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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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die Hand aus.
    Ihr Gegenüber hob die Hand, schob den Anzugärmel zurück und deutete auf die Lederriemen, die um Unterarme und zur Hälfte um die Hände geschlungen waren. »Wundern Sie sich nicht über die Beschaffenheit meines Händedrucks.« Er griff nach Lokis Hand und schüttelte sie, anschließend streckte er sie Tim hin. »Das ist eine Schulkrankheit, diese Riemen.«
    »Natürlich.« Loki erwiderte das Lächeln. »Sie sind?«
    »Caestus Veden, Direktor der Schule.«
    Tim rieb sich die Hand, die ihm vom Direktor beinahe zerquetscht worden war und schielte auf die parkenden Autos hinüber. Ferrari, Porsche, Rolls Royce. »Sind Sie nicht sehr jung, um Direktor einer Schule zu sein?«, murrte er.
    Die grauen Augen und das Lächeln richteten sich auf Tim. »Ich denke, ich sehe jünger aus, als ich tatsächlich bin, Herr Jung.« Er lachte und zeigte schneeweiße Zähne. »Ein unbeabsichtigtes Wortspiel. Aber darf ich Ihnen jetzt Ihre Unterkunft zeigen, meine Herren? Sie wollen sich nach der langen Reise sicher erst einmal ausruhen.«
    Tim nickte. »Ja, das wäre-«
    »Eine Erfrischung genügt. Vielleicht ein Kaffee, bei dem wir uns unterhalten können?« Loki lächelte.
    Der Direktor zuckte die Schultern und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Sehr gerne. Kommen Sie mit.«
    Tim sah erneut zu den Nobelkarossen, dann folgte er Loki und dem Direktor. Sie gingen auf das Hauptgebäude zu und die Stufen hinauf. Im Inneren roch man sofort, dass es sich um eine Schule handelte. Modriger Staub, der sowohl von alten Möbeln wie auch von Unmengen an Büchern stammte, schlug ihnen entgegen. Über all dem schwebte der chemische Geruch frisch bedrucktem Papiers. Die Flure waren breit und lang, die Decken hoch und der Pomp genau so, wie ihn sich Tim für eine Eliteschule vorgestellt hatte. Überall prangten Bilder moderner Kunst an den Wänden – Farbkleckse und wahllos niedergestrichene Linien versuchten, das alte Gebäude in die Gegenwart zu holen. Selbst das riesige Schild, das im Eingangsbereich einen Überblick über die Räumlichkeiten gab, war bunt verziert.
    Veden führte sie in einen mit dickem Teppich ausstaffierten Raum, der mit Aktenschränken vollgestopft war und sich der Modernisierung im Eingangsbereich erfolgreich zur Wehr setzte. An einem großen Schreibtisch saß eine ältere Dame vor einem PC, sah über ihre Brille hinweg zu ihnen auf und nickte, als der Direktor drei Kaffee orderte. Auch sie sah nicht sehr zeitgemäß aus.
    Klassizismus, niederländische Kapitelle, Brillengläser handgeblasen. Sie steht sicher unter Denkmalschutz, dachte Tim mit einem unterdrückten Kichern.
    Durch eine weitere Tür gelangten sie ins Büro des Direktors. Sie ließen sich an seinem Schreibtisch nieder. Während Tim das lebensgroße Bildnis eines alten Mannes mit Monokel, Pluderärmeln und grauem Haar anstarrte und unter dem gemalten Blick schauderte, sah er aus den Augenwinkeln, wie Loki seinen Stuhl ein wenig verrückte und, ohne den Kopf dabei zu bewegen, den Blick schweifen ließ.
    »Sie sind ein direkter Nachfahre des Gründers der Schule, wie ich hörte?«, fragte Loki währenddessen.
    »So ist es. In direkter Linie.« Veden fing Tims Blick auf und deutete mit dem Kopf auf das Gemälde. »Gobinda Veden, besagter Gründer.«
    »Dachte ich mir«, sagte Tim.
    »Ihre Schule bildet nicht nur Outsider aus. Wie kommt es, dass Sie Menschen Zugang zu Ihrem Wissen gewähren?«
    Der Direktor lehnte sich im Sessel zurück. »Warum sollten wir Wissen zurückhalten?« Er lächelte. »Mein Vorfahre hat diese Schule gegründet, weil er in seiner Begabung etwas gesehen hat, das mehr ist als das, was die Vereinigung den Outsidern zuspricht.« Er sah zwischen Loki und Tim hin und her. »Darf ich fragen, ob Sie Outsider sind?«
    »Sind wir«, antwortete Loki, ehe Tim etwas sagen konnte.
    »Nun, dann werden Sie verstehen, was ich meine. Eine Fähigkeit zu haben, die ein einfacher Mensch nicht zur Verfügung hat, ist wahrlich ein Privileg. Es mag angeboren sein, wie es das bei den Outsidern ja nachweislich ist, aber es kann auch erlernt werden. Zumindest können die philosophischen und ethischen Grundsätze erlernt werden. Natürlich werden wir in einem Menschen keine Gabe herbeizaubern können, das ist klar, doch bestimmtes Wissen schadet keinem mit hohem Intellekt.«
    »Darauf kommt es an?« Tim nestelte wieder am Krawattenknoten herum. »Auf den Intellekt?«
    Veden lächelte. »Selbstverständlich. Sie wissen ja sicher, dass wir all

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