Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
sich eine Zigarre angezündet hatte.
Endlich ertönte es: »Zum Gebet.« Staub wirbelte auf, und das ganze Viereck der Uniformen beugte die Knie vor dem Sportpokal des Oberleutnants Witinger, der ihn für den »Sport- Favorit « im Wettlauf Wien–Mödling gewonnen hatte.
Der Pokal war voll, und das allgemeine Urteil, das die Manipulation des Feldkuraten begleitete und durch die Reihen lief, lautete: »Der hats ausgesoffen!«
Diese Handlung wurde zweimal wiederholt. Dann noch einmal: »Zum Gebet«, darauf gab die Kapelle »Gott erhalte, Gott beschütze« zum besten, Antreten und Abmarsch.
»Klauben Sie das Zeug zusammen«, sagte der Feldkurat zu Schwejk, auf den Feldaltar weisend, »daß wirs wieder hinbringen können, wos hingehört!«
Sie fuhren also wiederum mit ihrem Droschkenkutscher und gaben alles redlich zurück, bis auf die Flasche Meßwein.
Und als sie zu Hause waren und den unglücklichen Droschkenkutscher bezüglich der Bezahlung für die langen Fahrten an das Kommando gewiesen hatten, sagte Schwejk zum Feldkuraten: »Melde gehorsamst, Herr Feldkurat, muß ein Ministrant derselben Religion angehören wie der, was das heilige Abendmahl verabreicht?«
»Gewiß«, antwortete der Feldkurat, »sonst wäre die Messe ungültig.«
|143| »Dann, Herr Feldkurat, is ein großer Irrtum geschehn«, sagte Schwejk, »ich bin konfessionslos. Ich hab schon so ein Pech.«
Der Feldkurat schaute Schwejk an, schwieg eine Weile, dann klopfte er ihm auf die Schulter und sagte: »Sie können den Meßwein austrinken, der in der Flasche übriggeblieben ist. Denken Sie sich, daß Sie wieder in die Kirche eingetreten sind.«
12
Eine religiöse Debatte
Schwejk pflegte zuweilen den Hirten der Soldatenseelen tagelang nicht zu sehen. Der Feldkurat teilte seine Zeit zwischen Pflichten und Völlereien und kam nur selten nach Hause, schmutzig, ungewaschen wie ein verliebter Kater, der seine Ausflüge über die Dächer macht.
Wenn er bei seiner Rückkehr noch fähig war, sich auszudrücken, plauderte er noch, bevor er einschlief, mit Schwejk über erhabene Ziele, über Inbrunst, die Freude am Denken.
Zuweilen versuchte er auch in Versen zu sprechen, Heine zu zitieren.
Schwejk ministrierte nochmals für den Feldkuraten eine Feldmesse bei den Pionieren, zu der irrtümlicherweise noch ein anderer Feldkurat, ein ehemaliger Katechet, eingeladen worden war, ein ungewöhnlich frommer Mensch, der seinen Kollegen erstaunt betrachtete, als ihm dieser aus Schwejks Feldflasche, die Schwejk zu solch religiösen Handlungen immer mit sich trug, einen Schluck Kognak anbot.
»Es ist eine gute Marke«, sagte Feldkurat Otto Katz, »trin ken Sie, und gehn Sie nach Haus. Ich besorg das schon allein, ich habs eh nötig, unterm freien Himmel zu bleiben, mir tut heut der Kopf weh.«
Der fromme Feldkurat ging kopfschüttelnd fort, und Katz entledigte sich wie immer überaus glänzend seiner Aufgabe.
|144| In das Blut des Herrn verwandelte sich diesmal ein Gespritzter, und die Predigt war länger, wobei jedes dritte Wort lautete: »und so weiter« und »sicherlich«.
»Ihr werdet heute an die Front fahren, Soldaten, und so weiter. Wendet euch jetzt Gott zu und so weiter, sicherlich. Ihr wißt nicht, was euch geschehen wird, und so weiter und sicherlich.«
Und immer donnerte es vom Altar: »und so weiter« und »si cherlich «, abwechselnd mit Gott und allen Heiligen.
In seinem Eifer und in seiner oratorischen Begeisterung stellte der Feldkurat sogar Prinz Eugen als einen Heiligen hin, der sie beschützen werde, bis sie Brücken über die Flüsse schlagen würden.
Nichtsdestoweniger endete die Feldmesse ohne jegliches Ärgernis, angenehm und amüsant. Die Pioniere unterhielten sich ausgezeichnet.
Auf dem Rückweg wollte man den Feldkuraten und Schwejk mit dem zerlegbaren Altar nicht in die Elektrische einsteigen lassen.
»Daß ich dir eins mit dem Heiligen übern Kopf hau!« sagte Schwejk zu dem Kondukteur.
Als sie schließlich zu Hause anlangten, stellten sie fest, daß sie unterwegs irgendwo das Tabernakel verloren hatten.
»Das macht nichts«, sagte Schwejk, »die ersten Christen ham die heilige Messe auch ohne Tabernakel gelesen. Wenn wirs anzeigen möchten, so könnt der ehrliche Finder von uns Finderlohn verlangen. Wenns Geld wär, möcht sich vielleicht kein ehrlicher Finder finden, obzwar es noch solche Leute gibt. Bei uns in Budweis beim Regiment war ein Soldat, so ein gutmütiges Rindvieh, der hat mal sechshundert Kronen auf der
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