Die Achse Des Blöden
eines anderen Wagens hatte das Verbrechen beobachtet, er hielt mitten auf der Straße an, sprang aus dem Wagen, zog eine Waffe und fing an, auf den Fluchtwagen zu schießen. Er schoß vier oder fü nf Mal, offenbar immer daneben. Dann stieg er, ohne ein Wort mit Penny zu wechseln, wieder in seinen Wagen und fuhr weiter. Der Gute Samariter von Miami.
Penny war tief erschüttert und rannte zum Büro der Firma zurück, von der sie den Wagen für Amory geliehen hatte. Dort hatten die Angestellten nach dem für Südflorida so typischen, herzerwärmenden Motto »Alle für einen« bereits die Tür verschlossen und gestikulierten nun durch die Glasscheibe, daß sich dieser Vorfall nicht auf ihrem Firmengelände ereignet hätte.
Cleveland Amory lag immer noch quer auf den Autositzen und fragte sich besorgt, ob die Leute in dieser Gegend wohl viele Bücher kaufen. Da kann ich nur sagen: Willkommen in Miami, Sir! Können wir etwas für Ihr Wohlbefinden tun? Eine
kugelsichere Weste vielleicht? Oder eine neue Unterhose?
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Wenn man hier wohnt, gewöhnt man sich früher oder später daran, daß Kriminalität einfach dazugehört, so wie Palmen oder Rentner oder alte Damen, die es normal finden, daß ihre Haare so knallrot sind wie ein Feuerwehrauto.
Als ich eines Tages eine Filiale von Burger King auf dem Biscayne Boulevard in der Innenstadt von Miami betreten wollte, kam ein Mann mit einer Waffe herausgerannt, schlug einen Fußgänger nieder, sprang in einen Wagen und brauste in Schlangenlinien vom Parkplatz.
Um ein Haar hätte er mich und noch ein paar andere Leute umgenietet. Ich erinnerte mich an das, was ich als Pfadfinder gelernt hatte, merkte mir das Nummernschild und rannte in das Lokal. Ich erwartete, lauter schockierte und verängstigte Menschen vorzufinden. Stattdessen kauten die Gäste ganz gelassen auf ihren Whoppern herum. Ich wandte mich an einen Mitarbeiter hinter der Theke, der mir sagte, ja, ja, es habe gerade einen Überfall gegeben, aber der sei schon gemeldet worden.
Meinen Hinweis auf das Nummernschild ignorierte er.
Tumdidum, das war doch bloß der soundsovielte bewaffnete Raubüberfall!
Als ich nach Miami zog, in ein ziemlich vornehmes Viertel übrigens, gehörte das große Haus an der Ecke ein paar
Drogendealern. Jedenfalls erzählten das die Nachbarn, und ich glaubte ihnen, denn die Leute, die in dem Eckhaus wohnten, schienen den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als ihre Autos zu waschen, und außerdem zog ein endloser Strom
finsterer Gestalten zu allen Tages- und Nachtzeiten durch das Haus.
Im Viertel galt dieses Haus und was sich dort abspielte als...
nun ja... durchaus bemerkenswert, aber nicht weiter aufregend.
Es war einfach nur das Haus an der Ecke, eine Adresse wie alle anderen auch - das Haus der Liebermans, das Haus der
Williams', das Haus der Drogendealer etc. Wenn mein Sohn fragte, ob er draußen Fahrrad fahren dürfe, sagte ich als
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verantwortungsbewußter Vater: »Okay, aber nicht weiter als bis zum Haus der Drogendealer!«
Eines Abends trank ich ein Bier an der Bar eines kleinen Restaurants am Miami Beach, und ein Mann erkannte mich von meinem Foto in der Zeitung. Ich gebe unser Gespräch ganz unverfälscht wieder:
MANN: Du Mann, der in Zeitung schreiben?
ICH: Ja.
MANN: Du über Colombia schreiben? Viel lustig da! Du
schon Reise in Colombia?
ICH: Nein.
MANN: Ha! Ich aus Colombia. Sage dir ganz ehrlich: Ich Drogenhändler.
Ich schwöre: Genau das hat er gesagt. Zwei Meter von uns entfernt saßen zwei Polizisten und aßen etwas, und er sagte:
»Ich Drogenhändler.« Genauso freundlich und offen wie
jemand, der erzählt, daß er Häusermakler ist. Fast wunderte ich mich, daß er mir nicht seine Visitenkarte überreichte.
Drogenhandel ist hier definitiv ein wichtiger
Wirtschaftszweig. Unsere Gesetzeshüter fangen immer wieder Schiffsladungen voll Heroin und Kokain ab. Die Berichte darüber sind schon so zur Routine geworden, daß sie selten auf die Titelseiten kommen. Immer wieder finden auch
Strandspaziergänger Pakete mit Marihuana oder Kokain -
manchmal im Werte von Millionen. Sie werden ans Ufer
gespült, weil Schmuggler sie in Panik vor der nahenden Küstenwache über Bord geworfen haben. Wahrscheinlich wird nicht mal jeder Fund dieser Art der Polizei gemeldet. (»Liebling, wo stecken eigentlich die Kinder?«
- »Sie sind wieder am Strand.« - »Aber es regnet doch!«
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- »Ich weiß, aber irgendwas zieht sie da immer magisch
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