Die 101 wichtigsten Fragen - die Bibel
seinem Greisenalter wandelt sich Moses Rolle noch einmal: Aus dem frommen Kultstifter wird nun der politische Gesetzgeber. In langen Reden erklärt er eine Staatsverfassung, die eine strenge monotheistische Gottesverehrung ebenso vorschreibt wie sie die Einsetzung eines Königs vorsieht, der im heiligen Gesetzbuch die Richtschnur seines Handelns hat. Mose stirbt im Alter von 120 Jahren.
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Hammurabi und Mose.
Links der babylonische König Hammurabi (ca. 1750 v. Chr.) in Gebetshaltung vor dem thronenden Gott Schamasch, der dem König Ring und Schreibgriffel präsentiert, die es ihm ermöglichen, Gesetze zu erlassen. Rechts Mose mit den Gesetzestafeln. Die 1902 gefundene, mit dem linken Bild geschmückte Stele bietet Gesetze, die an die des Mose erinnern. Ein Beispiel: «Wenn ein Bürger das Auge eines Bürgersohnes zerstört, so zerstört man sein Auge» (Codex Hammurabi § 196). In der Bibel steht: «Auge um Auge, Zahn um Zahn» (Exodus 21,24). Die Strafe entspricht genau dem Verbrechen; so wird Maßlosigkeit verhindert. Die Übereinstimmung legte dem Jugendstilkünstler nahe, Mose als Babylonier zu porträtieren. – Hammurabi-Stele im Louvre, Paris; E.M. Lilien, «Mose», 1908.
Die Mose-Erzählung lässt sich als Gemisch aus Überlieferungen unterschiedlicher Herkunft entschlüsseln: (1) Mose könnte Ägypter gewesen sein. Sein ägyptischer Name steht stellvertretend für dasägyptische Element im Völkergemisch, aus dem das Volk Israel entstanden ist
(Frage 48).
Eine Parallele findet sich in der Geschichte von Sinuhe, dem Helden einer bekannten altägyptischen Erzählung (ca. 1900 v. Chr.): Sinuhe flieht aus Ägypten, um Schwierigkeiten zu entgehen; in Vorderasien wird er von einem Magnaten aufgenommen, dessen Tochter er heiratet. Doch die übrige Erzählung verläuft anders. (2) Aus dem Zweistromland stammt das Vorbild der Kindheitsgeschichte des Mose: Dort wird die Aussetzung eines späteren Herrschers in einem Binsenkorb von König Sargon erzählt. Die Erzählung von Mose als Gesetzgeber orientiert sich an babylonischer Überlieferung, die König Hammurabi als Gesetzgeber feiert
(Abb. 3).
(3) Die Alleinverehrung des einen Gottes stammt nicht aus einer fremden, sondern aus der israelitischen Religion; ihre Durchsetzung wurde im 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. durch die monotheistische Religion Persiens begünstigt
(Frage 71).
11. Verkörpert David das Ideal des Kriegers? Die Bauern des alten Palästina waren keine kriegerischen Menschen; doch die Umstände – die Verteidigung gegen ins Land einbrechende Feinde – machten gelegentlichen Waffendienst unumgänglich. Das Königtum in Israel ist aus dem Willen entstanden, die nationale Verteidigung durch einen Kriegerkönig zu sichern. Die umfangreichste Erzählung der Bibel ist der Einführung eines solchen Königtums in Israel gewidmet, und der Held dieser Geschichte ist David (1–2 Samuel, 1 Könige 1–2). Erzählt wird von seinem Aufstieg und Erfolg, aber auch von seinem moralischen Scheitern.
Das ist die Aufstiegsgeschichte: Als junger Mann kommt David an den Hof Sauls, des ersten Königs von Israel. Seinen Ruhm begründet die geschickte Handhabung der Steinschleuder, mit der er den schwer bewehrten Krieger Goliath tötet – jenen Riesen, der die israelitischen Krieger zum Zweikampf herausgefordert hatte, als Ersatz für eine Schlacht zwischen zwei Heeren. Ein Konflikt zwischen David und König Saul eskaliert zur bewaffneten Auseinandersetzung. Doch dann fällt Saul im Kampf gegen die Philister, und David kann das Königtum usurpieren. Er erobert die Stadt Jerusalem, um sie zur Hauptstadt des Landes zu machen.
In Jerusalem auf dem Höhepunkt seiner Macht, begeht David einen schweren Fehler: Er verliebt sich in die Frau des Kriegers Urija und sorgt dafür, dass dieser an der Front ums Leben kommt, damiter die schöne Witwe Batseba zur Frau nehmen kann. Der Prophet Nathan stellt den König zur Rede und kündigt ihm Gottes Strafe an. Das aus der Verbindung mit Batseba hervorgehende erste Kind stirbt früh, zum Kummer Davids. Eine weitere Strafe folgt: Davids Sohn Abschalom wird abtrünnig, gewinnt die Herzen der Untertanen und setzt sich in den Besitz des väterlichen Harems – mit dem Ziel, selbst König zu werden. Im Kampf zwischen Vater und Sohn findet Abschalom den Tod: ein Ereignis, das der Vater bitter beklagt, da er das Leben seines Sohnes schonen wollte. Betagt zieht sich David aus den Regierungsgeschäften zurück. Er stirbt in seinem vierzigsten
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