Die Abenteuer des Sherlock Holmes
unterhaltsam«, bemerkte Holmes, als sein Klient eine Pause machte und sein Gedächtnis mittels einer großen Prise Schnupftabaks auffrischte. »Bitte, fahren Sie fort mit Ihrem sehr interessanten Bericht.«
»In dem Büro war nichts außer ein paar Holzstühlen und einem Verkaufstisch, hinter dem ein kleiner Mann saß, mit einem Schopf, der noch röter war als meiner. Er hat mit jedem Kandidaten, der an die Reihe kam, ein paar Worte gewechselt, und dann hat er immer irgendeinen Fehler an ihnen gefunden, der sie ausschloß. So einfach schien es dann doch nicht zu sein, an die freie Stelle zu kommen. Als wir an die Reihe gekommen sind, war der kleine Mann mir gegenüber aber wohlwollender als zu irgendeinem der anderen, und als wir eingetreten waren, hat er die Tür geschlossen, um ungestört mit uns reden zu können.
›Das ist Mr. Jabez Wilson‹, sagt mein Assistent, ›und er ist bereit, eine freie Stelle in der Liga aufzufüllen.‹
›Und er ist bestens dazu geeignet‹, antwortet der andere. ›Er erfüllt alle Voraussetzungen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas so Schönes gesehen zu haben.‹ Er geht einen Schritt zurück, legt seinen Kopf auf die Seite und starrt mein Haar an, bis ich ganz verlegen werde. Dann ist er plötzlich vorwärts gesprungen, hat mir die Hand geschüttelt und mir sehr freundlich zu dem Erfolg gratuliert.
›Es wäre ungerecht, zu zögern‹, sagt er. ›Trotzdem werden Sie mir sicher verzeihen, daß ich eine verständliche Vorsichtsmaßnahme treffe.‹ Damit packt er mich mit beiden Händen am Haar und zieht, bis ich vor Schmerzen schreie. ›Sie haben Wasser in den Augen‹, sagt er, als er mich losläßt. ›Ich sehe, alles ist, wie es sein sollte. Aber wir müssen uns vorsehen, wir sind nämlich schon zweimal mit Perücken und einmal mit Farbe getäuscht worden. Ich könnte Ihnen Geschichten von Schusterpapp erzählen, die Sie mit Abscheu vor der menschlichen Natur erfüllen würden.‹ Dann ist er zum Fenster gegangen und hat, so laut er konnte, hinausgeschrien, daß die freie Stelle besetzt ist. Von unten kam ein Stöhnen der Enttäuschung, und die ganzen Leute haben sich in alle Himmelsrichtungen davongemacht, bis außer meinem und dem des Geschäftsführers kein roter Schopf mehr zu sehen war.
›Ich bin Mr. Duncan Ross‹, sagt er, ›und ich selbst bin einer derjenigen, die aus dem Fonds, den unser edler Wohltäter hinterlassen hat, ein Gehalt beziehen. Sind Sie verheiratet, Mr. Wilson? Haben Sie Familie?‹
Ich antworte ihm, daß ich keine habe.
Sein Gesicht wird sogleich düster.
›Liebe Güte!‹ sagt er ernst, ›das ist schlimm! Ich bin sehr traurig, das zu hören. Der Fonds war natürlich gedacht für die Fortsetzung und Verbreitung von Rotschöpfen und ihren Unterhalt. Es ist sehr traurig, daß Sie Junggeselle sind.‹
Ich habe natürlich ein langes Gesicht gemacht, Mr. Holmes, weil ich dachte, ich würde die freie Stelle am Ende doch nicht bekommen; aber nachdem er es sich ein paar Minuten überlegt hatte, sagte er, es ginge in Ordnung.
›Bei einem anderen‹, sagt er, ›wäre das ein entscheidendes Hindernis, aber bei einem Mann mit einem Schopf, wie Sie ihn haben, muß man schon einmal fünf gerade sein lassen. Wann werden Sie sich Ihren neuen Pflichten widmen können?‹
›Nun, das ist ein bißchen schwierig, weil ich nämlich schon ein Geschäft habe‹, sage ich.
›Oh, machen Sie sich deswegen keine Sorgen‹, Mr. Wilsons, sagt Vincent Spaulding. ›Darum werde ich mich schon für Sie kümmern.‹
›Wie sehen meine Dienstzeiten aus?‹ frage ich.
›Zehn bis zwei.‹
Nun macht ein Pfandleiher seine Geschäfte meistens am Abend, Mr. Holmes, vor allem donnerstags und freitags, vor dem Zahltag; es würde mir also gut zupaß kommen, an den Vormittagen ein wenig zu verdienen. Außerdem wußte ich, daß mein Assistent ein guter Mann ist und sich um alles kümmert, das anfallen kann.
›Das ist mir sehr recht‹, sage ich. ›Und die Bezahlung?‹
›Vier Pfund pro Woche.‹
›Und die Arbeit?‹
›Ist rein symbolisch.‹
›Was nennen Sie rein symbolisch?‹
›Nun, Sie müssen die ganze Zeit im Büro oder wenigstens im Gebäude zubringen. Wenn Sie es verlassen, geben Sie Ihre gesamte Stellung für immer auf. Das Testament ist in dieser Beziehung sehr klar. Sie erfüllen die Bedingungen nicht, wenn Sie sich in dieser Zeit aus dem Büro rühren.‹
›Es sind ja nur vier Stunden am Tag, und ich denke nicht daran, in dieser Zeit zu
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