Diadem von den Sternen
ihr Gesicht fegte. Aleytys öffnete ihre verklebten Augen und konzentrierte sich auf die schwarze Schnauze, die wenige Zoll über ihrem Gesicht schwebte. Wieder stieß Mulak sie mit seinen Nüstern an.
Sie neigte ihren Kopf und setzte sich auf, während sie mit dem Ärmel über ihr Gesicht wischte. „Ahai, ich hätte noch eine ganze Woche schlafen können.“ Sie rollte sich auf ihre Knie herum; steif kam sie auf die Füße.
Die Nachtruhe hatte bei dem großen Tier Wunder gewirkt. Als sich Aleytys wenig später im Sattel zurechtsetzte, schnaubte er und tänzelte wie ein Fohlen herum. Sie lachte vor Freude und trieb ihn mit einem sanften Schenkeldruck an. Sie brachen auf. Als sie den Weg erreichten, blickte sie über die Schulter zurück. Horli hatte ihr Rund über die Berge im Osten geschoben. Heute wird Hesh herauskommen, dachte sie und fröstelte. Sie wandte sich wieder um und klopfte dem Pferd auf den gebogenen Hals. „Sinnlos zu jammern“, murmelte sie. „Sieh die gute Seite der ganzen Sache, Leyta. Wir werden mittags länger rasten müssen und er ebenfalls. Wird für uns beide besser sein.“
Fröhlich pfeifend, in einem wiedergeborenen Gefühl des Wohlbefindens schwelgend, ritt sie die gefurchte Straße entlang. Dann flatterten die schwarzen Schwingen wieder hinter ihr.
14
Am einundzwanzigsten Tag ihrer Flucht ritt sie unter den Bäumen hervor, als Horli schräg auf den dunstigen westlichen Horizont herunterschien; Hesh stand nördlich, schmiegte sich an ihren Bauch. Das Tijarat-Land erstreckte sich viele Morgen weit dahin; flaches Land. Große Pfostenkreise, die durch lange, gespaltene Pfähle miteinander verbunden waren. Tischreihen, die in all den Jahren zu einem samtenen Grau verwittert waren. Eingeebnete Plätze auf steinharter Erde. Steintröge bei jedem der Kreise, von einer Reihe Wasserräder und Kanälen gespeist, die vom Fluß herführten.
Aleytys saß benommen auf Mulaks Rücken, ihre Hände krampften sich so fest um das Sattelhorn, daß sie schmerzten.
Eines der Wasserräder war zerbrochen, ein anderes völlig weggespült worden; ein dürres Gestell war alles, was zurückgeblieben war.
Die Gräben führten kein Wasser, sondern waren voller Staub und Trümmer.
Der Wind, der über die Ebene heranfegte, wehte über die leeren Tische.
Niemand.
Nichts.
Der Hauch eines Traums.
Die Schatten der Nomadenwagen glitten über das abgeweidete Gras, als Horli am Horizont versank. Der Dieb knurrte und brach auf dem Leder vor seinem schäbigen Chon zusammen; im Schatten fand er ein gewisses Maß Erleichterung, er massierte seine schmerzenden Beine und blickte verdrießlich zu den geschäftigen Nomaden hinüber.
Khateyat kam um den Chon herum. Er sah auf, erblickte sie, seufzte und hebelte sich auf die Füße hoch.
Sie nickte stumm, erwiderte seinen widerwilligen Gruß. „Nimm das Joch und hol Wasser vom Fluß“, sagte sie knapp. „Bring es zu meinem Chon und warte dort, bis ich zu dir komme. Laß die Eimer den Boden nicht berühren, verstanden?“
Seine blassen Augen verengten sich zu Schlitzen, die kleinen Muskeln in den Winkeln seines schmallippigen Mundes verhärteten sich zu Knoten. „Ich verstehe“, murmelte er.
Mit einem letzten warnenden Blick wandte sie sich ab und verschwand hinter dem Chon. Stavver ging zur Hinterwand des Shemgya-Herret, hob das Joch von den Haken und ließ die Eimer schaukeln, bis sie hart gegeneinander schlugen.
Als er mit den tropfenden Eimern, die an dem Joch schaukelten, das er über den Schultern trug, vom Fluß zurückkam, starrte er nachdenklich zu Boden, spielte mit dem Gedanken, sie Khateyat zum Trotz über die Erde schleifen zu lassen. Unmöglich, diese Hexen zu täuschen. Er knurrte. Sie würde mich noch mehr holen lassen; und sie würde es über meinen Füßen ausgießen. Vor Khateyats Zelt blieb er stehen und wartete darauf, daß sie herauskam.
Khateyat schwang sich anmutig durch den niederen Eingang und nickte ihm zu, ihr zu folgen. Geschmeidigen Schrittes verließ sie das Lager und ging den Abhang eines niederen, grasbewachsenen Hügels hinauf. Die anderen Shemqya saßen in einem Kreis beieinander und verfolgten ihren Weg mit ihren Blicken.
Im Zentrum des Kreises blieb Khateyat stehen. „Bewege dich nicht und sprich nicht. – N’frat, die Schüssel.“
„Ja, R’eKhateyat.“ Das Mädchen sprang auf die Füße, hob die große Schüssel, die sie in ihrem Schoß gehalten hatte, empor, brachte sie zu Khateyat und blieb still und in
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