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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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meinte, der ihr ein gütiger Ziehvater gewesen war, sondern ihren leiblichen Vater. »Riveda«, murmelte sie, und der Name klang wie ein Fluch. »Aber du warst unschuldig. Er hat dich benutzt!«
    »Nicht nur«, sagte Deoris schlicht. »Ich… ich habe ihn geliebt.« Sie wandte sich ihrer Tochter zu und sah sie mit ihren Sturmaugen, die so schnell von Grau nach Blau wechseln konnten, durchdringend an. »Was weißt du von Riveda - oder vielmehr, was glaubst du zu wissen?«
    Tiriki verbarg ihr Stirnrunzeln hinter einer Blume. »Er war ein Heiler, dessen Schriften über die Heilkunst heute Grundlage unserer Ausbildung sind - obwohl er als ›Schwarzer Magier‹ hingerichtet wurde.« Sie senkte die Stimme. »Was sollte ich sonst noch wissen?« Mühsam rang sie sich ein Lächeln ab. »Soweit es mich betrifft, ist Reio-ta mein Vater und nicht er.«
    »O Tiriki, Tiriki.« Deoris schüttelte den Kopf, und ihre Augen waren voll von unausgesprochenen Gedanken.
    »Gewiss, Reio-ta ist der geborene Vater, und er macht seine Sache gut. Aber du hast nicht nur die Pflicht, den Mann zu ehren, der dich großgezogen hat, du musst auch der Stimme des Blutes folgen. Du musst begreifen, was Riveda wollte - und warum er stürzte.«
    Sie waren am Ende des Weges angelangt. Hinter dem Blütenvorhang lächelte in heiterer Ruhe die Göttin. Deoris blieb stehen und senkte den Kopf wie zum Gebet. Dann ließ sie sich so schwer auf der steinernen Gartenbank mit dem Zierband aus goldenen Schildkröten nieder, als hätten ihre Beine nicht mehr die Kraft, sie und das Gewicht ihrer Erinnerungen zu tragen.
    Tiriki grüßte die Macht, für die das Bildnis nur äußeres Zeichen war, lehnte sich gegen einen Olivenbaum, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete. Nicht der Großen Mutter galt ihre Aufmerksamkeit, sondern den Worten der Frau, die sie geboren hatte.
    »Ich habe niemals einen Menschen von seiner Verstandesschärfe kennen gelernt. Oder von seiner Willenskraft - Micails Vater Micon vielleicht ausgenommen. Domaris und ich, wir hätten uns niemals in gewöhnliche Männer verliebt«, fügte Deoris mit wehmütigem Lächeln hinzu. »Aber vor allem musst du einsehen lernen, dass Riveda kein Zerstörer war. In den grauen Gewändern seines Ordens mischen sich Schwarz und Weiß. Seine Studien und seine Tätigkeit als Heiler hatten ihm gezeigt, dass alles Leben sterben muss, wenn es nicht wächst und sich wandelt. Riveda wollte den Tempel stärken, deshalb stellte er seine Gesetze auf die Probe, um sie letztlich aus dem gleichen Grund zu brechen. Er war zu der Überzeugung gelangt, die Priesterschaft habe sich so in alten Dogmen festgefahren, dass sie selbst inmitten einer Katastrophe nicht mehr fähig sei, sich umzustellen.«
    »Das ist nicht wahr!«, wehrte Tiriki den Angriff auf die Traditionen und die Ausbildung, die ihr Leben geprägt hatten, entrüstet ab.
    »Ich hoffe aufrichtig, dass du Recht hast«, lächelte Deoris nachsichtig. »Du und Micail, ihr habt es in der Hand, das Gegenteil zu beweisen. Eine bessere Gelegenheit werdet ihr nicht bekommen. Wenn ihr ins Exil geht, werdet ihr vieles verlieren, was gut war, aber ihr könnt auch die alten Sünden hinter euch lassen.«
    »Das gilt auch für dich, Mutter! Du musst einfach mitkommen!«
    »Still«, bat Deoris. »Ich kann es nicht, und ich will es auch nicht.« Sie hielt kurz inne und fuhr dann eindringlich fort. »Riveda wurde nicht nur für seine eigenen Verbrechen abgeurteilt und hingerichtet, er büßte auch für vieles, was andere getan hatten - Angehörige des Schwarzen Ordens, die erst später gefasst und bestraft werden konnten. Riveda hatte die Bande nur gelockert; sie waren es, die sie zerrissen. Sie strebten nach Macht, Riveda aber strebte nach Wissen. Deshalb half ich ihm. Wenn also Riveda sein Schicksal verdient hat - dann ist meine Schuld nicht geringer.«
    »Mutter…«, begann Tiriki. Sie hatte immer noch nicht ganz verstanden.
    Deoris wechselte das Thema. »Gib meinen Platz deiner Schwester«, sagte sie mit fester Stimme. »Ich habe dafür gesorgt, dass Galara mit ihrem Gepäck gleich morgen Früh in deine Gemächer gebracht wird, du kannst sie also nicht so ohne weiteres fortschicken.«
    »Damit hatte ich ohnehin gerechnet«, erwiderte Tiriki ärgerlich.
    »Dann sind wir uns ja einig. Und jetzt«, Deoris stand auf, »ist es wohl an der Zeit, zu den Männern zurückzukehren. Falls Chedan und Micail Reio-ta zum Mitkommen überreden wollten, hatten sie wohl kaum mehr Glück als

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