Deutsche Geschichte
in Europa daher erheblichen Auftrieb. Im Vorfeld des ersten Kreuzzugs kam es im Frühsommer 1096 zu Massakern, denen Hunderte von Juden zum Opfer fielen. Besonders wütete dabei ein Haufe unter Emich von Leiningen († 1117). Seine Bande zog ihre blutige Spur auch durch die Gettos von Regensburg und Prag und hätte die Plünderungs- und Mordaktionen wohl noch in Ungarn fortgesetzt, wenn sie nicht ein Heer des ungarischen Königs auseinandergejagt hätte. Auch Kaiser Heinrich IV., der nicht am Kreuzzug teilnahm, setzte Soldaten gegen die Judenmörder ein. Die Ausschreitungen gegen Juden wiederholten sich bei den folgenden Kreuzzügen
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Höhepunkt des „heiligen Terrors“
Gottfried von Bouillon nahm den Titel „Beschützer des heiligen Grabes“ an und führte die Kreuzfahrer quer durch Europa über den Bosporus und durch Kleinasien vor die Tore Jerusalems. Unterwegs war es immer wieder zu Ausschreitungen der Kreuzritter und des sie streckenweise begleitenden Mobs gekommen. Den Höhepunkt aber erreichte der „heilige Terror“ am 15. Juli 1099 bei der Erstürmung Jerusalems: Kein Moslem und kein Jude überlebte das Massaker in der Stadt Christi. Immerhin hatten die rasenden Fanatiker ihr Kriegsziel erreicht: die zeitweilige Befreiung der heiligen Stätten.
Erstürmung Jerusalems durch christliche Ritter beim ersten Kreuzzug, französische Buchillustration 1498. Die perspektivische Stauchung erlaubte dem Künstler stärkere Detaillierung des Geschehens in den Mauern der Stadt
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(c) Interfoto, München: S.
Schlappe für den Kaiser
Das Wormser Konkordat (1122)
Schon der Ort der Verkündung bedeutete für die Papstkirche eine Art Heimvorteil: Worms am Rhein. Die Stadt war seit dem 4. Jahrhundert Sitz eines Bischofs, der dort seit 898 auch die königlichen Rechte ausübte. Das hier am 23. September 1122 unterzeichnete Konkordat (Übereinkunft) zwischen Kaiser Heinrich V. und Papst Kalixt II. (Pontifikat 1119-1124) stellte denn auch für die weltliche Seite einen Rückschlag, wenn nicht gar eine Niederlage dar. Die gegenseitig überreichten Urkunden bestimmten, dass künftig die Einsetzung (Investitur, wörtlich: Einkleidung) von Bischöfen durch beide Mächte erfolgen sollte, wobei der Herrscher auf die Investitur mit Stab und Ring, also den eigentlichen hoheitlichen Akt, verzichtete und nur noch das Recht auf Belehnung des Gewählten mit dem Kirchenbesitz durch das Zepter ausüben durfte.
Mathildische Güter
Der Investiturstreit war vorüber. Doch es blieb immer noch genügend Konfliktstoff zwischen Kaiser und Papst. Ein Dauerbrenner wurden die so genannten Mathildischen Güter, der Besitz der unermesslich reichen Markgräfin Mathilde von Tuszien (1046-1115), der fast die ganze Toskana und die Emilia gehörten. Sie stand im Investiturstreit auf Seiten des Papstes, obwohl sie sich bei diesem in Canossa, einer ihrer Burgen, 1077 für den König eingesetzt hatte. Zwei Jahre später schenkte sie ihre Gebiete dem Papst und nahm sie für ihre Lebenszeitals Lehen von ihm wieder zurück. 1111 setzte sie Kaiser Heinrich V. als Erben ein, der dadurch bei Mathildes Tod formal Lehnsmann des Papstes wurde. Das wurde von ihm und seinen Nachfolgern anerkannt, wenn sie den Papst günstig stimmen wollten, aber immer dann zurückgewiesen, wenn der Papst den Kirchenstaat um die Güter arrondieren und damit weit nach Oberitalien auszudehnen drohte. Bis ins 13. Jahrhundert zog sich der Streit hin, wurde aber gegenstandslos, als sich die umliegenden Herrschaften die Mathildischen Güter nach und nach einverleibt hatten
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Sakrale Würde des Herrschers
Damit wurde ein Streit beigelegt, der im Konflikt zwischen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. einen ersten Höhepunkt erreicht hatte (siehe Abschnitt „Canossa“). Zurück ging er auf die Krönung Karls des Großen durch den Papst im Jahr 800. Daraus leitete die Kirche eine Art Oberherrschaft ab, die sie allerdings lange nicht zur Geltung bringen konnte, da innerer Zwist Papsttum und Kirche lähmten. Die Könige und Kaiser ihrerseits nutzten diesen Zustand zur Ausweitung ihrer Rechte bei der Bestellung von Bischöfen. Es ging daher um mehr als symbolische Politik, als die Reformpäpste im 11. Jahrhundert versuchten den königlichen Einfluss auf die Besetzung von hohen Kirchenämtern zurückzudrängen. Die sakrale Würde des weltlichen Herrschers und das Reichskirchenregiment standen auf dem Spiel.
Mehr Mitwirkung für die Fürsten
Darunter verstand man die bevorzugte Berufung
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