Diadem von den Sternen
sang er mit hoher, schriller Stimme. „Der Weibskerl trägt Weiberröcke. Warte, bis ich das herumerzähle, warte, bis …“
Panik durchfuhr den Empathen. Er trug noch die Abba und die Sandalen, die seine Komplizenschaft in Zavars Verschwörung, den Traumsänger zu befreien, verrieten. Ohne einen Gedanken zu verschwenden, schnellte er seinen Zeigefinger vor, schleuderte den Klebefuß direkt in Charohs Gesicht, keuchend, zitternd stand er da, und sein Geist schrie: „Tööööteeee!“
Der Lusuq rammte die Widerhaken seiner sechs Füße tief in das Fleisch des Jungen, dann trieb er den Giftstachel seines langen, biegsamen Schwanzes immer wieder in dessen Wange. Schließlich riß er sich los, schwirrte in die Luft hinauf und schoß davon.
Der Junge schrie einmal, als der Stachel zum ersten Mal eindrang, dann brach er zu einem sich windenden Haufen auf dem Sand zusammen. Tarnsian starrte auf ihn hinunter, erschüttert vom ekelerregenden Gemisch aus Haß, Furcht, Triumph, das sich in ihm rührte. Gleichzeitig überflutete ihn der heftige Schmerz des Jungen wie das würzige Blut kräftigen, roten Fleisches, erweckte ein furchtbares Vergnügen in ihm und einen salzigen Geschmack tief in seiner Kehle; als würde er Durst bekommen.
Mit dem letzten gehauchten Schrei streckte sich der Junge starr wie ein Metallstab aus. Diese angespannte Stellung behielt er einen Moment lang bei, dann fiel sein Körper in sich zusammen. Wie eine Puppe, aus der die Füllung herausgefallen war, lag es auf dem Boden. Es. Nicht er. Nicht mehr. Tarnsian fühlte, wie sich die Anspannung in seinem Körper auflöste. Seine Schultern senkten sich, gaben die verkrampfte, abwehrende Haltung auf, sein Rückgrat krümmte sich, sein Gesicht wurde weich. Es, dachte er. Ein Etwas. Er berührte das Ding mit seinem Zeh; träge widerstand es dem Druck.
Er leckte sich über die trockenen Lippen und kniete sich neben dem Körper nieder. Das Gesicht schwoll an. Widerwillig berührte er die kalte Haut. Legte eine Hand auf seine Schulter; es war, als würde er Holz berühren. Er fröstelte und wischte seine verschwitzte Handfläche an der Abba ab. „Ich muß ihn zurückbringen. Kann ihn nicht hierlassen.“ Mit jener Hand, die den Körper nicht berührt hatte, fuhr er sich durch sein Haar. „Kann es nicht berühren … Paullo!“ Der Name platzte aus ihm heraus. „Er bringt mich um …“ Die Angst weckte Übelkeit. Die Hände gegen seine Augen gedrückt, bemühte er sich, den bitteren Wandel seines Empfindens zu kontrollieren. Schwer atmend senkte er seine Hände auf seine Knie; wieder glitt seine Zunge über trockene Lippen. Die Augen auf das Ding vor sich gerichtet, durchlief er all die Qual, all den Spott, sämtliche geringfügigen Grausamkeiten, die er von diesem Jungen hatte erleiden müssen. Eine kalte, harte Zufriedenheit breitete sich irgendwo tief in ihm aus, tief unten, dort, wo sie dunkel und mächtig war. Langsam fühlte er die Macht wie dunkle Mottenflügel in sich schlagen.
Tarnsian erhob sich und ging rasch davon. Sandkörner prasselten im Takt seiner Schritte von der schwingenden Abba …
Das Schwarz schloß sich wieder enger um sie herum, und das passive Bewußtsein der Beobachterin versank sanft ins beruhigende Nichts …
11
Die Sonnen standen hoch am Himmel, als sie erwachte.
Tarnsian kam mit einem Eimer Wasser und ein paar Lumpen herein. Er schnitt sie los und drückte ihr alles in die Hände. „Wisch diesen Schlamassel auf“, knurrte er.
Im Eingang blieb er stehen und sagte: „In drei Minuten fahren wir. Wenn du fertig bist, kippst du das Wasser aus der Tür.“
Sie sah ihm nach, wie er aus dem Wohnwagen stampfte, dann benutzte sie das Wasser zuerst, um sich selbst zu waschen. „Ai-Aschla“, keuchte sie, als sie ihr malträtiertes Gesicht berührte. Voller Schmerz humpelte sie durch den engen Raum, beugte sich vor und schaute in den Spiegel.
Ihr Gesicht war eine groteske klumpige Masse mit schwarzen Augen, die sich in purpurnem Glanz über ihre Wangenknochen ausdehnten, die Nase ein zerschmetterter, verzerrter purpurner Klumpen, die Oberlippe tief eingerissen und auf dreifache Normalgröße angeschwollen. „Aschlas Krallen! Da hat er wirklich etwas Schönes aus mir gemacht.“ Sie berührte ihre Nase und zuckte zusammen, als der Schmerz in ihr Gehirn stach, dann blickte sie wieder in den Spiegel. „Ahai! Ich bin häßlich.“ Schaudernd fiel sie auf das Bett und starrte auf die stinkenden Schmierflecken des
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