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Die Apfelprinzessin

Die Apfelprinzessin

Titel: Die Apfelprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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einer ihrer Zöpfe ins Gesicht flog.
    »Au!«, zischte ich – obwohl es, ehrlich gesagt, gar nicht wehgetan hatte.
    Vor der Musikstunde bin ich nicht gleich in den Musikraum von Mr. Charlevoix gegangen. Vorher sah ich mir vor der Tür die Liste an, in die man sich eintragen konnte. Es stand erst ein Name darauf, der von Dionne, natürlich in ihrer allerbesten Sonntagsschrift. Ich zog eine Grimasse, dann schrieb ich meinen Namen unter den von Dionne. Allerdings sah meine Handschrift nicht so gut aus wie ihre, längst nicht. Das große
L
hatte ich vermasselt. Erst wollte ich es auskratzen und neu versuchen, aber vermutlich hätte es das nur schlimmer gemacht, also ließ ich es, wie es war.

    In der Pause kam Dionne zu mir. Shayna, Georgina und ich sprangen gerade Seil.
    »Ich hab deinen Namen auf der Liste gesehen, Clara Lee«, sagte Dionne.
    Ich hüpfte weiter. »Jep.«
    »Ich find’s toll, dass du mitmachst.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Ich mach auch mit. Hast du gewusst, dass mein Ururgroßonkel einer der Gründerväter von Bramley war?«
    »Nein«, sagte ich. Jetzt sprang ich nicht mehr weiter.
    »Meine Mama findet, allein schon deswegen müsste ich automatisch Apfelprinzessin werden.« Dionne verdrehte die Augen, so als wollte sie sagen: Das ist doch total verrückt von meiner Mama, oder? »Bloß weil meine Familie diese Stadt mitgegründet hat und so.«
    »Toll«, sagte ich missmutig. »Vielleicht schaffst du’s dann ja auch.«
    »Hoffentlich. Ich meine, hoffentlich schaffst du’s.« Nach einer Pause redete sie weiter. »Hab ich dir schon erzählt, dass meine MamaApfelprinzessin war, als sie in die Grundschule ging? Meine Oma auch. Das liegt bei uns einfach in der Familie. Wir sind nun mal eine typisch amerikanische Familie – so amerikanisch wie Apple Pie. Wir sind vermutlich die älteste Familie von Bramley. Seit wann wohnt ihr eigentlich hier, Clara Lee?«
    »Ich weiß nicht genau«, sagte ich. Ich spürte, wie sich ein kleiner Kloß in meiner Kehle bildete.
    Shayna kam und legte den Arm um mich. »Dionne, wir wollen jetzt weiter Seil springen.«
    »Klar«, sagte Dionne. »Viel Glück, Clara Lee.«
    Als sie weg war, sagte Shayna: »Achte gar nicht auf sie, Clara Lee.«
    Und Georgina sagte: »Dionne Gregory meint immer, sie weiß alles, aber in Wirklichkeit hat sie von nichts eine Ahnung.«
    Shayna und Georgina drehten wieder das Seil, und ich sprang hinein. Aber ich war nicht mehr mit dem Herzen dabei. War meine Familie nicht auch typisch amerikanisch?So amerikanisch wie Apple Pie? Opa war vor langer Zeit aus Korea hergekommen, aber Mama und Papa sind beide schon in Amerika zur Welt gekommen, genau wie ich. Ich durfte doch genauso gut versuchen, Apfelprinzessin zu werden wie Dionne. Oder?

    Nachmittags im Bus setzte ich mich ans Fenster, obwohl ich den Platz am Gang eigentlich lieber mag, weil man von da aus mit mehr Leuten reden kann. Aber an diesem Tag war ich zu traurig, um mit den anderen zu reden. Ich fühlte mich ungefähr so elend wie ein Floh auf einem toten Hund. Wie konnte ich mit einem Mädchen mithalten, das die Ururgroßnichte eines der Gründer unserer Stadt war?
    Shayna klopfte mir aufmunternd auf die Schulter, aber mir war nicht nach Ablenkung zumute. Ich wollte einfach nur dasitzen und aus dem Fenster starren.
    Auf einmal sagte Max: »Hey, Shayna, magst du Plätze tauschen?«
    Shayna sah mich an und zuckte mit den Schultern. »Klar, warum nicht?« Sie stand auf, und Max setzte sich neben mich. Er kramte eine Weile in seinem Rucksack, dann hielt er mir einen Ingwerkeks hin, den ich mir natürlich sofort schnappte. Ich war vielleicht niedergeschlagen, aber so niedergeschlagen, dass ich mir einen Ingwerkeks entgehen ließ, auch wieder nicht.
    »Danke«, sagte ich und stopfte mir den ganzen Keks auf einmal in den Mund. Moment mal – Max hatte doch heute keine Kekse dabeigehabt, oder?
    »Gern geschehen«, sagte er. Er blickte einmal kurz über die Schulter nach hinten, dann schaute er nach rechts und links, bevor er leise fragte: »Clara Lee – willst du mein Valentinsschatz sein?«
    Obwohl ich den Mund noch voll hatte, fragte ich: »Wieso? Bis zum Valentinstag ist doch noch ganz lange hin.«
    »Das weiß ich«, sagte er ganz ernst. »Aberich will, dass du mit mir gehst. Du sollst an jedem Tag im Jahr mein Valentinsschatz sein, nicht nur am Valentinstag.«
    »Hm«, machte ich. »Hast du mir den Keks ins Fach gelegt?«
    »Klar. Und die Kette auch«, sagte Max und zeigte auf meinen Hals.
    Auf

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