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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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Nacht; was ich gut fand. Vielleicht bin ich bereit, auch ein paar Tage bei ihr zu verbringen? Der Nesttrieb ist nicht das gleiche wie der Hausinstinkt. Was entwickelt sich zuerst?) Sie unterhielt sich mit Gladis, als ich in den Hof kam:
    »Oh -!« und rannte auf mich zu, hielt mich auf halber Treppe auf.
    Ich blickte sie an, wie eine Erinnerung an Regen im Gebirge, Herbstlicht, Gischt. (Sie hat grüne Augen!)
    Als sei es das Natürlichste von der Welt, drehte sie mich auf der Treppe um und brachte mich zur Veranda zurück - als ich merkte, daß sie mich führte, zog sie ein bißchen fester, drängte: »Komm«, und nahm mich mit in mein Zimmer.
    »Wo ist dein Notizbuch? Oder deine neuen Gedichte?«
    »Huh? Ich dachte, du wolltest bumsen?«
    »Oh, wenn du willst« - sie imitierte eine andere Sorte Mädchen, lachte dann über den Erfolg dieser Geste -, »hier!« Die Ecke des Notizbuches ragte über den Rand des Betts; sie zog es herab. Zwei lose Blätter fielen heraus.
    Sie hob sie auf. »Kann ich das mit nach Hause nehmen?«
    »Klar«, antwortete ich. »- Nein, das hier nicht«, und nahm das blaue Blatt zurück (von dem Stapel Schreibpapier, das Rabe mitgebracht hatte).
    Sie faltete die Seite, die ich ihr überlassen hatte und steckte sie in die Brusttasche. Ich legte das andere in den Umschlag und schob das Buch wieder aufs Bett. »Warum willst du das haben?«
    »Warum schreibst du das?«
    »Ich weiß es nicht . . .mehr.«
    »Dito«, gab sie zurück, verwirrt, was mich verwirrte.
    »Hey«, fragte ich. »Du hast doch Mr. Calkins kürzlich auch nicht gesehen, oder?«
    »Nein?« Als wolle sie fragen, warum ich gefragt hatte.
    »Ich meine, das ist nicht seine Idee . . . meine neuen Gedichte über dich zu erhalten? Du nimmst sie doch nicht für jemand anders mit?«
    »Natürlich nicht. Ich dachte nur, ich hätte mehr Glück als du, sie nicht zu verlieren.«
    »Mr. Calkins hat mir gesagt, er wolle sie stehlen. Ich habe gedacht, er macht einen Scherz - du hast sie doch niemandem gezeigt?«
    »Natürlich nicht . . . « Dann sagte sie: »Wäre das denn so schrecklich? Ich habe eins - ein paar Madame Brown vorgelesen. Und einem ihrer Freunde, der uns über Nacht besucht hat.«
    »Es wäre nicht so schrecklich.«
    »Du siehst aber darüber nicht allzu glücklich aus.«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin einfach verwirrt. Warum hast du sie vorgelesen? Fandest du sie einfach gut?«
    »Sehr. Everett Forrest - der Freund von Madame Brown - hat mich übrigens darum gebeten. Wir hatten uns über dich unterhalten, eines Abends, als er vorbeikam. Irgendwie kamen wir darauf, daß ich unveröffentlichte Werke von dir hätte; er war sehr neugierig darauf. Deshalb habe ich drei von meinen Lieblingsgedichten vorgelesen. Ich glaube« - sagte sie und setzte sich auf den Motorradsitz -, »das folgende sollte ich dir nicht erzählen. Er wollte sie abschreiben. Aber ich glaube, das sollte er nicht tun . . . Kid?«
    »Was denn?«
    »Es gibt in Bellona eine Menge Leute, die an praktisch allem von dir und über dich interessiert sind.«
    »Es gibt nicht viele Leute in Bellona«, gab ich zurück. »Alle sagen mir das. Was interessiert sie an mir?«
    »Sie halten dich für wichtig, für interessant . . . vielleicht eine Kombination aus beidem. Kopien von deinen Gedichten? Ich kenne Leute, die sorgfältig selbst deine Wäschereilisten abtippen würden, als sei es für irgendeine Universitätsbibliothek oder so.«
    »Ich habe aber keine Wäschereilisten. Ich habe nicht einmal Wäsche«, sagte ich. »Wer denn?«
    »Nun, Everett zum Beispiel. Als ich ihm erzählte, daß du dein Notizbuch manchmal bei mir läßt, bekam er fast einen Anfall. Er bettelte, daß ich ihm Bescheid sage, wenn du es das nächste Mal dort läßt, so daß er es durchsehen und vielleicht -«
    »Ich würde dir den Schädel einschlagen.«
    »Das würde ich nicht tun.« Sie bewegte sich auf dem Sitz. »Nie.«
    »Es gibt einfach nicht genügend Interessantes in dieser Stadt.«
    »Ich glaube«, sagte sie, »das ist es. Aber selbst wenn ich ihn nicht in deinem Journal herumschnüffeln lasse glaube ich immer noch, wenn du das aufschreibst, daß mich das langweilt; nein, es macht mich wütend.« Es hat mich nicht wütend gemacht, als sie und ich darüber geredet haben, es war schmeichelnd.
     
     
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    Meine Sensibilität ist so entflammt wie unsere Riesensonne. Jetzt schreibe ich Gedichte, weil es außer der Zeitung nichts zu lesen gibt, die seitenlang die Gerüchte und Nichtigkeiten

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