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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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gehalten wird. Doch meine Schwester ließ nicht locker, bis ich ihr gestand, was wir getan hatten. Die Fesseln lösten sich bereits, als Domaris allein in die dunkle Krypta hinabstieg und Leib und Leben einsetzte, um sie wieder zusammenzuschmieden…«
    »Das alles war mir bekannt«, erklärte Chedan leise. »Die Macht des Omphalos kann die zerstörerischen Kräfte, die vor langer Zeit mit diesem Ritual freigesetzt wurden, nur hemmen. Die Fesseln zerfallen zwar langsam, aber der Prozess geht weiter. Wir können nur hoffen, dass er zum Stillstand kommt, wenn Atlantis gefallen ist.«
    »Sagte Rajasta nicht immer«, unterbrach Micail streng, »nur ein Feigling gebe kampflos auf?«
    »Aber er sagte auch«, lächelte Deoris schmerzlich, »wer etwas zerbreche, habe die Pflicht, es wieder zu kitten oder zumindest die Scherben zusammenzufegen: Wir wollten das Böse nicht, aber durch unsere Entscheidungen wurde es freigesetzt - wir brachten den Stein ins Rollen, der uns nun zum Verderben wird.«
    Lange war es still. Die vier verharrten so regungslos wie der steinerne Fries über der Eingangstür.
    »Wir müssen bleiben, um ein letztes Ritual zu vollziehen.« Reio-ta sprach ohne Stocken, ein Zeichen für seine tiefe Ergriffenheit. »Wenn der Mann mit den Gekreuzten Händen seine Ketten zerreißt, müssen wir ihm entgegentreten, denn wir kennen ihn.«
    »Wir werden von Geist zu Geist zu ihm sprechen«, ergänzte Deoris mit leuchtenden Augen. »Jede Macht in der Welt hat ihren Sinn. Das Chaos, das Dyaus bringt, wird sein wie ein starker Wind, der das Laub von den Bäumen reißt und die Samen weit fort trägt. Ihr seid dazu geboren, diese Samen zu bewahren, meine Kinder - gesunde Äste des alterslosen Baums von Atlantis sollt ihr sein; befreit von allem, was morsch ist, sollt ihr Wurzeln schlagen in neuen Ländern. Vielleicht sieht der Schöpfer das ein und lässt sich beschwichtigen.«
    Ob es sich wirklich so verhielt? Im Augenblick konnte Tiriki nur daran denken, dass sie ihre Mutter an diesem Tag für alle Zeiten zum letzten Mal sah.
    Schluchzend trat sie auf Deoris zu und schloss sie in die Arme.

4. Kapitel
    Der lange Tag war für die Jahreszeit ungewöhnlich kühl gewesen, doch gegen Abend kam ein warmer Wind auf, und die Nacht war drückend heiß. Wer überhaupt zu schlafen versuchte, war bald in Schweiß gebadet und wälzte sich ruhelos auf dem Lager hin und her. Die Stadt, die tagsüber so still gewesen war, verfiel bei Nacht ins andere Extrem. Auf den Straßen und in den Parks herrschte reges Treiben. Es mochte überraschen, dass in den verlassenen Häusern und Geschäften kaum geplündert wurde. Die Menschen waren zwar auf der Suche, aber keiner wusste so recht, wonach; vielleicht hielten sie Ausschau nach einem kühleren Platz zum Schlafen, oder sie strebten nur jenen Zustand körperlicher Erschöpfung an, der allein einem überhitzten Gemüt den Frieden zu bringen vermag.
    Tiriki saß in ihren Räumen im obersten Stockwerk des Palastes und betrachtete ihren schlafenden Gemahl. Sie selbst fand keine Ruhe, obwohl es weit nach Mitternacht war. Sie waren lange aufgeblieben und hatten letzte Vorbereitungen für die Abreise am Morgen getroffen. Danach hatte sie Micail so lange vorgesungen, bis er endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen war. Allerdings hätte sie dann jemanden gebraucht, der sie in Schlaf gesungen hätte. Ihre Mutter hätte es vielleicht getan. Ob wohl auch sie wach lag und auf das Verhängnis wartete?
    Es ist nicht so wichtig… Sie sah sich um in dem Raum, wo sie so viele glückliche Stunden verbracht hatte. Zum Schlafen und zum Weinen habe ich noch mein ganzes Leben lang Zeit, dachte sie.
    Hinter den offenen Terrassentüren leuchtete der Nachthimmel rot wie Feuer, und davor zeichneten sich die Umrisse von Micails Federbäumchen ab. Sie hatte es aufgehoben und wieder eingepflanzt. Es war natürlich töricht, aber sie sah in diesem Pflänzchen ein Symbol für all die schönen und zerbrechlichen Dinge, die sie zurücklassen mussten. Einer jähen Eingebung folgend, stand sie auf, suchte einen Schal, wickelte ihn um den Topf und die zarten Äste und steckte das Bäumchen ganz oben in ihren Seesack. Es war wie eine Wette mit dem Schicksal. Wenn es ihr gelänge, dieses kleine Leben zu retten, wären die Götter vielleicht auch ihr und ihren Lieben gnädig.
    Bis auf das Licht vor dem Bildnis der Großen Mutter, das in einer Ecke des Schlafgemachs stand, waren alle Lampen erloschen, und dennoch war die

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