DGB 12 - Verlorene Söhne
Teufel, nur das Versprechen von etwas so Unglaublichem, dass sogar Magnus
der Atem stockte, wenn er nur daran dachte. Noch war es zu früh, um Gewissheit
zu haben. Aber sollte er richtig liegen, dann würde der Nutzen für die
Menschheit selbst die kühnsten Träume übertreffen.
Unter dem Berg befand sich ein
Portal, ein Zugang zu einem unbeschreiblich großen und komplexen Netzwerk aus
Pfaden, auf denen sich der Große Ozean durchqueren ließ, als würde ein unsichtbares
Geflecht aus Adern das Fleisch des Universums durchziehen. Wenn es gelang, auf
dieses Netzwerk zuzugreifen, dann würde die Menschheit ungehindert über die
Sterne herrschen können. Das Netzwerk bot die Chance, an einer Seite der
Galaxis loszureisen und nur einen Moment später am anderen Ende wiederaufzutauchen.
Natürlich waren auch Gefahren
zu berücksichtigen, denn schließlich konnte er nicht einfach dieses Portal
öffnen und zulassen, dass der Große Ozean in diese Welt hinüberschwappte.
Die Folgen wären unabsehbar und
verheerend. Das Geheimnis, sich dieses immense Potenzial zunutze zu machen,
bestand in einem sorgfältigen Studium, einer peinlich genauen Forschung und
zunächst kleinen Experimenten, die nur stufenweise ausgeweitet wurden. Während
Yatiri durch die bedeutungslosen Rituale für ihre Toten führte, hatte Magnus
einen Faden dieser Kraft nach oben geholt und von deren Potenzial gekostet. Es war
eine rohe, vitale Kraft, und sein Fleisch sehnte sich längst danach, sie wieder
berühren zu können.
Was würde er mit dieser Kraft
alles leisten können!
Magnus erhob sich, während sein
stofflicher Körper weiter auf der Sonnenscheibe kniete. Frei von den Grenzen,
die das Fleisch ihm auferlegte, erwachte er erst jetzt richtig zum Leben — ein
Gitterwerk der Sinne jenseits jener banalen Sinne, die von jenen verstanden
wurden, die ihr ganzes Dasein in den ebenso banalen Reichen der Existenz
führten.
»Ich werde euch alle aus der
Höhle befreien«, sagte er, aber jenseits der Wände seiner Pyramide hörte
niemand diese Worte.
Sein Körper aus Licht jagte
durch die Pyramidenspitze nach draußen, hinauf in den Nachthimmel über Aghoru.
Magnus genoss die Gelegenheit, ohne Begleiter und Beschützer unterwegs zu sein.
Der Berg ragte über ihm in die
Höhe, seine gewaltige Präsenz strahlte dabei etwas Majestätisches aus.
Tausende Meter stieg er in die
Höhe, und immer noch wirkte er neben dem Berg winzig und unbedeutend.
Er raste weiter nach oben,
hinauf in den Himmel, als strahlendes Geschoss, das sich wand und drehte und
glitzernde Bahnen in die Dunkelheit zeichnete. Niemand konnte ihn bei seinem
schwindelerregenden Flug beobachten, da Magnus allein sein wollte. Aus diesem
Grund verbarg er seine Anwesenheit sogar vor seinen Hauptleuten.
Er flog so dicht am Berg
entlang, wie es nur ging, wobei er deutlich die schwarze Wand aus Null-Energie wahrnehmen
konnte, die von den kunstvoll gearbeiteten Felsen und Gipfeln ausstrahlte,
deren einziger Sinn und Zweck es war, die tosenden, unberechenbaren Energien zu
bändigen, die unter dem Berg gefangen waren.
Magnus zog seine Bahnen um den
Berg herum, wobei er die ätherischen Winde genoss, die seinen Körper aus Licht
peitschten.
Frühzeitliche Mystiker hatten
den Körper aus Licht als linga sarira gekannt, als einen Doppelgänger
des stofflichen Körpers, von dem sie glaubten, ihn mit genügend Zeit,
Anstrengung und Willenskraft beschwören zu können, um quasi einen Weg zu
erschaffen, der ewiges Leben möglich machen würde. Auch wenn es sich als
unzutreffend erwiesen hatte, war es doch ein ehrbares Bemühen gewesen.
Immer weiter nach oben trug ihn
sein Flug, bis die Atmosphäre dünner und dünner wurde. Aber sein Energiekörper
benötigte weder Luft noch Wärme, um existieren zu können. Wille und Energie
trieben ihn an, und beides besaß Magnus im Überfluss.
Die Sonne über ihm war eine
verblassende Lichtscheibe. Er stieg weiter und weiter auf, breitete die Arme
aus, als wären es Flügel, während er in der Wärme der unsichtbaren
Energieströme badete, die jeden Winkel dieser Welt durchdrangen. Die Welt unter
ihm war nur noch eine verblassende Erinnerung, das Lager der Thousand Sons ein stecknadelkopfgroßes
Licht in der Dunkelheit.
Er sah die Weiten der Galaxis,
das neblige Weiß der Milchstraße, den Glanz ferner Sterne und die
unermesslichen Distanzen, die zwischen ihnen lagen. Immer wieder im Verlauf der
Geschichte hatten Frauen und Männer den Blick auf die Sterne
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