Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel
Schriften wurde dieses Adjektiv zuerst von den Gnostikern angewandt. Sie behaupteten, »bibloi apokryphoi« (verborgene Bücher) zu besitzen. Nach gnostischer Lehre durfte kein Außenstehender Einblick in die »geheimen Bücher« nehmen. Ähnlich wie in den orientalischen Mysterienkulten sollten die Einge weihten aufgrund von Geheimwissen das Heil erlangen. Die Kirche lehnte die gnostischen apokryphen Bücher als Irrlehren ab. Von da ab übertrug sie den Begriff apokryph auf alle religiösen Schriften, die sie nicht zur Lesung in den Ge meinden zuließ. Nachträglich wurden dann auch die Bücher, die nicht ins AT aufgenommen worden waren, als apokryph bezeichnet.
Kanonisch und apokryph
Die Bücher des AT und NT, die öffentlich an den Kultstätten, seien es Tempel oder Kirchen, vorgelesen wurden, erhielten auch die Benennung kanonisch. So kann man umgekehrt sagen, daß alles, was nicht kanonisch ist, apokryph ist. Kanonisch ist das Adjektiv zu dem griechischen Wort Kanon. Es bedeutet Katalog oder Regel, Richtschnur. Kanonisch sind somit Schriften, die entsprechend dem zweifachen Sinn des griechischen Begriffs entweder in den Katalog der heiligen Schriften aufgenommen wurden oder als Leitfaden des Glaubens und der Sitten gelten konnten, da sie als von Gott inspiriert angesehen wurden.
Die Apokryphen zum Alten Testament
Die Meinung des heiligen Augustinus
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Der große Kirchenlehrer Augustinus gesteht den Apokryphen zu, daß sie auch manches Wahre enthielten. Aber da in ihnen insgesamt doch zu viele Irrtümer versammelt seien, besäßen sie kein kanonisches Ansehen. (De civitate Dei XV: In his autem apocryphis etsi invenitur aliqua veritas, tamen propter multa falsa nulla est canonica auctoritas.) Wie erfolgte nun im AT die Unterscheidung in kanonische und apokryphe Schriften? Die Kanonisierung der jüdischen Bibel geschah im wesentlichen in der Zeit zwischen 300 und 150 vor Christus. Wie schon erwähnt, läßt sich nicht klären, nach welchen Kriterien so manches Buch als apokryph verworfen wur de, obwohl es sich mit kanonischen Büchern durchaus messen konnte. Für die Katholiken wurde der biblische Kanon 1545 auf dem Konzil von Trient festgelegt. Er umfaßt 45 Bücher, also sechs Bücher mehr als der jüdische Kanon, der nur 39 Bücher anerkennt. Die sechs von der hebräischen Bibel verworfenen Bücher nennt die röm. -kath. Kirche deuterokanonisch, also »zweit«-kanonisch, da sie zum jüdischen Kanon noch hinzukommen: Tobias, Judit, Buch der Weisheit, Jesus Sirach (Ecclesiasticus), Baruch und das 1. und 2. Buch der Makkabäer.
Auch Hieronymus, der das AT aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzte (die berühmte Vulgata), neigte persönlich dem engeren jüdischen Kanon zu. Er hatte sich aber den Anordnungen des Papstes Damasus gefügt und die deuterokanonischen Bücher hinzugenommen, die auch in der sogenannten »Septuagin ta« (griechische Übersetzung der Bibel) standen. Luther ließ sich von der Einstellung des Hieronymus beeindrucken und verbannte die deuterokanonischen Sc hriften aus der Heiligen Schrift. Ebenso wie die Juden bezeichnen die Protestanten diese Bücher als Apokryphen. Die Apokryphen der Katholiken aber nennen sie Pseudoepigraphen, da fast alle der Verfasser unter einem Pseudonym schrieben. Inhaltlich sind die von katholischer Seite Apokryphen und von evangelischer Seite Pseudoepigraphen benannten Bücher identisch.
Die Entstehung der Apokryphen
Wie kam es zur Entstehung der alttestamentlichen Apokryphen? Um einen Ein blick in diese Frage zu gewinnen, muß man sich die Geschichte Israels in den fünf letzten vorchristlichen Jahrhunderten ansehen. In der Bibel finden wir nur sehr wenig Informationen aus dieser Zeit. Von 538 an, als die Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft heimkehren durften, bis zur Zerstörung des Tempels (70 n. Chr.) und der endgültigen Zerschlagung der jüdischen Nation unter Titus erfährt man nur wenig. Die letzten Propheten waren um 500 v. Chr.
Zacharias, Aggäus und Malachias. Aus dem Buch Esra-Nehemias erfahren wir die Ereignisse von etwa 400 vor unserer Zeitrechnung. Die beiden Makkabäerbücher erzählen von dem verzweifelten Kampf der Juden gegen den griechischen Götterkult im 2. Jh. v. Chr. Die jüngste Schrift des AT ist das Buch der Weisheit, das im 1. Jh. v. Chr. entstand und die Diasporajuden inmitten der griechischen Welt im Glauben stärken soll.
Sollte dies nun alles sein, was in Israel in sechs Jahrhunderte seiner Geschichte
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