Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
nicht neben ihn, sondern gegenüber; die Hände legte sie unter dem Tisch auf die Knie. Durch die offene Tür hörte Bloch in der Küche den Kühlschrank summen. Das Kind saß daneben und aß ein Brot. Die Pächterin schaute ihn an, als ob sie ihn zu lange nicht gesehen hätte. »Wir haben uns lange nicht gesehen!« sagte sie. Bloch erzählte ihr eine Geschichte, die seinen Aufenthalt hier betraf. Durch die Tür sah er, ziemlich weit weg, in der Küche das Mädchen sitzen. Die Pächterin legte die Hände auf den Tisch und drehte die Handflächen auf und zu. Die Kellnerin brachte das Getränk, das Bloch für sie bestellt hatte. Welche ›sie‹? In der inzwischen leeren Küche schütterte der Kühlschrank. Bloch betrachtete durch die Tür die Apfelschalen, die drinnen auf dem Küchentisch lagen. Unter dem Tisch stand eine Schüssel, die mit Äpfeln angehäuft war; ein paar Äpfel waren heruntergerollt und lagen hier und dort auf dem Boden. An einem Nagel im Türrahmen hing eine Arbeitshose. Die Pächterin hatte den Aschenbecher zwischen sich und ihn geschoben. Bloch stellte die Flasche beiseite,sie aber legte die Streichholzschachtel vor sich hin, stellte auch noch ihr Glas dazu. Endlich schob Bloch sein Glas und seine Flasche rechts daneben. Hertha lachte.
Das Kind war hereingekommen und lehnte hinter der Pächterin am Stuhl. Es wurde um Holz für die Küche geschickt, ließ aber die Scheite, als es mit der einen Hand die Tür aufmachte, fallen. Die Kellnerin sammelte das Holz auf und trug es in die Küche, während sich das Kind wieder im Rücken der Pächterin an den Stuhl lehnte. Bloch kam es vor, als könnten diese Vorgänge gegen ihn verwendet werden.
Jemand klopfte von außen gegen das Fenster, entfernte sich aber sofort wieder. Der Sohn des Gutsbesitzers, sagte die Pächterin. Dann gingen draußen Kinder vorbei, von denen eines schnell herankam, das Gesicht an die Scheibe drückte und wieder weglief. »Die Schule ist aus!« sagte sie. Darauf wurde es drinnen dunkler, weil draußen auf der Straße ein Möbelwagen hielt. »Da kommen meine Möbel!« sagte die Pächterin. Bloch war erleichtert, daß er aufstehen und helfen konnte, die Möbel hereinzuschaffen.
Beim Tragen ging die Tür des Schrankes auf. Bloch stieß sie mit dem Fuß wieder zu. Als der Schrank im Schlafzimmer abgestellt wurde, gingsie wieder auf. Einer der Träger übergab Bloch den Schlüssel, und er sperrte ab. Er sei aber nicht der Eigentümer, sagte Bloch. Allmählich, wenn er dann etwas sagte, kam er selber wieder darin vor. Die Pächterin lud ihn zum Essen ein. Bloch, der vorgehabt hatte, überhaupt bei ihr zu wohnen, lehnte ab. Er wollte aber am Abend zurückkommen. Hertha, die aus dem Raum heraus sprach, in dem die Möbel standen, antwortete ihm, als er schon am Hinausgehen war; jedenfalls war es ihm vorgekommen, als hätte er sie rufen hören. Er trat in die Wirtsstube zurück, aber er sah nur durch die überall offenen Türen die Kellnerin in der Küche am Herd stehen, während die Pächterin im Schlafzimmer Kleider in den Schrank verräumte und das Kind an einem Tisch in der Wirtsstube die Schulaufgaben machte. Beim Hinausgehen hatte er wohl das überkochende Wasser auf dem Herd mit einem Ruf verwechselt.
Es war unmöglich, in das Zollwachzimmer hineinzuschauen, obwohl das Fenster offen war; der Raum war von außen zu finster. Aber von innen mußte man Bloch gesehen haben; er merkte es daran, daß er selber den Atem anhielt, als er vorbeiging. War es möglich, daß sich niemand in dem Raum befand, obwohl das Fenster weit geöffnet war? Warum ›obwohl?‹ War es möglich, daß sichniemand in dem Raum befand, weil das Fenster weit geöffnet war? Bloch schaute zurück: sogar eine Bierflasche hatte man vom Fensterbrett entfernt, um ihm nachschauen zu können. Er hörte ein Geräusch, wie wenn eine Flasche unter ein Sofa rollte. Andrerseits war nicht zu erwarten, daß in dem Zollwachzimmer ein Sofa stand. Erst weiter weg wurde ihm klar, daß man in dem Raum ein Radio eingeschaltet hatte. Bloch ging in dem Bogen, den die Straße machte, zum Ort zurück. Einmal fing er erleichtert zu laufen an, so übersichtlich und einfach führte vor ihm die Straße in den Ort hinein.
Eine Zeitlang ging er zwischen den Häusern herum. In einem Café drückte er einige Platten, nachdem der Wirt den Musikautomaten eingeschaltet hatte; noch bevor alle Platten gespielt hatten, war er hinausgegangen; draußen hörte er, wie der Wirt den Stecker wieder
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