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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Grinzinger
Friedhof gestohlen worden ist«, hatte Bürgermeister Lattuga dezidiert erklärt,
der es sich nicht hatte nehmen lassen, die Polizei höchstpersönlich anzurufen.
    An und für sich hätte in einer solchen Situation die Chefin
der Döblinger Kriminalpolizei, demnach Franka Wallner, selbst ausrücken müssen.
Da die Frau von Chefinspektor Helmut Wallner allerdings bereits am Freitag
einen mehrtägigen Urlaub angetreten hatte und nach Luzern gereist war, um der
Hochzeit einer ihrer zahlreichen Cousinen mit einem Schweizer Steuerberater
beizuwohnen, blieb das an Heidenreich hängen.
    »Tut mir leid«, der Inspektor zuckte bedauernd mit den
Schultern, »aber da muss ich wohl hin.« Er schob seinem Gegenüber ein Stück
Papier hin. »Könntest du mir einen Gefallen tun und mit der alten Dame
sprechen? Sie wohnt ohnehin bei dir im Haus. Vorhin war sie noch zu aufgeregt
für eine vernünftige Befragung.«
    Palinski nahm das Blatt an sich und las: ›Wurminzer, Hermine,
Döblinger Hauptstraße 15 A, Stiege 3, zweiter Stock‹. »Na klar«, bestätigte er
den Auftrag des Inspektors. »Das mache ich doch gerne. Ich werde gleich mit ihr
sprechen. Ich bin sowieso neugierig, was da eigentlich los war.« Er stand auf
und wandte sich zum Gehen. »Ich melde mich am Abend telefonisch«, meinte er im
Hinausgehen.
    Unabhängig von Bürgermeister Lattuga hatte ein
opernnärrischer und deswegen ebenfalls am Grinzinger Friedhof anwesender
Ministerialrat aus dem Innenministerium seinen zukünftigen Sektionschef und
derzeitigen obersten Boss, den Minister, über das aktuelle Geschehen
informiert.
    Die nicht nur etwas widersprüchlich klingende
Situation war dem Umstand zu verdanken, dass es die beiden großen Parteien nach
den Wahlen vom 10. November des Vorjahres nach 16 Wochen noch immer nicht
geschafft hatten, eine tragfähige Koalitionsvereinbarung auszuhandeln. Was nur
zum geringeren Teil an echten inhaltlichen Stolpersteinen, sondern
hauptsächlich an einer demokratischen Unreife einiger der handelnden Personen
lag.
    Aus diesem Grund war der als reine Übergangslösung
gedachte Innenminister Dr. Michael ›Miki‹ Schneckenburger nach wie vor Mitglied
der vom Bundespräsidenten mit der vorläufigen Weiterführung der Geschäfte
provisorisch beauftragten Regierung.
    Es handelte sich sozusagen um eine doppelte
Übergangslösung, um ein Provisorium innerhalb eines zweiten. Egal, Palinskis
Freund Miki fand immer mehr Gefallen an dem neuen Job und den damit verbundenen
Möglichkeiten.
    Daher hatte er sich als für Leichenraub zumindest
mittelbar zuständiger Ressortchef sofort mit dem Bundeskriminalamt in
Verbindung gesetzt und nach Chefinspektor Helmut Wallner verlangt. Der war
allerdings dermaßen unverantwortlich gewesen und hatte sich einige Tage
freigenommen und wollte diese im Ausland verbringen.
    In diesem Fall musste sich Schneckenburger mit
Hauptmann Bachmayer zufriedengeben, dem Stellvertreter Wallners. Aber bitte,
soweit dem Minister geläufig war, sollte das auch ein recht tüchtiger Mann
sein.
    Und so kam es, dass sich eine knappe halbe Stunde
später sogar der Innenminister in Begleitung einiger Experten aus dem BK unter
die ratlose Menge am Grinzinger Friedhof mischte und dem Fernsehen einige tolle
Statements für die Abendnachrichten lieferte.
    Von den sterblichen Überresten des Kammersängers
Konstantin Boreskov fehlte allerdings nach wie vor jede Spur.

     

2.
    Sonntag, 7. März, nachmittags

     
    Falls Hermine
Wurminzer durch das Auffinden einer männlichen Leiche in der ehemaligen
Waschküche zwei Stockwerke über ihrer Wohnung auf irgendeine Art und Weise
Schaden genommen hatte, so merkte man ihr nichts mehr davon an. Und für den
Fall, dass sich die alte Dame jemals sonderlich über diesen überraschenden Fund
aufgeregt hatte, so hatte sie sich unterdessen wieder völlig abgeregt.
    Als sie Palinski ihre Wohnungstüre öffnete,
strahlte sie ihn an wie den Geldbriefträger, der ihr vor Weihnachten die
doppelte Pension brachte.
    »Sind Sie net der Herr Palinski von der Viererstiegen?«,
wollte sie wissen, allerdings mehr rhetorisch als tatsächlich. »Sie waren doch
auch oben in der Waschkuchl, wie die Polizei kommen ist.« Damit hatte Frau
Wurminzer den Besucher eindeutig identifiziert.
    »Entschuldigen Sie die Störung am Sonntagnachmittag«, baute
Palinski vor. »Ich soll im Auftrag der Polizei noch ein paar Sachen klären. Zur
Leiche«, er deutete mit dem Kinn nach oben. »Das muss ja ein

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