Die 5 Plage
Ermittlerinnen. »Du musst sie unbedingt kennenlernen, Lindsay. Sie ist ein solcher Charmebolzen, dass sie jeden um den Finger wickeln kann, und das meine ich wirklich ganz positiv.«
Mal sehen - wofür sollte ich mich entscheiden? Für kalten Kaffee und Thunfischsalat in meinem Büro? Oder für ein leckeres italienisches Essen - vielleicht Carpaccio mit Rucola und frisch gehobeltem Parmesan und einem Glas Merlot dazu - mit Yuki und ihrer charmesprühenden Mama?
Ich richtete den Aktenstapel fein säuberlich aus, sagte unserer Teamassistentin Brenda, dass ich in etwa zwei Stunden wieder da wäre, und verließ das Präsidium. Es würde völlig ausreichen, wenn ich zu unserer Teambesprechung um drei zurück wäre.
Nach einer Reihe von Regentagen schien heute endlich wieder die Sonne, und dieser herrliche Septembertag war einer der letzten Lichtblicke, bevor das kühle, feuchte Herbstwetter über San Francisco hereinbrechen würde.
Es war ein Genuss, an der frischen Luft zu sein.
Ich traf mich mit Yuki und Keiko, ihrer Mutter, vor dem Saks im noblen Shoppingviertel am Union Square. Kurz darauf marschierten wir drei schon munter schwatzend die Maiden Lane hinauf Richtung Grant Avenue.
»Ihr Mädchen, einfach zu modern«, sagte Keiko. Sie war richtig süß, zierlich wie ein Vögelchen, perfekt gekleidet und frisiert und beladen mit Einkaufstüten, die an ihren Armbeugen baumelten. »Kein Mann wollen Frau, die zu selbstständig«, erklärte sie uns.
»Mom, bitte!«, rief Yuki genervt. »Jetzt mach aber mal einen Punkt, ja? Wir leben schließlich im 21. Jahrhundert. Das hier ist Amerika!«
»Sie auch nicht besser, Lindsay«, sagte Keiko, ohne auf Yukis Proteste zu reagieren, und stupste mich in die Seite. »Sie haben Knarre unter Arm!«
Yuki und ich prusteten los, und unser schallendes Gelächter übertönte fast Keikos ernsthafte Beteuerung, dass »kein Mann wollen Frau mit Waffe«.
Ich wischte mir mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht, während wir an einer roten Fußgängerampel warteten.
»Ich habe aber einen Freund«, sagte ich.
»Aber hallo«, rief Yuki und erging sich gleich in Lobeshymnen über meinen Verehrer. »Joe ist ein sehr gut aussehender italienischer Typ. Genau wie Dad. Und er hat einen superwichtigen Job bei der Regierung. Heimatschutzministerium.«
»Er bringen dich zum Lachen?«, fragte Keiko, die Yukis Auflistung von Joes Qualitäten demonstrativ ignorierte.
»Mhm. Manchmal lachen wir uns regelrecht scheckig.«
»Er dich gut behandeln?«
»Oh, er behandelt mich ja soooo gut«, erwiderte ich grinsend.
Keiko nickte anerkennend. »Ich kennen diese Lächeln«, sagte sie. »Du haben Mann mit langsame Hände gefunden.«
Wieder brachen Yuki und ich in johlendes Gelächter aus, und an dem schelmischen Blitzen in Keikos Augen konnte ich ablesen, wie sehr sie dieses »Verhör« genoss.
»Wann du kriegen Ring von diese Joe?«
Jetzt wurde ich doch tatsächlich rot. Keiko hatte ihren perfekt manikürten Finger genau auf den wunden Punkt gelegt. Joe wohnte in Washington, D. C. Ich nicht. Das ging einfach nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie unsere Beziehung sich entwickeln würde.
»Wir sind noch nicht im Ringe-Stadium angelangt«, erklärte ich ihr.
»Du lieben diese Joe?«
»Total«, gestand ich.
»Er lieben dich?«
Yukis Mom blickte amüsiert zu mir auf, da sah ich, wie ihre Gesichtszüge plötzlich erstarrten, als hätten sie sich in Stein verwandelt. Ihre lebhaften Augen wurden glasig, und ihre Knie knickten ein.
Ich streckte die Hand aus, um sie aufzufangen, aber es war zu spät.
Mit einem Stöhnen, bei dem mir fast das Herz stehen blieb, klappte Keiko auf dem Gehsteig zusammen. Ich konnte nicht glauben, was gerade passiert war, und ich verstand die Welt nicht mehr. Hatte Keiko einen Schlaganfall erlitten?
Yuki schrie auf, sank neben ihrer Mutter in die Hocke und schlug ihr mit der flachen Hand auf die Wangen. »Mommy, Mommy, wach auf!«, rief sie.
»Lass mich mal hin, Yuki. Keiko! Keiko, können Sie mich hören?«
Mein Herz schlug wie ein Dampfhammer, als ich zwei Finger an Keikos Halsschlagader legte, ihren Puls fühlte und dabei den Sekundenzeiger meiner Armbanduhr beobachtete.
Sie atmete, aber ihr Puls war so schwach, dass ich ihn kaum tasten konnte.
Ich riss mein Handy aus der Gürteltasche und rief die Leitstelle an.
»Lieutenant Boxer, Dienstnummer 27-21«, bellte ich ins Telefon. »Einen Rettungswagen in die Maiden Lane, Ecke Grant. Sofort! «
4
Das San
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