DGB 06 - Gefallene Engel
die
Freiheit entlassen, verließen von wütendem Gebrüll begleitet ihre Gefängnisse.
Wie lange sie in ihren Käfigen hatten zubringen müssen, vermochte niemand zu
sagen, und ebenso wenig war klar, ob ihre Gefangenschaft sie noch bedrohlicher
und zorniger gemacht hatte.
Zahariel fand sich im Zweikampf
mit einer monströsen, bärenähnlichen Kreatur wieder, deren Fell ein Mantel aus
Stacheln war. Sie hatte gekrümmte Hörner auf dem Kopf und schnappte mit ihren
gewaltigen Kiefern nach ihm. Neben ihm kämpfte Nemiel zusammen mit den Resten
von Sar Hadariels Schwertlinie.
Ein Dutzend Bestien stürzte
sich auf die Ordensritter und wirbelte etliche von ihnen in hohem Bogen durch die
Luft, da sie den Kreaturen nichts entgegensetzen konnten. Auf dem Burghof
hallte von allen Seiten Kampflärm wider, doch das hier war kein ehrenvoller
Kampf, der mit Schwert und Pistole so ausgetragen wurde, wie es durch
jahrhundertelange Tradition angemessen gewesen wäre. Das hier war ein Gemetzel,
brutal und blutig, der keinem hehren Ideal diente, sondern nur das nackte
Überleben zum Ziel hatte. Obwohl die Bestien zahlenmäßig unterlegen waren,
störten sie sich nicht an der Tatsache, dass sie letztlich unterliegen und
vernichtet werden würden. Sie hatten Gelegenheit bekommen, sich an den Menschen
zu rächen, und dabei war ihnen egal, ob sie die für ihre Gefangenschaft
Verantwortlichen vor sich hatten oder nicht.
Die Bärenkreatur brüllte und
stieß ihre Pranke mit solcher Wucht gegen Zahariels Brustpanzer, dass der durch
die Luft wirbelte, wobei ihm die Rüstung vom Körper gerissen wurde, als sei sie
aus Papier. Nemiel machte einen Satz nach vorn und zielte auf den Bauch der
Bestie, offenbar in der Hoffnung, ihr den Leib aufzuschlitzen.
Die Stachel des Monsters nahmen
dem Hieb die Schlagkraft, und so gelang es Nemiel gerade einmal, eine Handvoll
dieser Stacheln abzutrennen. Pistolenkugeln fraßen nasse Krater in die Brust,
aber wie alle Bestien, gegen die Zahariel bislang gekämpft hatte, war auch
diese offenbar weitgehend schmerzunempfindlich.
Zahariel ging um das Ungeheuer
herum, als das seine Schweinsaugen auf Nemiel richtete.
Wieder schlug es mit seiner
riesigen Pranke zu, doch sein Cousin war schneller als Sar Hadariel und tauchte
unter dem Schlag weg, während er erneut seine Pistole abfeuerte. Zahariel tat
einen Satz nach vorn und holte beidhändig mit dem Schwert nach den Fußgelenken der
Kreatur aus. Wo genau sich die Sehnen befinden mochten, konnte er nur erraten.
Sein Schwert schnitt mühelos
durch die Stacheln und fraß sich tief ins Fleisch der Beine. Das Monster heulte
auf und sank auf ein Knie, während schwarzes Blut aus der Wunde schoss. Es warf
den Kopf in den Nacken und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht
wiederzuerlangen.
»Jetzt!«, rief Zahariel, rannte
um die Kreatur herum und trieb ihr das Schwert in die Rippen. Die Klinge
versank bis zum Heft in dem massigen Leib, und als sich die Bestie vor Schmerz
schüttelte, wurde ihm das Schwert aus der Hand gerissen.
Die Klauen schlugen nach ihm
und streiften ihn, so dass er rücklings gegen den Käfig der Kreatur geworfen wurde.
Pistolen wurden abgefeuert, Schwerthiebe ausgeteilt, und langsam, aber sicher
gewannen Zahariels Brüder den Kampf gegen das Monster.
Da die Beine der Bestie nutzlos
geworden waren, hatten die Ritter leichtes Spiel, den Prankenhieben auszuweichen
und gleichzeitig weiter auf Kopf und Rumpf zu zielen. Das Gebrüll wurde
allmählich schwächer, und dann fiel die Kreatur schließlich vornüber, während
große Mengen Blut aus ihrem Maul strömten.
Zahariel sah sich um, weil er
sich ein Bild vom Kampfgeschehen machen wollte. Dutzende Ritter waren zu Boden
gegangen, manche in Stücke gerissen, andere von den Bestien totgeschlagen, von
denen noch ein halbes Dutzend lebte. Der Kampflärm hallte von den Mauern, und
Zahariel hörte Triumphrufe des Ordens, die von allen Seiten an seine Ohren
drangen und die ihm verrieten, dass die Schlacht gewonnen wurde. Ob der Angriff
auf die Südmauer tatsächlich die vorrangige Offensive gewesen war oder nicht,
konnte er nicht mit Gewissheit sagen. Auf jeden Fall aber schien es so, dass
sie von jeder Seite mit Erfolg vorgerückt waren.
Zahariel lief los, um sein
Schwert an sich zu nehmen, das noch im Leib der Bestie steckte. Mit einem Fuß musste
er sich auf dem toten Ungeheuer abstützen, um die Klinge langsam herauszuziehen.
»Das war ein zäher Bursche,
nicht wahr, Cousin?«, fragte Nemiel
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