Die Arche
ausgekleidete Andockbucht geschleppt,
die eigens für Seuchenschiffe gebaut und groß genug war,
um ein Lichtschiff aufzunehmen, wenn die Triebwerke demontiert waren.
Die Keramikwände waren dreißig Meter dick, und alle
technischen Geräte innerhalb der Bucht waren gegen die bekannten
Seuchenstämme eigens abgeschirmt. Sobald das Schiff festgemacht
hatte, wurde der Raum hermetisch abgedichtet. Skades handverlesenes
Untersuchungsteam wurde mit eingeschlossen. Da die Bucht nur die
allernötigsten Datenverbindungen zum Rest des Mutternestes
hatte, musste das Team in der Lage sein, auf den Kontakt zu der
Million anderer Synthetiker im Mutternest zu verzichten. Dank dieser
Bedingung bekam man nicht immer die psychisch stabilsten Agenten
– aber Skade durfte sich darüber nicht beklagen, war sie
doch selbst die größte Ausnahme überhaupt: ein
Synthetiker, der ganz allein tief in feindlichem Territorium
eingesetzt werden konnte.
Nun wurde die Bucht unter Argon mit zwei Atmosphären Druck
gesetzt. Das Eis wurde bis auf eine dünne Schicht vorsichtig
abgetragen. Der Rest schmolz über einen Zeitraum von sechs Tagen
ab. Sensoren umschwärmten das Schiff wie eine Schar Möwen
und untersuchten das Argon auf Spuren von Fremdmaterie. Doch bis auf
feine Splitter Rumpfmaterial wurde nichts Ungewöhnliches
entdeckt.
Skade ließ sich Zeit, traf alle nur erdenklichen
Vorsichtsmaßnahmen und wartete, so lange es irgend ging, bis
sie das Schiff direkt berührte. Zunächst schwirrte ein
ringförmiger Gravitationsscanner am Rumpf entlang, tastete die
Innenkonstruktion ab und zeigte die ersten verschwommenen
Einzelheiten. Vieles, was Skade auf den Bildern sah, deckte sich mit
dem, was sie nach den Plänen erwartet hatte, aber es gab auch
seltsame Gebilde, die hier nichts zu suchen hatten: längliche
schwarze Massen, die sich vielfach verzweigt durch das Schiffsinnere
schraubten und an Schussbahnen auf forensischen Bildern oder an die
Muster subatomarer Teilchen auf dem Weg durch die Nebelkammer
erinnerten. Wo immer diese schwarzen Gebilde die
Außenwände berührten, fand Skade eines der Nester aus
tief eingebetteten Würfeln.
Trotz alledem blieb im Schiff genügend Raum, dass Menschen
hätten überleben können, auch wenn alles darauf
hinwies, dass es kein Leben mehr gab. Mit Neutrino-Radar und
Gammastrahlenscannern konnte Skade zwar tiefer ins Innere vordringen,
aber die wichtigen Details waren noch immer nicht zu erkennen. So
leitete sie zögernd die nächste Phase der Untersuchung ein:
den physischen Kontakt. Sie befestigte Dutzende von
Presslufthämmern am Rumpf und klebte hunderte von Mikrofonen
dazwischen. Dann begannen die Hämmer gegen den Rumpf zu
schlagen. Das Argon leitete den Schall, so dass sie die Schläge
in ihrem Raumanzug hören konnte. Es klang, als wäre in
einer weit entfernten Gießerei ein Heer von Grobschmieden mit
Feuereifer an der Arbeit. Die Schallwellen durchdrangen das Schiff,
und die Mikrofone fingen die zurückgeworfenen Echos auf. Eines
von Skades älteren Neuralprogrammen entschlüsselte die in
den Ankunftszeiten verborgene Information und erstellte daraus ein
tomographisches Dichteprofil.
Ein Bild in gespenstischem Graugrün entstand, das keine
Widerspruche zu den bisherigen Erkenntnissen enthielt, ihr aber
verschiedene neue Einsichten vermittelte. Mehr konnte sie nicht mehr
in Erfahrung bringen, ohne sich selbst ins Innere zu begeben, aber
das erwies sich als nicht so einfach. Alle Luftschleusen waren von
innen mit Schweißpunkten aus flüssigem Metall verschlossen
worden. Während sie langsam und nervös mit Lasern und
Hyperdiamantbohrern diese Punkte durchschnitt, glaubte sie die Angst,
die Verzweiflung der Besatzung förmlich zu spüren. Als die
erste Schleuse offen war, schickte sie einen Erkundungstrupp aus
besonders widerstandsfähigen Servomaten hinein, Krebse mit
Keramikpanzern, die gerade so viel Intelligenz besaßen, wie
für diesen Auftrag nötig war. Die Servomaten leiteten
Bilder in ihren Kopf.
Skade war entsetzt.
Die Besatzung war brutal abgeschlachtet worden. Einen Teil der
Leute hatte man auseinander gerissen, zerquetscht, zerschnitten,
zertreten und zerfetzt. Andere waren verbrannt, erstickt oder
erfroren. Und es war kein schneller Tod gewesen. Skade fügte die
Eindrücke zu einem Szenarium zusammen: in verschiedenen Teilen
des Schiffs hatten heftige, ja verzweifelte Kämpfe
stattgefunden, die Mannschaft hatte sich vor den Eindringlingen
hinter notdürftigen Barrikaden
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