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Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Titel: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Handke
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ein Mißverständnis, sie müsse wohl vorhin, vom Ende des Gangs, von weitem den Autobusfahrer an der Stiege mit ihm verwechselt haben, so daß sie, in der Meinung, er sei schon hinuntergegangen, sein Zimmer betreten habe. Bloch, der in der offenen Tür stand, sagte, das habe er nicht gemeint. Sie hatte aber gerade den Wasserhahn aufgedreht, so daß sie ihn dann bat, den Satz zu wiederholen. Bloch antwortete darauf, in den Zimmern seien viel zu viele Schränke, Truhen und Kommoden. Das Mädchen erwiderte, ja, und dafür gebe es in dem Gasthof eben viel zu wenig Personal, wie die Verwechslung vorhin, die auf Übermüdung ihrerseits zurückzuführen sei, beweise. Das habe er mit der Bemerkung über die Schränke nicht sagen wollen, antwortete Bloch, man könne sich nur in den Zimmern nicht richtig bewegen. Das Mädchen fragte, was er damit meine. Bloch antwortete nicht. Sie deutete sein Schweigen, indem sie das schmutzige Handtuch zusammenknäulte, oder vielmehr faßte Bloch das Zusammenknäueln des Handtuchs alsErwiderung auf sein Schweigen auf. Sie ließ das Tuch in den Korb fallen; Bloch antwortete wieder nicht, was sie, wie er glaubte, veranlaßte, die Vorhänge aufzuziehen, so daß er schnell in den dunkleren Gang hinaustrat. »Das wollte ich damit nicht sagen!«rief das Mädchen. Sie ging ihm in den Gang nach, aber dann folgte ihr Bloch, während sie die Handtücher auf die restlichen Zimmer verteilte. In einem Knick des Gangs stießen sie auf einen Haufen von gebrauchten Bettüchern, die da auf dem Boden lagen. Als Bloch auswich, fiel dem Mädchen eine Seifenschachtel von dem Handtuchstapel. Ob sie auf dem Heimweg eine Taschenlampe brauche? fragte Bloch. Sie habe einen Freund, antwortete das Mädchen, das sich mit rotem Gesicht wieder aufrichtete. Ob es in dem Gasthof auch Zimmer mit doppelten Türen gebe? fragte Bloch. »Mein Freund ist ja Tischler«, antwortete das Mädchen. Er habe einen Film gesehen, in dem ein Hoteldieb zwischen doppelten Türen eingesperrt worden sei, sagte Bloch. »Aus unseren Zimmern ist noch nie etwas weggekommen!« sagte das Mädchen.
    Unten im Gastzimmer las er, daß neben der Kassiererin eine kleine amerikanische Münze gefunden worden sei, ein Fünf-Cent-Stück. Die Bekannten der Kassiererin hatten diese nie mit einemamerikanischen Soldaten gesehen; auch amerikanische Touristen waren zu dieser Zeit kaum im Land. Außerdem habe man Kritzeleien auf dem Rand einer Zeitung gefunden, wie man eben im Gespräch nebenbei was vor sich hinzeichne. Die Kritzeleien stammten offensichtlich nicht von der Kassiererin; es wurde untersucht, ob sie vielleicht über den Besucher etwas aussagen könnten.
    Der Wirt kam an den Tisch und legte Bloch den Meldezettel vor; er habe schon die ganze Zeit in Blochs Zimmer gelegen. Bloch füllte den Zettel aus. Der Wirt stand etwas weiter weg und schaute ihm zu. In dem Sägewerk draußen traf die Motorsäge gerade auf das Holz. Bloch hörte das Geräusch wie etwas Verbotenes.
    Statt nun folgerichtig mit dem Meldezettel hinter die Theke zu gehen, ging der Wirt damit in das Nebenzimmer und redete, wie Bloch sah, drinnen mit seiner Mutter; und statt dann, wie es die offengelassene Tür erwarten ließ, gleich wieder herauszukommen, sprach er immer weiter und machte schließlich die Tür sogar zu. An Stelle des Wirts kam darauf das alte Weib heraus. Der Wirt folgte ihr nicht, sondern blieb im Nebenraum und zog die Vorhänge weg, und statt darauf den Fernseher auszuschalten, schaltete er den Ventilator ein.
    Von der anderen Seite betrat jetzt das Mädchenmit dem Staubsauger das Gastzimmer. Bloch erwartete schon, sie wie selbstverständlich mit dem Gerät auf die Straße treten zu sehen; statt dessen schloß sie es an die Steckdose an und schob es darauf unter den Stühlen und Tischen hin und her. Als dann auch der Wirt die Vorhänge im Nebenraum wieder schloß, die Mutter des Wirts in den Raum zurückkehrte und schließlich der Wirt den Ventilator abschaltete, kam es Bloch vor, als renke sich alles wieder ein.
    Er erkundigte sich bei dem Wirt, ob in der Gegend viele Zeitungen gelesen würden. »Nur Wochenzeitungen und Illustrierte«, antwortete der Wirt. Bloch, der das schon im Hinausgehen gefragt hatte, klemmte sich, da er mit dem Ellbogen die Klinke niederdrückte, zwischen Klinke und Tür den Arm ein. »Das kommt davon!« rief das Mädchen hinter ihm her. Bloch hörte noch, wie der Wirt sie fragte, was sie damit meinte.
    Er schrieb ein paar Postkarten, warf sie aber

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