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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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daß du darüber gelogen hast, ich hätte versucht, Großvater zu verführen, und daß du versucht hast, ihn und die Überarbeitungen der Orthographie zu deinen eigenen, selbstsüchtigen und politischen Zwecken zu mißbrauchen.«
    »Du bist verrückt!« rief er aus, und seine Stimme wurde schrill. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen schweifen, die Augen weitaufgerissen, das Gesicht glänzend von Schweiß, sein Atem beinahe keuchend. Er lachte abermals. »Sie ist verrückt!« erklärteer Sophi, Morag und Ricky. Er drehte sich wieder um und sah zu Salvador, der seinen Enkel jetzt anschaute. »Sie ist verrückt! Sie ist völlig übergeschnappt, sage ich dir! Hörst du denn nicht, was sie verlangt? Ich meine, hast du ihr mal richtig zugehört?«
    »Leugnest du irgendeine der Anschuldigungen?« fragte Salvador mit eisiger Stimme.
    »Alle!« brüllte Allan; er wirbelte auf dem Absatz herum und blitzte mich wütend an.
    Ich drehte mich betont langsam zu Morag um, die neben mir stand. Sie starrte Allan grimmig an, die Arme verschränkt. Allan blickte von Morag zu mir und dann wieder zu Morag. Er blinzelte nervös.
    »Großvater, vielleicht möchtest du meinen Bruder um den Schlüssel zu seinem Schreibtisch im Büro bitten«, schlug ich vor. »Das letzte Mal, als ich ihn sah, hing er an einer Kette um seinen Hals.«
    »Nun, Allan?« sagte Großvater.
    Allan drehte sich abermals zu unserem Großvater um. »Hör zu«, sagte er und holte tief Luft. Er stieß ein kurzes, nervöses Lachen aus. »Hör zu, also gut; ich habe ein Telefon. Ja, ich meine, was soll’s? Das ist doch nun wirklich keine große Sache. Ich habe es zum Wohle aller benutzt. Zum Wohle aller. Außerdem ist es für Notfälle gedacht… Und ja, zugegeben, es könnte da das eine oder andere Mißverständnis mit Morags Briefen gegeben haben, aber, Opa – «
    Ich marschierte quer durch den Raum auf ihn zu.
    Er muß mich kommen gehört haben; er drehte sich um, und mein Unterarm krachte gegen seine Brust, als ich seine Robe mit den Fäusten packte; mein Schwung trieb ihn zwei taumelnde Schritte rückwärts, bis seine Schulter gegen die Tür der Bibliothek prallte, direkt neben Großvaters Sessel. Ich starrte ihm wütend ins Gesicht; seine Augen waren weit aufgerissen, sein Atem ging stoßweise und schlug mir ins Gesicht.
    Ich preßte gegen seine Brust, und mein ganzer Leib bebte vor Zorn.
    »Hör zu, Bruder«, zischte ich und packte seine Robe noch fester. Ich schüttelte ihn. »Ich glaube nicht, daß du deine Lage wirklich begriffen hast. Ich weiß, was du getan hast, ich weiß über deine Pläne Bescheid, und jetzt weiß Großvater es auch. Alles, was ich hier tue, und alles, was ich hier sage, geschieht mit Großvaters Segen. Alles. Ist es nicht so, Großvater?« sagte ich, ohne ihn anzuschauen.
    Ich sah, wie Allans Augen sich von meinem Blick losrissen und flehend nach unten zu Großvater starrten.
    »Ja, so ist es, Isis«, erklärte Großvater mit leiser Stimme.
    Allans Blick schwenkte zu mir zurück. Ich konnte jetzt Schweißperlen auf seiner Oberlippe erkennen. Seine Augen waren sehr weit aufgerissen.
    »Begreifst du langsam, großer Bruder?« fragte ich. »Entweder, du tust alles, was ich sage, oder es ist aus für dich; es gibt keine Verhandlungen, keine Gespräche, keine Kompromisse, keinen Handel. Du tust einfach genau das, was ich sage, genau das, was Großvater sagt, oder du bist draußen!« Ich stieß ihn rückwärts gegen die Tür, so daß sein Kopf gegen das Holz schlug. »Verstanden?« Ich schüttelte ihn abermals. Ich glaube, ich habe versucht, ihn hochzuheben, aber er war zu schwer für mich. Es lag nur an meinem Zorn und seiner Verblüffung, daß ich ihn überhaupt dort festhalten konnte.
    Er starrte mir in die Augen. Sein Gesicht war bleich. Sein Atem roch nach Pfefferminz. Er schluckte. Ich spürte, wie er nach meinen Händen langte, um seine Robe aus meinem Griff zu befreien. »He, Is«, sagte er, die Stimme leise und zitternd. »Komm schon, übertreibst du nicht ein bißchen? Ich meine – «
    »Du Dreckskerl!« fauchte ich, und mein Zorn loderte in mir wie ein explodierender Stern. »Du hast versucht, mein Leben hier zu zerstören; du willst alles korrumpieren, für das diese Gemeinde steht, und du hast jeden einzelnen von uns belogen, alles nur um deiner eigenen, miesen Zwecke willen, und du denkst, ich würde das als einen Witz betrachten?«
    Ich ließ mit einer Hand los, aber nur, um mit der anderen Faust seine Robe

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