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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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entgangen«, versicherte ihm Cugel. »Doch habe ich einen Schwur der Enthaltsamkeit geleistet.«
    »Bedauernswerter!« rief der Älteste. »Die Prinzessinnen von Smolod sind unvergleichlich. Und seht – da ist noch eine, die Euer Auge sucht.«
    »Gewiß seid Ihr es, den sie meint«, entgegnete Cugel. Der Älteste stand auf, um sich mit dieser jungen Frau zu unterhalten, die in einem schifförmigen, von sechs Schwanenbeinen getragenen Wagen auf einem rosa gepolsterten Daunendiwan lag. Wahrlich, sie war von einer Schönheit, die Cugel sein allzu gutes Gedächtnis verdammen ließ. Bei jeder Prinzessin erinnerte er sich sogleich an ungepflegtes, stumpfes Haar, an Warzen, schlaffe Unterlippen, Hängebacken und fettige Falten. Diese Prinzessin war ein wahrgewordener Traum: zierlich und anmutig, mit glatter pfirsichfarbener Haut, niedlichem Näschen, klaren, nachdenklichen Augen und sanftgeschwungenen Lippen. Auch ihr Gesichtsausdruck überraschte Cugel: Er verriet und verbarg zugleich viel mehr als der aller anderen Prinzessinnen. Er war schwermütig und doch feurig, eigenwillig und unzufrieden.
    Da stiefelte Bubach Angh auf den Platz, gekleidet wie ein Feldherr in Harnisch und Helm und mit einem Schwert bewaffnet. Der Älteste ging ihm entgegen, und zu seinem Unbehagen winkte nun die Prinzessin Cugel zu sich.
    Zögernd schritt er zu ihr. »Habt Ihr mich gerufen, Prinzessin?« erkundigte er sich.
    Sie nickte. »Eure Anwesenheit in diesem nördlichen Land erregt mein Interesse«, erwiderte sie mit wohlklingender, weicher Stimme.
    »Ein Auftrag führte mich her. Ich werde nur eine kurze Weile in Smolod bleiben, dann muß ich in den Südosten zurückkehren.«
    »Oh«, sagte die Prinzessin. »Welcher Art ist Euer Auftrag?«
    »Um ehrlich zu sein, die Bosheit eines Zauberers brachte mich hierher, keineswegs eigenes Verlangen.«
    Die Prinzessin lachte sanft. »Selten nur sehe ich Fremde, so sehne ich mich nach neuen Gesichtern und neuen Gesprächen. Vielleicht besucht Ihr mich einmal in meinem Palast, dann unterhalten wir uns über Magie und die seltsamen Umstände, unter denen die sterbende Erde leidet.«
    Cugel verbeugte sich steif. »Eure Einladung ehrt mich, doch müßt Ihr Euch andere Gesellschaft suchen. Ich bin durch einen Schwur der Enthaltsamkeit gebunden. Zähmt Euren Groll, er betrifft nicht nur Euch, sondern auch Udela Narshag dort, Zokoxa und Ilviu Lasmal.«
    Die Prinzessin hob die Brauen, dann streckte sie sich wieder auf ihrem Daunendiwan aus. Sie lächelte leicht. »O wirklich? Was seid Ihr bloß für ein strenger, unerbittlicher Mann, Euch so vieler für Euch entbrannter Frauen zu entziehen.«
    »So ist, und so muß es sein.« Cugel drehte sich um und sah sich dem Ältesten gegenüber, dem Bubach Angh folgte.
    »Wir befinden uns in einer schlimmen Lage«, erklärte der Älteste Cugel besorgten Tones. »Bubach Angh spricht für das Dorf Grodz. Es wird uns nicht mehr mit Nahrungsmitteln versorgen, ehe nicht der Gerechtigkeit Genüge getan ist. Und damit meinen sie, daß Ihr Eure Kuppe Bubach Angh übergebt und Euch selbst einem Rechtsausschuß stellt, der in jenem Parkland wartet.«
    Cugel lachte unsicher. »Welch verdrehte Ansichten! Ihr habt ihnen natürlich gesagt, daß wir von Smolod eher Gras essen und die Kuppen vernichten, ehe wir auf solch verabscheuungswürdige Bedingungen eingehen?«
    »Ich versuchte, Zeit zu gewinnen«, erwiderte der Älteste. »Die anderen von Smolod sind, wie ich sie kenne, sicher für ein nachgiebigeres Verhandeln.«
    Es bestand kaum ein Zweifel, was das bedeutete, und Firx begann sich gereizt zu rühren. Um die Lage nüchtern abschätzen zu können, schob Cugel die Klappe auf sein anderes Auge. Gewisse Bürger von Grodz warteten mit Sicheln, Hauen und Dreschflegeln bewaffnet etwa hundertfünfzig Fuß entfernt. Offenbar war das der Rechtsausschuß, von dem Bubach Angh gesprochen hatte. An einer Seite davon standen die armseligen Hütten von Smolod, auf der anderen befand sich der schreitende Schiffswagen der Prinzessin ... Cugel riß erstaunt die Augen auf. Der Schiffswagen auf seinen sechs Schwanenbeinen war wie zuvor, und auf dem rosa Daunendiwan saß die Prinzessin, die – wenn das überhaupt möglich sein konnte – jetzt noch schöner war. Doch nun lächelte sie nicht. Ihre Miene war kühl und unbewegt. Cugel holte tief Luft und rannte, was er konnte. Bubach Angh befahl ihm stehenzubleiben, aber Cugel dachte gar nicht daran zu gehorchen. Durch das Ödland rannte er, und der

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