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Die Augen der Ueberwelt

Die Augen der Ueberwelt

Titel: Die Augen der Ueberwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Kinn vor. Ein solches Benehmen durfte er nicht dulden! Sobald Marlinka erst hier war, würde er ein ernstes Wort mit ihr reden müssen!
    Die Sonne erreichte den Mittag. Das Seil des Flaschenzugs erzitterte. Cugel beugte sich über die Brüstung und sah, daß sein Mahl in einem Korb hochgeschickt wurde. Erwartungsvoll klatschte er in die Hände, doch als er das Tuch vom Korb nahm, stellte er fest, daß er nichts anderes als einen halben Laib Brot, ein Stück zähen Braten und eine Flasche mit offensichtlich gepantschtem Wein enthielt. Entrüstet starrte er auf dieses armselige Mahl und beschloß, vom Turm hinunterzusteigen und die Sache zu regeln. Er räusperte sich und rief hinab, man solle ihm die Leiter emporschicken. Niemand schien ihn zu hören. Er rief lauter. Ein paar Leute schauten gleichmütig hoch und gingen weiter. Wütend zerrte Cugel am Seil und zog es über die Rolle, doch weder das schwere Halteseil noch die Strickleiter erschienen. Das leichte Seil war eine endlose Schlinge, die sichtlich nicht mehr als das Gewicht eines Essenkorbs tragen konnte.
    Nachdenklich setzte sich Cugel und ließ sich seine Lage durch den Kopf gehen. Dann richtete er erneut das Fernglas auf den Hauptplatz, um nach dem Hetman Ausschau zu halten, der ihm vermutlich als einziger helfen konnte.
    Am Spätnachmittag, als Cugel zufällig gerade die Tür einer Schenke im Blickfeld hatte, sah er den Hetman, der offenbar dem Wein im Übermaß zugesprochen hatte, heraustorkeln. Gebieterisch rief Cugel ihm zu. Der Hetman blieb taumelnd stehen, hielt Ausschau nach der Stimme, schüttelte verwirrt den Kopf und schwankte weiter.
     
    Die Sonne fiel schräg über den Vullsee und verwandelte die Strudel zu weinroten und schwarzen Spindeln. Cugels Abendessen kam hoch: eine Schüssel mit gedünstetem Lauch und eine zweite mit Haferbrei. Er kostete beides lustlos, dann trat er an die Brüstung. »Schickt die Leiter hoch!« brüllte er. »Dunkelheit senkt sich herab! In Ermangelung von Licht ist es sinnlos, nach Magnatz oder sonst jemandem Ausschau zu halten!«
    Auch diesmal achtete niemand auf ihn. Firx schien sich plötzlich der Lage klar zu werden und zwickte heftig in Cugels Leber.
    Cugel verbrachte eine unruhige Nacht. Als fröhliche Zecher die Schenke verließen, tat er ihnen seinen Notlage kund, aber genausogut hätte er in den Wind schreien können.
    Die Sonne ging über den Bergen auf. Cugels Frühstück war reichlich und nicht unschmackhaft, doch keineswegs von der Güte, die Hylam Wiskode ihm zugesichert hatte – Wiskode, dieser doppelzüngige Halunke! Rasend vor Wut brüllte Cugel Befehle hinunter. Doch auch jetzt schenkte niemand ihm Beachtung. Er holte tief Luft. Es schien, daß ihm nur seine Findigkeit helfen konnte. Und wurde er nicht aus gutem Grund Cugel, der Schlaue, genannt? Er erwog verschiedene Möglichkeiten, den Turm hinabzugelangen.
    Das Seil, das seine Mahlzeiten heraufbrachte, war nicht stark genug, ihn zu tragen. Doppelt und dreifach genommen mochte es sein Gewicht vielleicht aushalten, würde jedoch bei weitem nicht mehr bis zum Boden reichen. Verlängerte er es mit seinen in Streifen geschnittenen Kleidern und Lederbändern, gewann er höchstens zwanzig Fuß und würde mitten in der Luft baumeln. Die Stielsäule des kleinen Kuppelhauses bot keinen Halt für Hände und Füße. Zwar könnte er mit dem richtigen Werkzeug im Lauf der Zeit Stufen in die Säule schlagen oder sie Stück um Stück verkürzen, bis sie niedrig genug war, einen Sprung hinterzuwagen ... Aber dazu brauchte man ein Lebensalter und mehr. Verzweifelt ließ er sich auf die Polster fallen. Ihm war nun alles klar. Man hatte ihn hereingelegt! Er war ein Gefangener! Wie lange war sein Vorgänger hier Wächter gewesen? Sechzig Jahre? Das waren keineswegs erfreuliche Aussichten!
    Firx, der in dieser Beziehung einer Meinung mit ihm war, zwickte und zwackte seine Leber und erhöhte so Cugels Qual noch.
    So vergingen Tage und Nächte. Cugel grübelte lange und voll finsterer Rachegedanken über seine Lage und die verabscheuungswürdigen Bürger von Vull. Hin und wieder dachte er daran, den großen Gong zu schlagen, wozu sein Vorgänger sich getrieben gesehen hatte – aber wenn er sich an die Strafe erinnerte, nahm er davon Abstand.
    Allmählich wurde ihm jede Einzelheit der Stadt, des Sees und der Umgebung vertraut. Am Morgen bedeckte den See dichter Nebel, den am Vormittag der Wind vertrieb. Die Strudel sogen und tosten und griffen dahin und dorthin. Die

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