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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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haben uns als Installateure oder Elektriker verkleidet und unsere Ausrüstung mitgebracht, in Servicefahrzeugen, um keinen Verdacht zu erregen. Sihem hat uns ihr Bankkonto zur Verfügung gestellt. Dorthin haben wir das Geld für unsere Zwecke überwiesen. Sie war die Anlaufstelle unserer Sektion in Tel Aviv …«
    »Und Nazareth …«
    »Ja, in Nazareth auch«, sagt er ohne erkennbare Bewegung in der Stimme.
    »Und wo in Nazareth habt ihr eure Versammlungen abgehalten ?«
    »Nirgendwo. Ich hab sie da nur getroffen, um mit ihr sammeln zu gehen. Wenn wir unsere Wohltäter alle durchhatten, hat Sihem sich darum gekümmert, das Geld nach Tel Aviv zu bringen .«
    »Und das ist alles ?«
    »Das ist alles .«
    »Wirklich …?«
    »Was meinst du … ?«
    »Wie war die Natur eurer Beziehungen ?«
    »Wir waren Verbündete im Krieg …«
    »Bloß Verbündete … Der gute Zweck heiligt ja viele Mittel .«
    Adel kratzt sich am Scheitel. Unmöglich zu erkennen, ob er verblüfft oder wachsam ist. Das Licht hinter ihm verbirgt seinen Gesichtsausdruck.
    »Abbas ist nicht dieser Meinung«, sage ich ihm.
    »Wer ist das ?«
    »Der Onkel von Sihem. Der, der dir den Schädel mit der Spitzhacke spalten wollte, in Kafr Kanna.«
    »Ach, der Bekloppte.«
    »Der ist ganz klar im Kopf. Er weiß sehr genau, was er tut und was er sagt … Er hat euch zusammen gesehen, wie ihr euch in Nazareth die Wände entlanggedrückt habt .«
    »Ja, und weiter?«
    »Er behauptet, es gäbe da Anzeichen, die nicht trügen .«
    In exakt diesem Moment sind mir der Krieg, der gute Zweck, Himmel und Erde, die Märtyrer und ihre Monumente völlig egal. Ein Wunder, dass ich überhaupt noch aufrecht stehe. Mein Herz klopft wie aberwitzig in meiner Brust; meine Eingeweide treiben im ätzenden Saft ihrer eigenen Zersetzung. Meine Worte eilen meinen Ängsten voraus, sprudeln aus mir hervor wie feurige Funken. Ich habe Angst vor jedem Wort, das mir entwischt, Angst davor, dass eines wie ein Bumerang zurückkommen könnte, mit einer Wucht, die mich auf der Stelle vernichten würde. Doch das Bedürfnis, mir endlich Klarheit zu verschaffen, ist stärker als alles andere. Man könnte meinen, ich spiele Russisches Roulette und mein Schicksal sei mir gleichgültig, denn der Moment der Wahrheit wird ein für alle Mal über uns entscheiden. Es ist mir plötzlich egal, seit wann genau Sihem dem selbstmörderischen Fanatismus verfallen ist oder ob mich irgendeine Mitschuld trifft. Das alles ist in den Hintergrund gerückt. Was ich in erster Linie wissen will, was für mich mehr zählt als alles auf der Welt, ist die Frage, ob mich Sihem betrogen hat.
    Adel begreift endlich, worauf ich hinauswill. Vor Empörung verschlägt es ihm die Sprache.
    »Was soll das denn heißen ?« , bricht es schließlich aus ihm hervor. »Nein, das ist doch nicht möglich. Wie kommt man denn auf so eine …? Willst du etwa andeuten, dass …? Das darf doch nicht wahr sein! Wie kannst du es nur wagen ?«
    »Sie hat mir ja auch ihre Pläne verheimlicht .«
    »Das ist doch nicht dasselbe .«
    »Das ist dasselbe. Wer lügt, der betrügt .«
    »Sie hat dich nicht belogen. Ich verbiete dir …«
    »Du wagst es, mir etwas zu verbieten … ?«
    »Ja, ich verbiete es dir !« , brüllt er und geht hoch wie eine Sprungfeder. »Ich erlaube dir nicht, ihr Andenken zu beflecken. Sihem war eine gottesfürchtige Frau. Und man kann seinen Mann nicht betrügen, ohne den Herrgott zu beleidigen. Das ergibt doch keinen Sinn. Wer beschlossen hat, sein Leben für Gott hinzugeben, der hat allen irdischen Freuden entsagt, und zwar ausnahmslos. Sihem war eine Heilige. Ein Engel. Ich wäre schon verdammt gewesen, hätte ich sie nur eine einzige Sekunde zu lange angeschaut .«
    Und ich glaube ihm, mein Gott, ich glaube ihm! Seine Worte retten mich vor meinen Zweifeln, meinem Leiden, vor mir selbst; ich schlürfe sie auf, trinke sie bis zur Neige. Die schwarzen Wolkenstreifen an meinem Himmel lösen sich schwindelerregend schnell in nichts auf. Ein frischer Luftstrom durchflutet mich, verjagt den Muff, der mich innerlich verpestete, verleiht meinem Innern neuen Schwung und Lebenskraft. Mein Gott, ich bin gerettet; jetzt, da ich das Heil der Menschheit auf das meiner unendlich winzigen Person reduziere, da meine Ehre intakt ist, verliere ich meinen Kummer und meine Wut und bin beinahe versucht, alles zu vergeben. Meine Augen füllen sich mit Tränen, aber ich lasse nicht zu, dass sie mir diese mögliche Aussöhnung mit mir selbst

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