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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wenig gebeugt hatten.]
    Skade musste sich beherrschen, um nicht laut herauszulachen. ›Die Wahrheit gebeugt?‹ Für mich klingt das wie
eine faustdicke Lüge. Und wie wollt ihr sicherstellen, dass sich
Clavain an eure Geschichte hält?
    [Wieso glaubst du, dass Clavain Schwierigkeiten machen
könnte, Skade?]
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage. Soll das heißen, ihr
wollt auch ihm nichts davon erzählen?
    [Wir befinden uns im Krieg, Skade. Es gibt einen alten
Sinnspruch über die Wahrheit als erstes Opfer des Krieges, mit
dem wir dich jetzt nicht belästigen wollen, aber du begreifst
sicher, worum es geht. Clavain ist ein wichtiger Bestandteil unseres
taktischen Arsenals. Er denkt anders als der gewöhnliche
Synthetiker, mit ihm sind wir dem Feind immer einen Schritt voraus.
Er wird trauern wie alle anderen, sein Schmerz wird jäh und
heftig sein. Doch danach, wenn wir ihn am nötigsten brauchen,
wird er wieder der Alte sein. Ist das nicht besser, als ihm erst
über längere Zeit Hoffnungen zu machen, um ihm dann –
höchstwahrscheinlich – eine vernichtende Enttäuschung
zu bereiten?]
    Die Stimme schlug einen neuen Ton an, vielleicht spürte sie,
dass Skade noch nicht vollends überzeugt war. [Clavain ist
sehr emotional, Skade – mehr vielleicht als wir anderen. Er war
nicht mehr jung, als er zu uns kam, sein neurologisches Alter war
höher als bei allen anderen Neulingen, die wir jemals angeworben
hatten. Er ist noch fest in alten Denkstrukturen verhaftet. Das
dürfen wir niemals vergessen. Er ist so empfindlich wie eine
zarte Treibhauspflanze und muss pfleglich behandelt werden.]
    Aber ihn anzulügen, wenn es um Galiana geht…
    [Dazu muss es nicht unbedingt kommen. Wir greifen den
Ereignissen voraus. Zuerst müssen wir das Schiff untersuchen
– womöglich ist Galiana ja gar nicht an Bord.]
    Skade nickte. Das wäre das Beste, nicht wahr? Dann
wüssten wir, dass sie immer noch irgendwo da draußen
ist.
    [Gewiss. Trotzdem müssen wir herausfinden, was dem
dritten Schiff zugestoßen ist.]
    In den fünfundneunzig Jahren seit dem Ausbruch der
Schmelzseuche hatten die Synthetiker gelernt, mit ansteckenden
Krankheiten umzugehen. Als eine der letzten Menschheitsgruppierungen,
die noch in nennenswertem Umfang über Technologie aus der Zeit
vor der Seuche verfügten, nahmen sie es mit der Quarantäne
sehr ernst. In Friedenszeiten wäre es am einfachsten und
sichersten gewesen, das Schiff an Ort und Stelle zu
untersuchen, also im Weltraum am Rand des Systems. Doch jetzt liefe
man Gefahr, dabei die Aufmerksamkeit der Demarchisten zu erregen,
deshalb musste man im Verborgenen arbeiten. Das Mutternest hatte die
erforderlichen Einrichtungen für die Aufnahme verseuchter
Schiffe, deshalb war es das logischste Ziel.
    Dennoch galt es, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, und dazu
mussten gewisse Arbeiten im All erledigt werden. Zunächst
durchtrennten Servomaten mit Laserbrennern die Holme zu beiden Seiten
des konisch zulaufenden Lichtschiffrumpfs, an denen die Triebwerke
angebracht waren. Eine Triebwerksexplosion könnte das Mutternest
zerstören. Auch wenn sie so gut wie ausgeschlossen war, wollte
Skade kein Risiko eingehen, solange sie noch nicht wusste, was dem
Schiff zugestoßen war. Außerdem ließ sie mit
Schleppraketen große Stücke unsublimiertes schwarzes
Kometeneis heranschaffen. Die Servomaten klebten das Eis rasch, und
ohne jemals mit den Schiffswänden in direkte Berührung zu
kommen, auf den Rumpf, bis ein meterdicker Panzer entstanden war. Der
ohnehin schon dunkle Schiffskörper war jetzt schwärzer als
die Nacht.
    Anschließend umgab Skade den Rumpf mit Schleppraketen, die
sie mit Greifhaken im Eis verankerte. Beim Transport des Schiffs
hatte das Eis gewaltige Spannungen auszuhalten, deshalb waren tausend
Schlepper erforderlich, um zu verhindern, dass ein Teil des Panzers
brach. Es war ein herrlicher Anblick, als sie alle zündeten und
tausend winzige, eisig blaue Flammenpünktchen rings um den
schmalen schwarzen Schiffsrumpf nach außen schossen. Skade
hielt die Beschleunigung niedrig. Ihre Berechnungen waren so exakt
gewesen, dass sie beim letzten Anflug auf das Mutternest nur einen
einzigen kleinen Korrekturschub benötigte. Solche Schübe
wurden zeitlich stets so gelegt, dass sie genau in die Lücken in
der Sensorüberwachung fielen, von denen die Demarchisten
glaubten, sie seien den Synthetikern nicht bekannt.
    Im Innern des Mutternestes wurde der Rumpf in eine fünf
Kilometer breite, mit Keramik

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