Furchtlos in High Heels
Kapitel 1
Ich sah zu, wie die dunkel gekleidete Gestalt durch den Wald schlich. Nebelschwaden waberten um ihre Füße, und der Vollmond am Himmel malte Schatten auf die wunderschönen maskulinen Züge. Das schwarze Haar lockte sich in der feuchten Nachtluft über den Ohren, während er seinem Opfer folgte. Die Frau wartete ahnungslos auf der anderen Seite der Lichtung. Sie war dunkelhaarig und stand mit dem Rücken zu ihm, den schlanken blassen Hals schutzlos der kühlen Nachtluft ausgesetzt.
Er sah sie. Dann lächelte er, entblößte ein Paar scharfer weißer Reißzähne hinter seinen vollen Lippen.
Ich schnappte nach Luft, zog die Knie bis an die Brust hoch.
Dann verfolgte ich schreckensstarr, wie er sich fast im selben Augenblick durch die Dunkelheit auf die Frau stürzte.
Ich hielt mir mit beiden Händen die Augen zu. „Ich kann mir das nicht anschauen. Er wird sie bestimmt beißen, oder?“
Dana neben mir seufzte.
Ich zog mir meine Kuscheldecke über den Kopf. „Sag mir Bescheid, wenn es vorbei ist.“ Ich vergrub mich unter den Kissen auf meiner Couch, auf der meine beste Freundin Dana und ich uns mit Schokolade überzogenes Popcorn zu heißem Kakao gönnten und dabei Moonlight sahen, den Blockbuster des vergangenen Sommers. Ich hatte alle Moonlight -Romane gelesen, aber mit dem Film gewartet, bis ich alle Bücher der Serie durch hatte. Was heute Morgen der Fall gewesen war. Und ich musste zugeben, das Warten hatte sich gelohnt. Die Schauspielerin, die Lilas Rolle bekommen hatte, war restlos überzeugend als der naive Teenager, der sich unvorsichtigerweise in einen Vampir aus der Gegend verliebt.
Dana setzte sich neben mir anders hin. „Himmel, ich hasse diese Stelle, Maddie“, beschwerte sie sich.
Ich spähte über den Rand meiner rosa Decke auf den Bildschirm. Lila sank ihrem Vampir und sehr bald schon Liebhaber Daniel in die Arme, während seine Lippen sanft ihren Hals streiften.
„Weißt du was? Ich glaube nicht, dass er sie wirklich beißt. Ich denke, es ist einfach nur ein Kuss“, bemerkte ich.
„Ja, und genau das ist das Problem dabei.“ Dana biss so fest auf ein mit Schoko-Popcorn, dass es knackte. Was ein sicheres Zeichen dafür war, dass sie aufgebracht war. Dana aß nie Schokolade. Niemals. Ihr Körper war ein Tempel, der mit einer Diät aus Weizengras, Tofu und Unmengen Fitnessübungen in Schuss gehalten wurde. Sie arbeitete als Aerobic-, Pilates- und CrossFit-Trainerin. Schokolade war für Dana das, was Knoblauch für Daniel und Lila war.
„Geht es?“, fragte ich.
„Alles super. Ich liebe es, dabei zuzusehen, wie mein Freund andere Frauen küsst“, lautete ihre sarkastische Antwort.
„Tut mir leid.“ Ich legte ihr eine Hand auf den Arm. „Aber du weißt schon, dass es nur ein Film ist. Sie spielen das bloß.“
Dana erwiderte darauf nichts, nahm sich nur eine weitere Handvoll Popcorn.
Während ich mich ganz dem Zauber der Fantasy-Welt von Moonlight überlassen konnte, war sie Danas Wirklichkeit. Das lag vor allem an der Tatsache, dass der Vampir, der gerade Lilas Hals liebkoste, in Wahrheit Rick Montgomery war, seit nunmehr zweieinhalb Jahren Danas Freund. Obwohl Ricky in Hollywood beileibe kein Unbekannter war, da seine Karriere als sexy junger Gärtner in der erfolgreichen TV Soap Magnolia Lane begonnen hatte, war „Daniel“ hier die größte Rolle, die er bislang an Land gezogen hatte. Das Moonlight -Phänomen hatte ihn über Nacht vom TV-Mädchenschwarm in die Reihen der Teenie-Idole katapultiert. Wovon Dana nicht wirklich begeistert war. Kritiker hatten nicht nur zahllose Male die unleugbare Chemie zwischen Daniel und Lila kommentiert – die übrigens von Ava Martinez verkörpert wurde, der neuen sinnlichen Schönheit in der jungen Hollywood-Elite – nein, das letzte Mal, als Dana mit Ricky bei Starbucks gewesen war, hatten nicht weniger als drei Frauen Ricky gebeten, ihnen ein Autogramm zu geben – und zwar auf den Busen!
Nicht, dass Dana irgendeinen Grund zur Sorge hätte, soweit ich es beurteilen konnte. Sie war schließlich selbst inzwischen Schauspielerin Schrägstrich Model Schrägstrich Repräsentantin von Lover Girl, einer Kosmetikfirma (ihr jüngster Job). Sie war blond und in puncto Oberweite bestens ausgestattet sowie vom Scheitel bis zur Sohle durchtrainiert. Kurz, wenn Barbie je ein Double bräuchte, wäre Dana die erste Wahl.
Aber ich vermute, auch Barbie würde wohl Probleme damit haben, wenn Ken ein anderes Mädchen knutschte.
„Ich
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