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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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war dunkel und sehr kurz geschnitten; die lange Version auf dem gestrigen Fax hatte ihm besser gefallen.
    »Erzählen Sie mir von Thomas Callahan«, sagte er.
    »Weshalb?«
    »Ich weiß nicht. Er ist ein Teil der Geschichte, oder etwa nicht?«
    »Doch. Ich erzähle Ihnen später von ihm.«
    »In Ordnung. Ihre Mutter lebt in Boise?«
    »Ja, aber sie weiß nichts. Wo ist Ihre Mutter?«
    »In Short Hills, New Jersey«, erwiderte er mit einem Lächeln. Er zerkaute einen Eiswürfel und wartete ab. Sie dachte nach.
    »Was gefällt Ihnen an New York?« fragte sie.
    »Der Flughafen. Es ist der schnellste Weg heraus.«
    »Thomas und ich waren im Sommer hier. Es ist heißer als New Orleans.«
    Plötzlich war sie, wie Grantham erkannte, nicht einfach eine reizvolle Studentin, sondern eine trauernde Witwe. Das arme Mädchen litt. Sie hatte keinen Gedanken an sein Haar oder seine Kleidung oder seine Augen verschwendet. Sie grämte sich, verdammt nochmal!
    »Das mit Thomas tut mir sehr leid«, sagte er. »Ich werde Sie nicht wieder nach ihm fragen.«
    Sie lächelte, sagte aber nichts.
    Jemand klopfte laut an. Darby riss die Füße vom Tisch und starrte auf die Tür. Dann holte sie tief Luft. Es war das Essen.
    »Ich hole es«, sagte Gray. »Kein Grund zur Aufregung.«
29
    J ahrhundertelang tobte, ohne dass sich jemand einmischte, ein stiller, aber gewaltiger Naturkampf an der Küste des Landes, das später Louisiana heißen sollte. Es war ein Kampf um Landgewinn. Erst in neuester Zeit waren Menschen an ihm beteiligt. Von Süden her drängte das Meer mit seinen Gezeiten und Stürmen und Überschwemmungen landeinwärts. Von Norden her trug der Mississippi einen unerschöpflichen Vorrat an Süßwasser und Sedimenten herbei und überspülte die Marschen mit der Erde, die sie zum Leben und Gedeihen brauchten. Das Salzwasser aus dem Golf ließ die Küste erodieren und verbrannte die Süßwassermarschen, indem es das Gras abtötete, das sie zusammenhielt. Der Ruß reagierte darauf, indem er den halben Kontinent entwässerte und seine Erde im unteren Louisiana ablud. Er baute aus seinen Sedimenten langsam eine lange Reihe von Deltas auf, von denen jedes schließlich den Weg des Flusses blockierte und ihn zwang, seinen Lauf abermals zu ändern. Die üppigen Feuchtgebiete wurden von den Deltas geschaffen.
    Es war ein grandioser Kampf des Gebens und Nehmens, ausschließlich von den Kräften der Natur gesteuert. Die von dem mächtigen Fluss ständig wieder aufgefüllten Deltas konnten sich nicht nur gegen den Golf beha upten, sondern dehnten sich sogar aus.
    Die Marschen waren ein Wunderwerk natürlicher Evolution. Mit Hilfe der nährstoffreichen Sedimente entwickelten sie sich zu einem grünen Paradies aus Zypressen und Eichen und dicht mit Pontederien und Binsen und Rohrkolben überwachsenen Flächen. Das Wasser wimmelte von Krabben, Garnelen, Austern, Schnapperfischen, Flundern, Makrelen, Brassen, Krebsen und Alligatoren. Die Küstenebene war das unangefochtene Revier der Tiere. Hunderte von Zugvogelarten suchten sie auf, um dort zu brüten.
    Die Feuchtgebiete waren riesig und grenzenlos, reich und üppig.
    Dann wurde in den dreißiger Jahren dort Öl entdeckt, und die Ausbeutung begann. Die Ölgesellschaften baggerten zehntausend Meilen Kanäle aus, um an die Reichtümer zu gelangen. Sie durchzogen das fragile Delta mit einer Unzahl von säuberlichen kleinen Gräben. Sie zerfetzten die Marschen in schmale Bänder.
    Sie bohrten, fanden Öl und baggerten wie die Wilden, um daran zu kommen. Ihre Kanäle waren ideale Wege für den Golf und sein Salzwasser, das die Marschen wegfraß.
    Seit Öl gefunden wurde, sind Zehntausende von Morgen Feuchtgebiet vom Meer verschlungen worden. Alljährlich verschwinden rund hundertfünfzig Quadratkilometer von Louisiana. Jede Viertelstunde geht ein weiterer Morgen verloren.
    1979 bohrte eine Ölgesellschaft ein tiefes Loch in Terrebonne Parish und stieß auf Öl. Es war ein Routinetag bei einer Anlage unter vielen, aber es war kein Routinefund. Da war eine Menge Öl. Sie bohrten hundert Meter entfernt ein weiteres Loch und landeten einen weiteren Volltreffer. Sie wichen eine Meile zurück, bohrten und fanden ein noch größeres Vorkommen. Drei Meilen entfernt stießen sie abermals auf Öl.
    Die Ölgesellschaft deckte die Bohrlöcher ab und überdachte die Situation. Es handelte sich ohne jeden Zweifel um ein bedeutendes neues Feld.
    Die Ölgesellschaft gehörte Victor Mattiece, einem Cajún aus Lafayette,

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