Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Da hamr euch in Budweis einen gewissen Oberlajtnant Zakrejs gehabt, der is fortwährend um die Offiziersküche herumscherwenzelt, und wenn ein Soldat was angestellt hat, hat er sich ihn Habtacht hingestellt und hat losgelegt: ›Du Kerl, du, wenn sich das noch mal wiederholt, so mach ich aus deinem Maul einen gründlich geklopften Rostbraten, zertret ich dich zu Erdäpfelkasch und gib dirs dann aufzufressen. Reisgekrös wird aus dir herausfließen, du wirst ausschaun wie ein gespickter Hase in der Pfanne. Also siehst du, daß du dich bessern mußt, wenn du nicht willst, daß die Leute denken solln, daß ich aus dir Hackbraten mit Kraut gemacht hab.‹«
Die weitere Auseinandersetzung und das interessante Gespräch über die Verwendung der Speisekarte zur Erziehung der Soldaten vor dem Krieg wurde durch ein lautes Geschrei unterbrochen, das von oben kam, wo das feierliche Mahl beendet war.
Aus dem Durcheinander von Stimmen löste sich das Geschrei des Kadetten Biegler: »Ein Soldat soll schon im Frieden wissen, was der Krieg fordert, und im Krieg nicht vergessen, was er auf dem Exerzierplatz gelernt hat.«
Dann wurde das Keuchen Leutnant Dubs vernehmbar: »Bitte zu konstatieren, daß ich bereits zum drittenmal beleidigt wurde!«
Oben gingen große Dinge vor.
Leutnant Dub, der bekanntlich mit dem Kadetten Biegler |790| in bezug auf den Bataillonskommandanten hinterhältige Absichten hegte, war von den Offizieren gleich bei seinem Eintritt mit großem Geschrei begrüßt worden. Der jüdische Schnaps wirkte auf alle ausgezeichnet.
Deshalb rief einer über den andern, auf die Reitkunst Leutnant Dubs anspielend: »Ohne Stallmeister gehts nicht!
– Ein scheugewordener Mustang! – Wie lange hast du dich unter den Cowboys im Westen herumgetrieben, Kamerad?
– Der Kunstreiter!«
Hauptmann Sagner goß ihm rasch ein Wasserglas von dem verdammten Schnaps ein, und der beleidigte Leutnant Dub setzte sich an den Tisch. Er schob einen alten zerbrochenen Stuhl neben Oberleutnant Lukasch, der ihn mit den freundschaftlichen Worten begrüßte: »Wir haben schon alles aufgegessen, Kamerad.«
Die traurige Gestalt des Kadetten Biegler wurde irgendwie übersehen, obwohl er um den Tisch herumging, um sich streng vorschriftsmäßig bei allen zu melden; bei Hauptmann Sagner dienstlich und bei den anderen Offizieren, indem er, obwohl ihn alle sahen und kannten, einigemal wiederholte: »Kadett Biegler wieder eingerückt beim Bataillonsstab.«
Biegler ergriff ein volles Glas, setzte sich dann ganz bescheiden ans Fenster und wartete einen geeigneten Augenblick ab, um etwas von seinen Kenntnissen aus Lehrbüchern von sich geben zu können.
Leutnant Dub, dem der schreckliche Fusel in den Kopf gestiegen war, klopfte mit dem Finger auf den Tisch und wandte sich aus heiterem Himmel an Hauptmann Sagner: »Mit dem Bezirkshauptmann zusammen haben wir immer gesagt: ›Pa triotismus , Pflichttreue, Selbstüberwindung, das sind die richtigen Waffen im Krieg.‹ Ich erinnere mich gerade heute daran, wo unsere Armee in absehbarer Zeit die Grenzen überschreiten wird.«
Hier endet das Manuskript Hašeks
(gestorben am 3. Januar 1923 im Alter von vierzig Jahren)
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Egon Erwin Kisch
Auf den Tod eines tschechischen Humoristen
Die Lokalreporter haben ihn vorgestern begraben. Die Literaturkritik hat ihm kein Wort geweiht, denn er war kein seriöser Mensch. Bei Gott, das war er nicht! Noch über seinen jungen Tod hinaus muß man über ihn lachen.
Vor allem: Jaroslav Hašek war beinahe immer betrunken. Der Rausch löste seine Zunge, und er begann, in den Schankstuben den Leuten verschiedene Dinge zu erzählen. Dabei blieb sein feistes Gesicht, das eine frappante Ähnlichkeit mit dem Balzacs hatte, immer ganz ernst, nur seine Schweinsäuglein schienen ironisch zu blinzeln – aber das konnte auch Täuschung sein. Er erzählte das Unwahrscheinlichste, die Einwände seiner Zuhörer widerlegte er, und dann nahm er ein Briefpapier, schrieb alles nieder und trug die Geschichte in die nächstgelegene Redaktion, das Honorar zu vertrinken. Bekam er – mit Hinweis auf seine Vorschüsse – keins, so pumpte er den Redaktionsdiener Šefrua an und schrieb dann für die politischen Gegner oder die journalistische Konkurrenz ein Feuilleton, daß die Mitarbeiter des »Ceské slovo« genötigt seien, sich vom Redaktionsdiener Šefrua Geld auszupumpen. Oder er verdingte sich als Arbeiter und lud vor dem Redaktionslokal Eis ab. Dabei hielt er Reden,
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