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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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wir eintreten, ehe ich Ihnen meine Kollegen vorstelle?«
    Der Mann verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere, ließ den Blick wieder schweifen. Schließlich besann er sich und trat zurück, ließ sie herein. Er führte sie durch einen weitläufigen Eingangsraum, von dem eine Treppenflucht nach oben und eine nach unten ging. Die nach unten war mit einem Kindergitter gesichert. Sie kamen in ein großes, helles Wohnzimmer, an das eine offene Küche grenzte. Am Esstisch saß seine Frau, ungekämmt und im Morgenmantel. Sie sah ebenso baff aus wie ihr Mann.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Herr Gerber mit einem knappen Blick zu seiner Frau. »Möchten Sie Kaffee?«
    Tim kam der Einladung als erster nach und ließ sich am Tisch nieder. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah der Frau zu, wie sie eilig aufstand und in die Küche lief. »Ich nehme gern einen«, sagte er.
    Auch Lünsmann und seine Leute setzten sich, nur Loki und Gerber blieben stehen.
    »Entschuldigen Sie mein Aussehen«, sagte Frau Gerber, während sie Tassen auf dem Tisch verteilte. »Ich habe nicht mit Besuch gerechnet.«
    »Ist etwas passiert?«, fragte ihr Mann und sah erneut von einem Augenpaar zum anderen. Auf Loki blieb sein Blick erneut liegen.
    »Lassen Sie mich erst der Etikette treu bleiben.« Loki deutete auf Lünsmann. »Das ist Herr Kommissar Lünsmann mit seinen Männern von der Mordkommission Kiel. Das ist Herr Jung, mein mir direkt unterstellter Kollege, wie ich vom Bundeskriminalamt.« Wieder das Lächeln. »Möchten Sie die verbliebenen freien Stühle nehmen, Frau Gerber, Herr Gerber? Ich bleibe gerne stehen, um Ihnen erklären zu können, weshalb wir alle hier sind.«
    Während sich ihr Mann setzte, schenkte Frau Gerber noch die letzte Tasse ein, stellte die Kanne ab und ließ sich neben ihrem Mann nieder. Beide waren bleich, sahen verunsichert aus.
    Tim schaufelte Zucker in seinen Kaffee und ließ sich von Lünsmann die Milch reichen. Er machte sich für einen langen Auftritt seines Cousins bereit. Loki liebte diese Darbietungen, zelebrierte sie regelrecht. So vulgär er während Einsätzen reden konnte, so geschwollen schwafelte er daher, sobald er Publikum hatte. Tim lehnte sich im Stuhl zurück und gähnte.
    Loki griff in seine Hosentasche und zog die Zigaretten heraus. Er schob sich eine zwischen die Lippen und warf den Gerbers einen knappen Blick zu. »Sie haben doch nichts dagegen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, zündete er sie an.
    »Miiieen Gott!«, entfuhr es Lünsmann. »Jetzt rücken Sie schon raus, Mann! Ich habe besseres zu tun als hier zu sitzen und Ihnen beim Rauchen zuzusehen!«
    Lokis Mundwinkel lächelten den Kommissar an. Er zog ein zerknittertes Blatt Papier aus der Hosentasche, faltete es auseinander und hielt es hoch. Tim erkannte die Kieler Landkarte mit den von Loki eingetragenen Punkten.
    »Das dürften Sie kennen, Lünsmann«, sagte Loki und wandte sich zu dem Ehepaar um. »Die Markierungen zeigen die Orte an, von denen in den letzten Wochen Menschen verschwunden sind. Wie Sie sehen können, habe ich einen ungefähren Ring um diese Markierungen gezogen, sodass ein etwas eiernder Kreis entsteht. Ihr Haus, liebe Gerbers, liegt hier.« Loki deutete mit der Zigarette darauf, zündete fast den Zettel an. Er steckte sie sich zwischen die Lippen und gab den Ausdruck an Lünsmann weiter.
    »Was soll ich damit?«, blaffte der Kommissar.
    »Für Ihre Unterlagen.« Loki sah sich um, sein Blick fand eine Zimmerpalme. Er ging hinüber und aschte in die Erde. »Man kann unschwer erkennen, dass Ihr Haus nicht in diesem Kreis liegt, liebe Gerbers. Diese Abweichung vom Ring war es, die mich stutzig gemacht hat. Von Anfang an vermutete ich, dass das Verschwinden Ihres Sohnes nicht im Zusammenhang mit den anderen Vermisstenanzeigen steht, allerdings fand ich eine undurchschaubare Sachlage vor, denn Kevin schien sich einfach in Luft aufgelöst zu haben. Herr Kommissar, wann hat man die erste Person als vermisst gemeldet?«
    Lünsmann sah mit gerunzelter Stirn zu Loki auf. »Vor fünf Wochen.«
    »Und Sie, liebe Gerbers, haben Ihr Kind vor siebzehn Tagen als vermisst gemeldet. Exakt zwei Tage, nachdem die Presse von den vermehrten Vermisstenanzeigen das erste Mal berichtet hat.« Loki zog an der Zigarette, sah dabei weiterhin das Ehepaar an.
    Tim schlürfte vom Kaffee. Jetzt wurde es doch interessant. Die Gerbers machten einen erbärmlichen Eindruck, saßen zusammengesunken auf ihren Stühlen und blickten mit

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