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Mein Wahlkampf (German Edition)

Mein Wahlkampf (German Edition)

Titel: Mein Wahlkampf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Maria Schmitt
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    Die Show
    Wie man bei Günther Jauch für Stimmung und Stimmen sorgt
Deutschland, ein paar Wochen vor der Bundestagswahl, Sonntagabend, Viertel vor zehn. Günther Jauch begrüßt die Zuschauer seiner wöchentlichen ARD-Talkshow. Stolz teilt er mit, wen er heute alles in der Sendung hat: nicht nur Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch Möchtegern-Kanzler Peer Steinbrück. Dazu Gregor Gysi von der Linken, Katrin Göring-Eckardt von den Grünen und das FDP-Maskottchen Rainer Brüderle. Und dann noch: mich! Persönlich! Ich kann es kaum fassen, dass ich tatsächlich dabei bin. Hinter der Studiokulisse schaue ich mir die Show auf einem Monitor an. Gleich wird mich Jauch auf die Bühne rufen.
Jauch: Schönen guten Abend und ein herzliches Willkommen hier aus dem Gasometer, live in Berlin. Ich begrüße Sie zu unserem großen Wahl-Spezial. Wir wollen heute nicht so sehr über Parteipolitik und Wahlen reden, sondern über ein Thema, das die Politik generell betrifft: Glaubwürdigkeit. Überall sinkt die Wahlbeteiligung, die Politikverdrossenheit wächst. Ist Politik nur noch ein Geschäft? Sind unsere Politiker noch ehrlich, aufrichtig und verlässlich?
Ich bin gespannt, wie meine Gäste das heute Abend sehen. Es ist kaum zu glauben, aber wir haben es tatsächlich geschafft, und wir sind auch ein bisschen stolz, dass wir Ihnen das hier im Ersten bieten können: eine Art Vorwahl-Elefantenrunde mit allen Beteiligten. Wir haben die Spitzenkandidaten sämtlicher großer Parteien bei uns in der Sendung. Ich freue mich auf diese Gäste.
Jetzt werden die Gäste einer nach dem anderen angetrailert und im Studio platziert. Angela Merkel geht an mir vorbei auf die Bühne, ihr gebührt natürlich der Vortritt, sie ist die Platzhirschin. Kann man das sagen? Ist sie nicht eher die Platzkuh? Die Platzhirschkuh? Auf jeden Fall ist sie die Kanzlerin – und erklärt mit der ihr eigenen regungslosen Mimik, das auch bleiben zu wollen.
Merkel: Ich bin gewählte Kanzlerin, und ich habe vor, das auch zu bleiben.
Warum wollen Politiker eigentlich immer ewig im Amt bleiben? Ihre Pensionsansprüche sind doch längst gesichert! Warum also nicht ein Abschied in Ehren, warum nicht mal einen Jüngeren ranlassen – beispielsweise mich? Meine Pensionsansprüche sind nämlich alles andere als gesichert. Stattdessen merkelt sie im Sessel vor sich hin, ihre Mundwinkel scheinen am tiefen unteren Kinnrand festgetackert. Was sie sagt, ist einfach zu dröge. Endlich kommt Peer Steinbrück, das allerletzte Aufgebot der SPD.
Jauch: Herr Steinbrück, vor zwei Jahren hat der Spiegel Sie zusammen mit Helmut Schmidt auf der Titelseite gezeigt, darüber stand das Schmidt-Zitat: «Er kann es». Glauben Sie immer noch, dass Sie es können?
Steinbrück: Ich säße sonst nicht hier. Ich bin angetreten, diese Wahl zu gewinnen, Herr Jauch. Und ich werde sie gewinnen. Was die Umfragen sagen, das ist mir, und das muss ich jetzt mal so sagen, schietegal.
Jauch: Aber wie wollen Sie Ihre Wähler jetzt noch mobilisieren? Seit der Bekanntgabe Ihrer Kandidatur sind Sie in den Umfragen ständig gesunken.
Steinbrück: Diese Art von Panikmache, Herr Jauch, die geht mir am Allerwertesten vorbei, wenn ich das mal so sagen darf. Wenn ich verliere, dann liegt das nur daran, dass Frau Merkel ’nen fetten Frauenbonus hat. Da bin ich ganz klar benachteiligt.
Merkel: Ich glaube eher, dass Sie inhaltlich benachteiligt sind, Herr Steinbrück. Wenn Sie Inhalte hätten, die die Wähler interessieren würden, dann müssten Sie nicht auf diesem suboptimalen Niveau argumentieren.
Steinbrück: Sie spulen doch hier nur ganz billige Polemik ab, Frau Merkel, so richtig billige Frauenpolemik, das muss ich als Mann mal aussprechen dürfen, ich lass mich doch nicht verbiegen.
Jauch glättet die Wogen und bittet die restlichen Gäste – bis auf mich – ins Studio: Katrin Göring-Eckardt schwebt mädchenhaft ein, Gysi stapft verschmitzt grinsend zu seinem Sessel, nur Brüderle geht etwas unsicher. Er hat sich offenbar schon in der Bundestagskantine intensiv auf die Sendung vorbereitet.
Jauch: Herr Gysi, die Linke dümpelt bei Umfragen solide unter fünf Prozent. Glauben Sie nicht, dass Ihre Partei mit einem Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine besser aufgestellt gewesen wäre?
Gysi: Es kann nur einen Superstar in der Partei geben, das war schon in der SED so. Und das bin nun mal ich.
Brüderle: Desselbbe habbisch dem Rösler auch gesaacht, hahaha.
Jauch: Der Politik fehlt ja heute

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