auflegte; unsre Christine hat von ihrem großen Waschfest diese Nacht allerhand nach Hause gebracht, und sie ist glücklich darin, es mit uns teilen zu können. Ich habe nicht den Mut gehabt, die Gabe zu verschmähen, und Du wirst sie ebenfalls freundlich aufnehmen.
    Heinrich lächelte und sagte: Die Alte ist ja schon seit lange unsere Wohltäterin, sie arbeitet in der Nacht, um uns zu helfen, sie bricht sich jetzt vom Munde ab, um uns zu speisen. Schwelgen wir also, um ihr Spaß zu machen, und stirbt sie, bevor wir uns in Tat dankbar erzeigen können, oder bleibt es uns für immer unmöglich, nun, so wollen wir mindestens in Liebe erkenntlich sein.
    Das Mahl war in der Tat schwelgerisch. Die Alte hatte einige Eier eingeliefert, etwas Gemüse mit Fleisch und selbst in einem Kännchen Kaffee zugerichtet. Beim Essen erzählte Clara, wie eine solche Wäsche in der Nacht diesen Leuten ein wahres hohes Fest sei, bei welchem sie erzählten und witzig und lustig wären, so daß sich zu dieser Arbeit immer Viele drängten und diese nächtlichen Stunden feierlich begingen. Welch ein Glück, fuhr sie fort, daß diesen Menschen sich so Vieles in Genuß verwandelt, was uns wie harte, sklavische Arbeit und Qual erscheint. So gleicht sich im Leben Vieles glücklich aus, was ohne die sanfte Einigung höchst widerwärtig, selbst schrecklich werden könnte. Und haben wir es nicht selbst erlebt, daß auch die Armut ihre Reize hat?
    Ja wohl, fiel Heinrich ein, indem er sich am Genuß des Fleisches erquickte, das er schon seit lange hatte entbehren müssen; wüßten die Schlemmer und stets Übersatten, welch ein Wohlgeschmack, welche sanfte Würze auch dem Bissen des trocknen Brotes inne wohnt, wie ihn nur der Arme, Hungernde zu würdigen weiß, sie würden ihn vielleicht beneiden und auf künstliche Mittel sinnen, um ebenfalls dieses Genusses teilhaft zu werden. Aber wie gut und glücklich trifft es sich, daß uns nach unsrer harten Tagesarbeit ein solches Sardanapalisches Mahl zu Teil geworden ist; so ergänzen sich unsre Kräfte wieder zu neuen Anstrengungen. Aber laß uns einmal recht übermütig sein, und singe mir einige jener süßen Lieder, die mich immer so bezaubert haben.
    Sie tat gern, was er verlangte, und indem sie so, Hand in Hand und Auge in Auge, in der Nähe des Fensters saßen, bemerkten sie, wie die Eisblumen an den Scheiben aufzutauen begannen, sei es nun, daß die strenge Kälte etwas nachließ, oder daß die Wärme, welche das harte Eichenholz verbreitete, mehr Gewalt auf jene Frostgewächse ausübte. Sieh, meine Geliebte, rief Heinrich aus, wie das kalte, eisige Fenster in Rührung weint, vor Deiner schönen Stimme zerschmelzend. Immer kehrt die alte Wundergeschichte vom Orpheus wieder. –
    Es war ein heller Tag und sie erblickten einmal den blauen Himmel wieder; zwar nur einen sehr kleinen Teil, aber sie freuten sich des durchsichtigen Krystalls, und wie ganz dünne, feine, schneeweiße Wölkchen zerfließend durch das azurblaue Meer segelten und gleichsam mit Geisterarmen um sich griffen, als wenn sie sich behaglich und erfreut dort fühlen könnten.
    Die uralte Hütte oder das kleine Haus war in dieser menschengedrängten Straße ein sehr sonderbares. Die Stube mit zwei Fenstern, und die Kammer, die ein Fenster hatte, war der ganze Raum des Hauses.

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