Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
Kaufleuten gegenüber zu seinem Vertreter, so daß ich mit sechzehn Jahren eigentlich Herr des Hauses war. Ich verfügte über sämtliche Schlüssel und konnte gehen, wohin, und tun, was ich wollte, solange ich ihn nicht in seiner Abgeschiedenheit störte. Es gab jedoch eine einzige Ausnahme; er hatte einen Raum, eine Art Rumpelkammer auf dem Dachboden, der immer verschlossen war und den zu betreten weder mir noch einem anderen jemals erlaubt wurde. Mit der Neugier eines Jungen habe ich durch das Schlüsselloch gespäht, aber ich konnte nie mehr sehen als eine Sammlung alter Kisten und Bündel, wie man sie in einem solchen Raum erwartet.
    Eines Tages – im März 1883 – lag auf dem Tisch, vor dem Teller des Obersten, ein Brief mit einer fremdländischen Marke. Er erhielt nicht oft Briefe, denn all seine Rechnungen wurden in bar bezahlt, und er besaß keinerlei Freunde. ›Aus Indien!‹ sagte er, als er den Brief in die Hand nahm, ›der Stempel ist aus Pondicherry! Was mag das sein?‹ Er riß ihn eilig auf, und fünf kleine trockene Orangenkerne fielen heraus, auf seinen Teller. Ich begann darob zu lachen, aber das Lachen blieb mir in der Kehle stecken, als ich sein Gesicht sah. Sein Kiefer war herabgefallen, die Augen standen ihm vor dem Kopf, seine Haut hatte die Farbe von Zinnasche angenommen, und er starrte auf den Umschlag, den er noch immer in seiner zitternden Hand hielt. ›K.K.K.‹ schrie er, und dann: ›Mein Gott, mein Gott, meine Sünden haben mich eingeholt.‹
    ›Was ist es, Onkel?‹ rief ich.
    ›Der Tod‹, sagte er, und er stand vom Tisch auf und zog sich in sein Zimmer zurück, und ich saß da und zitterte vor Entsetzen. Ich nahm den Umschlag auf und sah auf der Innenseite der Klappe, kurz über der Gummierung, den Buchstaben K, und zwar dreimal, mit roter Tinte gekritzelt stehen. Sonst war nichts in dem Umschlag, abgesehen von den fünf trockenen Kernen. Was konnte der Grund für sein überwältigendes Entsetzen sein? Ich verließ den Frühstückstisch, und als ich die Treppen emporstieg, kam er mir entgegen, mit einem alten rostigen Schlüssel, der zum Boden gehören mußte, in der einen Hand und einer kleinen Messingdose, ähnlich einer Geldschatulle, in der anderen.
    ›Sollen sie tun, was sie wollen, aber ich setze sie doch noch matt‹, sagte er mit einem Fluch. ›Sag Mary, daß ich heute Feuer in meinem Zimmer haben will, und schick nach Fordham, dem Anwalt aus Horsham.‹
    Ich tat, wie er befohlen hatte, und als der Anwalt eintraf, wurde ich ins Zimmer hinaufgebeten. Das Feuer brannte hell, und auf dem Rost lag Asche in einer schwarzen, flockigen Masse, ähnlich verbranntem Papier, und die Messingdose stand offen und leer neben dem Kamin. Als ich sie betrachtete, entdeckte ich zu meinem Schrecken auf dem Deckel das dreifache K, das ich am Morgen auf dem Briefumschlag gesehen hatte.
    ›John‹, sagte mein Onkel, ›ich möchte, daß du meinen letzten Willen bezeugst. Ich hinterlasse diesen Besitz mit allem Nutzen und Nachteil meinem Bruder, deinem Vater, von dem er zweifellos auf dich übergehen wird. Wenn du dich seiner in Frieden erfreuen kannst, desto besser! Stellst du fest, daß dies unmöglich ist, dann halte dich an meinen Rat, mein Junge, und überlasse ihn deinem schlimmsten Todfeind. Es tut mir leid, daß ich dir solch eine zweischneidige Sache geben muß, aber ich kann nicht vorhersagen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Sei so gut, das Papier dort zu unterschreiben, wo Mr. Fordham es will.‹
    Wie angewiesen unterschrieb ich das Papier, und der Anwalt nahm es mit. Wie Sie sich denken können, machte dieser einzigartige Vorfall auf mich einen überaus tiefen Eindruck, und ich grübelte darüber nach und drehte ihn in meinem Geist hin und her, ohne etwas daraus machen zu können. Dennoch konnte ich das undeutliche Gefühl von Furcht nicht abschütteln, das die Sache hinterlassen hatte, wenn diese Empfindung auch verblaßte, als die Wochen verstrichen und nichts geschah, was den üblichen Ablauf unseres Lebens gestört hätte. Ich konnte jedoch an meinem Onkel eine Veränderung wahrnehmen. Er trank mehr als je zuvor und war jeder Art Gesellschaft noch mehr abgeneigt. Die meiste Zeit verbrachte er in seinem Raum und hielt die Tür von innen verschlossen, aber bisweilen brach er in einer Art trunkener Raserei daraus hervor und stürzte aus dem Haus und stürmte mit einem Revolver in der Hand durch den Garten; dabei schrie er, er fürchte sich vor niemandem und werde sich

Weitere Kostenlose Bücher