Dhana - Im Reich der Götter
an Stelle von Zähnen und ließ hundert Arme
aus sich herauswachsen. Sie schnellten vor, packten Tier- und Menschen-Götter
und führten jeden von ihnen zu den furchtbaren Kiefern der Chaos-Königin. Sie
fraß und fraß und fraß, während Blut in allen Farben über ihr Kinn und ihren
Körper strömte, um von dem Schmutz aufgesogen zu werden, in welchem Uusoae
stand. Die letzten beiden zappelnden Gestalten, welche sie an ihre Lippen hob,
waren Sarra und der Dachs.
Mit einem Aufschrei setzte Dhana sich mit weit
aufgerissenen
Augen auf. Schweiß tropfte ihr von der Stirn.
Irgendwann in der Nacht hatte sie ihre Decke abgeworfen. Faltig und zerknüllt,
lag sie unter ihr. Kopf und Rücken schmerzten. »Nummer elf, siebenundzwanzig,
vierzehn, berichtet!« Das war Ozornes Stimme. Das Mädchen sah sich nach den
Finsterlingen um. »Wie könnt ihr es wagen, euch gegen mich zu stellen!« Die
Kommandotöne kamen aus Dhanas Packsack, wo die Finsterlinge die Nacht
verbracht hatten. »Wenn ihr mir nicht zeigt, was ich wissen will. ..«
Karmesinrotes Licht leuchtete durch Öffnungen im Sack.
Die Finsterlinge wimmerten, ihre winzigen Stimmchen klangen schrill. Er tat
ihnen weh! Dhana riss wütend die Verschlusskappe auf. Schwarze Fangarme, von
roten Venen durchzogen, langten heraus, um sie wieder zuzuziehen. Die
Finsterlinge wollten, dass sie draußen blieb. Dhana mochte nicht weiter zuhören
und ging zum Teich, um sich zu waschen. Sie brauchte länger als gewöhnlich,
denn sie zitterte vor Wut und ließ immer wieder etwas fallen. Der Himmel im
Osten färbte sich soeben rosa. »Hast du mich gehört?« Numair stand auf einer
Anhöhe in der Nähe ihres Lagers, lediglich mit seinen Hosen bekleidet, das Haar
zerzaust. »Deshalb scheinen unsere Feinde jede Bewegung zu kennen!«
Dhana rieb sich das Gesicht mit den Händen. »Ich habe
nichts gehört.«
»Es sind die Finsterlinge. Sie sind die Lösung des
Rätsels.« Dhana kehrte zum Lager zurück und öffnete ihren Packsack. Die
Finsterlinge kamen heraus. Sie streichelte sie und erkundigte sich, ob mit
ihnen alles in Ordnung war. Alle drei nickten, aber Zitterbart bibberte noch
mehr als je zuvor und selbst Goldstreif- chen und Blättchen zitterten.
Der Dachs kam herangewatschelt. »Hast du geträumt?«
Dhana blickte ihn schlecht gelaunt an. »Ich habe geträumt, ganz recht«, sagte
sie grimmig. »Erstaunlich klare Träume sind das, die ich habe. Erstaunlich
lange auch, da ich mich nicht entsinnen kann viel geschlafen zu haben!«
Numair hob die Finsterlinge auf. »Es sind diese
kleinen Burschen«, sagte er. »Oder Damen«, fügte er hinzu und betrachtete sie
flüchtig. »Es ist unmöglich zu sagen, ob sie irgendein Geschlecht haben.«
Ein Platschen war zu hören. Breitfuß kletterte aus dem
Teich, einen kleinen Fisch im Schnabel. Der wieder geborene Fisch- Gott, der
ihm sein Frühstück geliefert hatte, sprang aus dem Wasser hoch und bespritzte
ihn. »Was ist mit den Finsterlingen?«
»Sie spionieren nicht nur uns nach«, erklärte Numair.
»Ich dachte mir doch, dass die von Ozorne geschaffene Anzahl bei weitem die
Erfordernisse übersteigt, wenn sie lediglich ein Auge auf Dhana und mich haben
sollten. Eure Sippe ist auch in den Reichen der Sterblichen, nicht wahr?«,
fragte er die Finsterlinge. »Bei dem König, der Königin ...«
»Im Norden«, sagte Dhana, die erkannte, was er meinte.
»Ich hörte in einem Traum, dass die Scanrans mit heiler Haut davongekommen
sind. Irgendwie wussten sie, dass die Yamani-Flotte nahte.«
»Als ich erwachte, hörte ich, dass die Siebte Reiterei
gestern versuchte einen geheimen Ausgang aus Legannhafen zu benutzen«, fügte
Numair leise hinzu. »Der Feind erwartete sie. Drei sind tot.«
Dhana knirschte mit den Zähnen. Sie war mit vielen von
der Siebten Reiterei befreundet. Jetzt sah sie Numair fragend an. »Ich weiß
nicht, wer es war, Zauberlehrling«, sagte er liebevoll und strich ihr eine
nasse Locke aus dem Gesicht. »Niemand erwähnte Namen.«
Sie nickte und zwang sich nachzudenken. »Die
Finsterlinge berichten Ozorne. Er benutzt sie, um die Nachrichten an seine
Helfershelfer weiterzuleiten«, flüsterte Dhana. »Dieser . . . Mistkerl...
dieser verdammte ...« Sie sah den Dachs mit blitzenden Augen an. »Du könntest
dem ein Ende bereiten!« »Die Großen Götter mögen es nicht, wenn sich die
Tier-Götter in die Angelegenheiten der Menschen einmischen«, antwortete der
Dachs. »Wir müssen uns um die Angelegenheiten unserer eigenen Kinder
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