Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Titel: Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
Handtasche nach einem Taschentuch und tupfte sich die Augen trocken. Dann putzte sie die Nase und holte tief Luft. »Als ich dann die Pistole auf dem Bett entdeckte, habe ich ganz automatisch gehandelt .«
    Mir schwante Böses. »Und was haben Sie gemacht ?«
    »Ich habe sie aufgehoben .«
    »Mrs. Culpepper , ausgerechnet das hätten Sie nicht tun dürfen. Jetzt sind Ihre Fingerabdrücke auf der Waffe .«
    »Ich weiß. Deshalb habe ich sie auch gleich wieder aus der Hand gelegt und bin fortgerannt. Mein Gott, ich war völlig aufgelöst .«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Und dann?«
    »Ich habe mich in den Wagen gesetzt, bin eine Weile ziellos herumgefahren, dann habe ich angehalten, Ihre Nummer aus dem Telefonbuch herausgesucht und bin hierhergekommen .«
    »Weshalb ausgerechnet zu mir ?« fragte ich und versuchte, nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen.
    »Sie sind eine Frau. Ich dachte, Sie würden mich verstehen. Ich zahle jeden Preis, wenn Sie mir helfen, mich da rauszupauken. Ich meine, wenn Sie das alles der Polizei erklären...« Sie knetete ihr Taschentuch in den Händen und sah mich hilflos an.
    Meine Augen brannten. Ich sehnte mich nach einer Roßkur mit Alka-Seltzer . Verstohlen zog ich meine Schreibtischschublade einen Spaltbreit auf und erspähte eine Packung. Was mochte passieren, wenn ich einfach eine Tablette auf der Zunge zergehen ließ wie ein Brausebonbon? Angeblich bringt einen das glatt um, aber ich weiß nicht, ob das nicht doch ein Märchen ist. Das Gerücht kursierte während meines Examensjahrs im College, zusammen mit der Geschichte von dem Mäuseschwanz, der aus einer Limoflasche ragte. Seither habe ich ein gestörtes Verhältnis zu Limonade in der Flasche.
    Schließlich versuchte ich, mein angeschlagenes Denkvermögen wieder auf den vorliegenden Fall zu konzentrieren. Im stillen allerdings hoffte ich, mir Emily Culpeppers Probleme irgendwie vom Hals halten zu können; aber das war natürlich ein frommer Wunsch.
    »Emily... ich darf Sie doch Emily nennen ?«
    »Gern. Aber dann sage ich Kinsey zu Ihnen .«
    »Selbstverständlich«, antwortete ich. »Im Augenblick ist es das beste , ich gebe Sie in die Obhut einer Freundin... einer Anwältin mit Kanzlei in diesem Haus. Während Sie ihr die Geschichte schildern, fahre ich mit Ihren Schlüsseln zur Wohnung und sehe mir die Bescherung an. Dann verständige ich die Polizei. Natürlich möchten die Beamten mit Ihnen selbst reden, aber das geschieht dann wenigstens in Gegenwart eines Rechtsbeistands .«
    Ich rief kurz Germaine an, sagte, worum es ging, und begleitete anschließend Emily Culpepper den Korridor entlang zu Germaines Kanzlei. Mit Emilys Wohnungsschlüssel in der Tasche lief ich dann zum Parkplatz hinunter und stieg in meinen VW.

    s war Winter in Santa Teresa, die schönste Jahreszeit in Kalifornien. Die Sonne schien, die Stadt ertrank in üppigem Grün, das Meer rauschte wie eine Waschmaschine im Schongang. Während das übrige Amerika in Regen, Matsch, Hagel und Schnee versank, waren wir in Hemdsärmeln und Shorts und spielten Volleyball am Strand; das heißt, einige wenigstens. Ich fuhr zu Emily Culpeppers Apartmenthaus und rekapitulierte dabei, was Emily in ihrer Ungeschicktheit alles auf sich geladen hatte. Es war eine ganze Menge. Nicht nur, daß sie ein Motiv für den Mord an Gerald hatte... sie hatte ihn ganz konkret bedroht, und zwar so, daß Zeugen sie hatten hören können. Nicht nur, daß Gerald mit ihrer kleinen Derringer erschossen worden war, sie hatte das verdammte Ding auch noch angefaßt, möglicherweise bereits vorhandene Abdrücke verwischt und dafür deutlich ihre Fingerabdrücke hinterlassen. Und schließlich war sie davongelaufen, anstatt die Polizei sofort zu benachrichtigen. Die ganze Kette von Ereignissen war für Emily so belastend, daß ich mich schon fragte, ob sie mich zum Narren hielt, ob sie sich damit ein besonders schlaues (aber völlig absurdes) Alibi verschaffen wollte. Vielleicht hatte sie ihn wirklich getötet und sich diese verrückte Geschichte ausgedacht, um Spuren zu verwischen. Jedenfalls hatte sie sich so dämlich verhalten, daß es fast schon wieder gerissen schien.
    Die Adresse, die Emily mir genannt hatte, führte zu einer schattigen Seitenstraße in der Nähe des Stadtzentrums von Santa Teresa. Etwa zwanzig Apartments waren hier um einen Innenhof gruppiert. Die Anlage war in jenem pseudo-spanischen Stil errichtet, der in dieser Gegend vorherrscht: rote Ziegeldächer, weiß

Weitere Kostenlose Bücher