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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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hob den Arm vor die Augen und schaute im Zwielicht auf das Zifferblatt seiner Armbanduhr. Dann schwang er sich aus dem Bett, warf sich den Bademantel über, ging barfuß ins Wohnzimmer und zog die Vorhänge auf. Kaltes, graues Novemberlicht fiel in den Raum, und Miller kniff die Augen zusammen. Schläfrig blickte er auf den Steindamm hinunter. Es war Sonntagvormittag und der Verkehr auf dem regennassen Asphalt nur schwach. Miller gähnte und ging in die Küche, um sich die erste Tasse Kaffee zu machen, der im Lauf des Tages noch viele andere folgen würden. Seine Mutter und Sigi hielten ihm vor, ausschließlich von Kaffee und Zigaretten zu leben.
    Während er in der Küche seinen Kaffee trank und die erste Zigarette rauchte, überlegte er, ob an diesem Tag irgendwelche unaufschiebbaren Dinge zu erledigen waren. Es fiel ihm nichts Wichtiges ein. Die Zeitungen und Illustrierten würden auf Tage oder gar Wochen nur an Kennedy-Berichten und Kennedy-Reportagen interessiert sein, und eine irgendwie interessante Story, hinter der er hätte herjagen müssen, gab es auch nicht. Im übrigen waren am Wochenende kaum Leute in den Redaktionen anzutreffen, und zu Hause ließen sie sich nur ungern stören. Er hatte kürzlich eine Serie über die Unterwanderung des Vergnügungsgewerbes auf St.   Pauli durch französische, österreichische und italienische Gangster und Zuhälter abgeschlossen, die gut angekommen, aber noch nicht bezahlt worden war. Einen Augenblick lang erwog er, ob er sich das Honorar abholen sollte, überlegte es sich dann jedoch anders. Sie würden schon rechtzeitig zahlen, und einstweilen hatte er noch genügend Geld. Der letzte Kontoauszug, der ihm vor drei Tagen zugeschickt worden war, besagte, daß er noch 5000 DM auf der Bank hatte. Damit konnte er eine Weile auskommen.
    »Das Schlimme mit dir, Freundchen«, sagte er zu seinem Spiegelbild, das ihm aus der von Sigi blitzblank geputzten Bratpfanne entgegensah, »ist nur, daß du faul bist.« Er ging zum Spülbecken und wusch seine Kaffeetasse mit dem Zeigefinger aus.
    Als er vor zehn Jahren die Schule mit dem Abitur verließ, hatte ihn ein Lehrer nach seinen Plänen gefragt.
    »Ich will ein reicher Nichtstuer werden«, hatte er geantwortet, und mit neunundzwanzig Jahren hielt er dieses Ziel, obschon er es nicht erreicht hatte und vermutlich auch niemals erreichen würde, noch immer für erstrebenswert.
    Er trug das Transistorradio ins Badezimmer, schloß die Tür, damit Sigi nicht aufwachte, und hörte die Nachrichten, während er duschte und sich rasierte. Die wichtigste Meldung besagte, daß man in Dallas inzwischen einen Verdächtigen festgenommen hatte. Die Nachrichten handelten fast nur von dem Attentat.
    Miller trocknete sich ab, ging in die Küche zurück und machte weiteren Kaffee, diesmal zwei Tassen. Er trug sie ins Schlafzimmer, stellte sie auf das Tischchen neben dem Bett, warf den Bademantel ab und schlüpfte nochmals unter die Decke, unter der nur Sigis Haarschopf hervorschaute.
    Sigi war als Schülerin eine glänzende Leichtathletin gewesen; sie hätte, so erzählte sie, alle Chancen gehabt, in die Olympiamannschaft zu kommen, wenn ihr Busen sich nicht in einer Weise entwickelt hätte, die sich beim Training als hinderlich erwies und eine gesicherte Unterbringung in einem Sportdreß nicht mehr gewährleistete. Sie machte Abitur, studierte und war dann zunächst Sportlehrerin an einer Hamburger Mädchenschule. Der Berufswechsel ein Jahr später hatte ebenso simple wie einleuchtende wirtschaftliche Gründe: Als Striptease-Tänzerin verdiente sie das Fünffache ihres Lehrerinnengehalts.
    Es machte ihr nichts aus, sich in Nachtklubs splitternackt auszuziehen, aber lüsterne Bemerkungen über ihren Körper waren ihr außerordentlich unangenehm, wenn sie von einem Gast gemacht wurden, den sie dabei sehen konnte.
    »Die Sache ist die«, hatte sie dem amüsierten Miller zu Beginn ihrer Bekanntschaft mit größter Ernsthaftigkeit klarzumachen versucht, »daß ich die Zuschauer nicht erkennen kann, wenn ich auf der Bühne im Scheinwerferlicht stehe, und deswegen macht es mir nichts aus. Ich glaube, ich würde sofort von der Bühne rennen, wenn ich sie sehen könnte.«
    Das hielt sie jedoch nicht davon ab, sich an einen der Tische im Zuschauerraum zu setzen, sobald sie wieder angezogen war, um sich von einem Gast zum Champagner einladen zu lassen. Ein anderes Getränk gab es nicht, und der Champagner wurde in halben oder ganzen Flaschen (meist in ganzen)

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