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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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internationalen
Kultur- und sonstigen Schickeria. Und überhaupt drängten sich die Massen der
mehr oder weniger prominenten Trauernden, die dieses Event nicht versäumen
wollten.
    Der relativ kleine, im Nordwesten Wiens gelegene Friedhof
musste im Moment aus der Luft aussehen wie ein Ameisenhaufen am ersten langen
Einkaufssamstag im Advent. Die Drängelei war enorm und wurde immer
beängstigender, je mehr man sich der viel zu kleinen Aufbahrungshalle näherte.
    Kurz nach 15 Uhr begann die stilvolle Verabschiedung, die
über Lautsprecher auch auf den Bereich vor der Halle übertragen wurde. Zunächst
eröffnete ein aus Mitgliedern des Opernorchesters gebildetes Sextett mit
Mozart. Dem folgten zwölf Angehörige des Staatsopernchors mit dem Ave Maria von
Schubert.
    Nun war es so weit, die Stunde der Redner und damit die der
Simultandolmetscherin hatte geschlagen. Während sich die aus Sofia
eingeflogenen Eltern und Geschwister des Kammersängers erwartungsvoll die
Kopfhörer aufsetzten, schritt Dr. Kaspar Godfrey, internationaler Musikagent,
Manager und enger Freund Konstantin Boreskovs, würdevoll ans Rednerpult.
    Während dieser wichtige Mann des weltumspannenden
Kulturbetriebs seine Brille richtig positionierte und zum Entsetzen nicht
weniger Anwesender umständlich das Manuskript seiner Rede aus der Innentasche
seines Sakkos holte, um es vor sich auf das Pult zu legen, geschah das
Unerhörte und völlig Unerwartete.
    »Im Prater blühn wieder die Bäume«, tönte da plötzlich die
unsterbliche Stimme des toten Kammersängers aus dem sehr teuren Mahagonisarg,
»in Sievering grünt schon der Wein.«
    Natascha, die Witwe, war bei ›Sievering‹ bereits schreiend
aufgesprungen, zum Sarg gewankt und an selbigem zusammengebrochen. »Da kommen
die seligen Träume, es muss wieder Frühlingszeit sein« – es war unverkennbar
die Stimme des teuren Verblichenen, die da kraftvoll wie eh und je und erstaunlicherweise
mit Robert Stolz und Orchesterbegleitung aus dem ultimativen Möbel tönte.
    Wie erstarrt verharrten die meisten Anwesenden in ungläubiger
temporärer Paralyse, lediglich Dr. Godfrey und der dynamische Wiener
Bürgermeister Dr. Lattuga waren zum Sarg geeilt und herrschten die beiden
daneben postierten Bediensteten des Bestattungsunternehmens an, das Behältnis
ehestens zu öffnen.
    Boreskov hatte sich offenbar vorgenommen, ein letztes Mal mit
einem Potpourri zu glänzen, da er inzwischen bei ›La donna è mobile‹ angelangt
war. Kurz darauf war nun endlich der Verschluss des Sarges geöffnet worden und
die beiden Friedhofsbüttel machten sich daran, den schweren Deckel zu
entfernen.
    Die Witwe war mittlerweile mithilfe des galanten
Bürgermeisters wieder auf die Beine gekommen und gerade dabei, vorsichtig einen
verheulten Blick ins Innere des Sarges zu riskieren, als ein
honigmelonengroßer, bunter und auf einer Sprungfeder sitzender Clownskopf aus
dem Sarg hochschnellte. Mit der Wirkung, dass die bedauernswerte Natascha
sofort wieder schreiend zusammenbrach und selbst der sonst eher kühle Dr.
Godfrey einen überraschten Aufschrei nicht unterdrücken konnte. So ein ›Oh God‹
etwa, oder vielleicht auch ein ›Ooooooh good‹, so genau konnte sich nachher
niemand mehr daran erinnern.
    In der Zwischenzeit war der orthodoxe Priester herangetreten,
hatte in den Sarg gegriffen und das darin befindliche Hi-Fi-Abspielgerät
einfach abgestellt. Mitten im ›Nessun dor…‹, mit dem der Kammersänger gerade
beginnen wollte. Dann riskierte Hochwürden einen weiteren Blick – und noch
einen – ehe er sich aufrichtete und direkt in die laufende Kamera des
inzwischen näher gekommenen Teams des österreichischen Fernsehens die
folgenschweren Worte sprach: »Sarg leer, Kammersänger futsch, nur der liebe
Gott weiß, wo.«
    20 Minuten später traf Inspektor Heidenreich am Ort des
Verschwindens ein, weitere 45 Minuten danach ging bereits die
Sensationsmeldung ›Leiche des Kammersängers verschwunden‹ in einer
Sondernachrichtensendung der TV Austria in die Welt hinaus.
    Die Geschäftskarte mit dem Aufdruck ›Diamonds4eva‹, die klein
und verschämt unter dem CD-Player auf ihr Auffinden wartete, blieb zunächst
unentdeckt.

     
    *

     
    Mario Palinski war noch keine fünf Minuten in
Heidenreichs Büro gewesen und daher weit davon entfernt, vom Inspektor auf den
aktuellen Ermittlungsstand gebracht worden zu sein, als die Meldung eintraf,
dass die Leiche eines Opernsängers in Verlust geraten war. »Am

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