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Dhana - Im Reich der Götter

Dhana - Im Reich der Götter

Titel: Dhana - Im Reich der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Breitfuß.
    Rasch band das Mädchen den Beutel auf und hielt ihn
über den Kreis. Der Gefangene fiel mit einem Plop heraus. Breitfuß schloss den
Kreis. Der Finsterling aus dem Beutel warf sich gegen die Linie auf dem Boden
und wurde platt, als sei er auf eine Glaswand gestoßen.
    »Zurück!«, befahl der Entenmaulwurf. Er öffnete seinen
Schnabel und stieß einen seltsamen Laut aus, halb Krächzen, halb Bellen.
Silbernes Feuer blühte über den Finsterlingen auf, die davor zurückschreckten.
Das glitzernde Licht breitete sich aus, in seiner Tiefe begann sich ein Bild zu
formen. Da war Ozorne, voller Schmutz, Schnittwunden im Gesicht und auf der
Brust, einen Strang seiner Zöpfe versengt. Um den Hals trug er einen schwarzen
Glasstein an einer ausgefransten Kordel. Seine Lippen bewegten sich, als rede
er mit sich selbst. Das Bild weitete sich, der ehemalige Kaiserliche Magier
stand allein in einer Höhle, seine Füße in einer Wasserpfütze. Außerhalb des
Eingangs fiel Schnee, dicht wie ein Vorhang.
    In der Wasserpfütze vor Ozorne formte sich ein Bild.
Es zeigte Dhana, die in einem Buch las. Ozorne griff nach ihr. Als sein
ausgestreckter Flügel das Wasser berührte, verschwand sie. Obwohl man nichts
hören konnte, sahen sie, dass er kreischte, wobei er scharfe, silberne Zähne
entblößte. Die Adern an seinem Hals, an seiner Brust und in seinem Gesicht
zeichneten sich gegen die Haut ab. Er drehte sich um und blieb abrupt stehen,
plötzlich zeigte sich auf seinem Gesicht ein Ausdruck äußerster Gerissenheit.
    Seine Lippen bewegten sich. Ein dicker Wurm aus
goldgefass- tem, scharlachrotem Feuer erschien vor ihm. »So also hat er bis zum
Winter die Sturmflügel-Magie beherrscht«, murmelte Numair. »Möglicherweise
sogar, bevor die Barriere zwischen den Reichen zusammenbrach.« »Das war Monate
früher«, sagte der Dachs. »Ich kann mich an diesen Schneesturm erinnern. So
viele gibt es hier nicht, nicht einmal hier im kälteren Klima. Es war der erste
Vollmond nach dem Mittwinter, der Wolfs-Mond.«
    Fein säuberlich schnitt sich Ozorne mit einer
rasierklingenscharfen Feder in die Wange. Der Feuerwurm setzte sich auf den
Schnitt, saugte sich voll wie ein Blutegel. Wieder redete Ozorne. Der Wurm fiel
von ihm ab und verwandelte sich in eine Schale. Sie war bis zum Rand mit
dunklem Blut gefüllt. Ozorne trank aus der Wasserpfütze. Als er sich wieder
aufrichtete, strahlten seine Augen. Er grinste. Er kehrte zu der magischen
Schale zurück und blies einen rotgoldenen Nebel über ihre Oberfläche. Der Nebel
sank in die Tiefe des Blutes, verursachte ein wellenförmiges Muster. Rasch
schnitt sich der Sturmflügel in beide Lippen und schüttelte die Blutstropfen in
die Schale. »Für das Sprechen«, vermutete Numair, ganz von dem Vorgang
gefesselt. »Blut auch für das Leben und um die Früchte der Arbeit an sich zu
binden. Als Sterblicher hätte er das nicht tun können, aber hier ...«
    »Hier wird aus den Gesetzen der Magie das, was man
daraus macht«, sagte Breitfuß. »Er scheint das besser gelernt zu haben als die
meisten, die als Unsterbliche geboren wurden.« Wieder das kurze Aufblitzen
einer Feder, diesmal quer über jedem Ohr. Das Blut tropfte in die Schale. Mit
geschlossenen Augen hob Ozorne die Feder. Äußerst vorsichtig ritzte er nur die
Haut beider Augenlider und förderte zwei Blutstropfen zu Tage, die er dem
hinzufügte, was er bereits gesammelt hatte. Langsam hob er seine Flügel und
deutete an die Decke der Höhle. Die Flüssigkeit strömte nach oben. Ozorne
senkte seine Flügel, das Blutgemisch blieb, wo es war. Noch zweimal wiederholte
er die Bewegung, jedes Mal stieg die Flüssigkeit höher. Nach dem dritten Mal
bildete sie eine kleine, schwarz-rote Säule. Ozorne schwitzte. Jetzt rief er
etwas. Die Schale verschwand. Ihr Inhalt fiel herunter und löste sich in einer
Anzahl von schwarzen Klecksen auf. Das Gesicht des Sturmflügels spiegelte sich
in jedem der neugeborenen Finsterlinge. Die Vision verschwand. Nur das Trio der
Finsterlinge blieb. »Da habt ihr es«, sagte der Entenmaulwurf. Er durchbrach
den Kreis, um die Gefangenen zu entlassen. »Euer Feind hat sie gemacht, damit
sie ihm als Stimme, Ohren und Augen dienen.« Die befreiten Finsterlinge hatten
nicht versucht zu entkommen. Jetzt erschufen sie für sich Köpfe, sodass sie
nicken konnten. Wieder fiel Dhana auf, dass einer noch immer einen goldenen
Streifen enthielt. Während sie innerhalb des Kreises waren, hatte einer ein
kleines Blatt

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