Des Teufels Novize
gestoßen und beleidigt hatte. Was nun aus Bischof Henrys persönlicher Verbundenheit geworden war, blieb der Spekulation überlassen, denn seine Cousine, die Kaiserin Maud, war in England gelandet und hatte sich mit ihrem Gefolge im Westen, vornehmlich in der Stadt Gloucester, eingenistet. Als außergewöhnlich fähiger, ehrgeiziger und praktisch denkender Kirchenmann mochte er für beide Seiten einige Sympathie und erheblich mehr Verzweiflung empfinden; und es entsprach dieser Situation, daß er, zwischen Blutsverwandten hin-und hergerissen, über die ganzen Frühjahrs-und Sommermonate des Jahres nach Kräften versucht hatte, die beiden zu einer vernünftigen Übereinkunft zu bewegen. Für den Fall, daß es tatsächlich dazu kam, hatte er bereits einige Vorschläge ausgearbeitet,mit denen beider Ansprüche beruhigt, wenn auch nicht vollauf befriedigt würden, so daß England wieder eine glaubwürdige Regierung und einige Hoffnung darauf bekam, daß dem Gesetz wieder Geltung verschafft wurde. Er hatte sein Bestes gegeben und es vor einem Monat sogar geschafft, in der Nähe von Bath Gesandte beider Parteien zu einem Treffen an einen Tisch zu bekommen. Doch es war nichts dabei herausgekommen.
»Allerdings haben, wenigstens für eine Weile, die Kämpfe aufgehört«, sagte Hugh sehnsüchtig. »Aber nein, Früchte gibt es nicht zu ernten.«
»Wie wir hörten«, sagte Cadfael, »war die Kaiserin bereit, einen Richtspruch der Kirche über ihren Anspruch anzuerkennen, und Stephen nicht.«
»Kein Wunder!« sagte Hugh und grinste kurz bei dem Gedanken. »Er ist an der Macht, sie nicht. Wenn er sich einem solchen Richtspruch unterwirft, hat er alles zu verlieren. Für sie aber steht nichts auf dem Spiel, doch sie kann viel gewinnen.
Praktisch jedes Urteil würde beweisen, daß sie nicht dumm ist.
Und mein König, Gott schenke ihm Vernunft, hat die Kirche beleidigt, deren Vergeltung nie lange auf sich warten läßt. Nein, dort gab es nichts zu hoffen. Bischof Henry müßte inzwischen schon nach Frankreich unterwegs sein; er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, sondern sucht die Unterstützung des französischen Königs und des Herzogs Theobald von der Normandie. Er wird in den nächsten Wochen damit beschäftigt sein, Vorschläge für den Frieden auszuarbeiten, und er wird bewaffnet zurückkommen und die beiden Feinde abermals zur Rede stellen. Um die Wahrheit zu sagen: Er hoffte auf mehr Unterstützung, als er je bekam, vor allem aus dem Norden.
Doch sie hielten den Mund und blieben daheim.«
»Chester?« fragte Cadfael vorsichtig.
Ranulf von Chester war ein starker, seine Unabhängigkeit hütender Pfalzgraf im Norden, verheiratet mit der Tochter des Grafen von Gloucester, Halbbruder der Kaiserin und ein entscheidender Faktor in diesem Krieg; doch er hatte gegen beide Seiten Vorbehalte und hatte bisher in seinem Reich umsichtig Frieden gehalten, ohne seine Waffen der einen oder anderen Partei zur Verfügung zu stellen.
»Er und sein Halbbruder, William von Roumare. Roumare hat große Besitzungen in Lincolnshire, und die zwei sind eine Macht, mit der man rechnen muß. Sie haben da oben wohl das Gleichgewicht gehalten, doch sie hätten mehr tun können. Nun, wir müssen selbst für einen vorübergehenden Waffenstillstand schon dankbar sein. Und wir können hoffen.«
Hoffnung war in diesen harten Jahren in England ein Gut, das nicht eben großzügig gespendet wurde, grübelte Cadfael wehmütig. Aber um gerecht zu sein, Henry von Blois tat sein Bestes, aus dem Chaos Ordnung zu schaffen. Henry war ein guter Beweis dafür, daß man in der Welt eine großartige Karriere machen konnte, wenn man die Kutte früh überstreifte.
Mönch in Cluny, Abt in Glastonbury, Bischof in Winchester, päpstlicher Legat – ein Aufstieg, so abrupt und prächtig wie ein Regenbogen. Allerdings war er ein Neffe des Königs und verdankte seinen raschen Aufstieg nicht zuletzt dem alten König Henry; die fähigsten Söhne unbedeutenderer Familien, die sich fürs Kloster entschieden, konnten nicht unbedingt erwarten, eines Tages die Mitra zu tragen. Zum Beispiel dieser spröde junge Mann mit dem leidenschaftlichen Mund und den grün gesprenkelten Augen – wie weit würde er auf der Straße der Macht vorankommen?
»Hugh«, sagte Cadfael, indem er die Glut in seinem Kohlenbecken mit Torf bedeckte, um sie leise am Brennen zu halten, falls er sie später noch brauchte, »was wißt Ihr über die Aspleys von Aspley? Unten am Rande des Großen Waldes,
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