Die Akte
war.
Sie gab ihm das Wasser und setzte sich auf einen Stuhl neben der Tür.
»Danke«, sagte er.
»Haben Sie gegessen?«, fragte sie.
»Sie haben nicht gesagt, dass ich es tun sollte.«
Sie lachte leise. »Entschuldigung. Ich habe ziemlich viel durchgemacht. Wir können beim Zimmerservice bestellen.«
Er nickte und lächelte sie an. »Okay. Ich bin mit allem einverstanden, was Sie wollen.«
»Ich möchte einen großen Cheeseburger mit Pommes frites und ein kaltes Bier.«
»Hört sich gut an.«
Sie griff zum Telefon und bestellte. Grantham trat ans Fenster und betrachtete die auf der Fifth Avenue entlangschleichenden Lichter.
»Ich bin vierundzwanzig. Wie alt sind Sie?« Sie saß jetzt auf der Couch und trank Eiswasser.
Er ließ sich auf dem Stuhl nieder, der ihr am nächsten stand. »Achtunddreißig. Einmal verheiratet. Vor sieben Jahren und drei Monaten geschieden. Keine Kinder. Ich lebe allein mit einer Katze. Weshalb haben Sie sich für das St. Moritz entschieden?«
»Es waren Zimmer frei, und ich konnte sie davon überzeugen, dass es wichtig ist, dass ich bar bezahle und keinen Ausweis vorzeige. Gefällt es Ihnen?«
»Es ist in Ordnung. Scheint seine beste Zeit hinter sich zu haben.«
»Wir sind nicht hier, um Urlaub zu machen.«
»Es ist in Ordnung. Was meinen Sie - wie lange werden wir hier bleiben?«
Sie beobachtete ihn genau. Vor sechs Jahren hatte er ein Buch über Skandale im Wohnungsbau und bei der Stadtentwicklung geschrieben, und obwohl es sich nicht gut verkauft hatte, war es ihr doch gelungen, es in einer öffentlichen Bibliothek in New Orleans zu finden. Er sah sechs Jahre älter aus als auf dem Schutzumschlag-Foto, aber er alterte gut mit einem Anflug von Grau über den Ohren.
»Wie lange Sie bleiben, weiß ich nicht«, sagte sie. »Meine Pläne können sich von Minute zu Minute ändern. Es kann sein, dass ich auf der Straße ein Gesicht sehe und nach Neuseeland fliege.«
»Wann haben Sie New Orleans verlassen?«
»Montagabend. Ich bin mit einem Taxi nach Baton Rouge gefahren, und das wäre leicht zu verfolgen gewesen. Dann flog ich nach Chicago, wo ich vier Tickets zu vier verschiedenen Städten kaufte, einschließlich Boise, wo meine Mutter lebt. In die Maschine nach La Guardia bin ich erst im allerletzten Moment eingestiegen. Ich glaube nicht, dass mir jemand gefolgt ist.«
»Sie sind in Sicherheit.«
»Vielleicht im Augenblick. Man wird auf uns beide Jagd machen, sobald die Story erschienen ist. Sofern sie überhaupt erscheint.«
Grantham ließ sein Eis klirren und musterte sie. »Das hängt davon ab, was Sie mir erzählen. Und davon, wieviel davon aus anderen Quellen verifiziert werden kann.«
»Die Verifizierung ist Ihre Sache. Ich werde Ihnen erzählen, was ich weiß, und danach müssen Sie selbst sehen, wie Sie zurechtkommen.«
»Okay? Wann fangen wir an?«
»Nach dem Essen. Ich rede lieber mit vollem Magen. Sie sind doch nicht in Eile, oder?«
»Natürlich nicht. Ich habe die ganze Nacht Zeit und morgen den ganzen Tag und den nächsten und den übernächsten. Schließlich wollen Sie mir die tollste Story seit zwanzig Jahren erzählen, also rühre ich mich nicht von der Stelle, solange Sie mit mir reden.«
Darby lächelte und wandte den Blick ab. Vor genau einer Woche hatten sie und Callahan in der Bar im Mouton’s auf ihr Essen gewartet. Thomas hatte einen schwarzen Seidenblazer, ein Baumwollhemd, eine rote Paisley-Krawatte und eine Khakihose. Schuhe, aber keine Socken getragen. Das Hemd war aufgeknöpft und die Krawatte gelockert gewesen. Sie hatten sich über die Virgin Islands und Thanksgiving und Gavin Verheek unterhalten, während sie auf ihren Tisch warteten. Er trank rasch, und das war nicht ungewöhnlich. Später war er betrunken gewesen, und das hatte ihr das Leben gerettet.
In den letzten sieben Tagen hatte sie ein Jahr durchlebt, und jetzt unterhielt sie sich mit einem lebendigen Menschen, der nicht ihren Tod wollte. Sie schlug die Füße auf dem Couchtisch übereinander. Es war nicht unerfreulich, ihn bei sich im Zimmer zu haben. Sie entspannte sich. Sein Gesicht sagte: »Vertrau mir.« Und warum nicht? Wem sonst konnte sie vertrauen?
»Woran denken Sie?« fragte er.
»Es war eine lange Woche. Vor sieben Tagen war ich nur eine Jurastudentin, die wie eine Besessene schuftete, um an die Spitze zu kommen. Und sehen Sie mich jetzt an.«
Er sah sie an. Versuchte, gelassen zu wirken, nicht wie ein hingerissener Schuljunge, aber er sah sie an. Das Haar
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