Die Auserwählte
eingeladen, ebenfalls Vorschläge beizusteuern, wenn du von deiner Pilgerfahrt zurückgekehrt bist.«
Allan sah nun fast komisch aus. Er öffnete und schloß seinen Mund und blinzelte nervös, während er versuchte, das alles zu verarbeiten. Er warf einen letzten, verzweifelten Blick zu Großvater. »Opa?« bettelte er mit versagender Stimme.
Großvater sah weiter zu Boden. »Was immer die Geliebte Isis wünscht«, erklärte er leise.
Allan starrte den älteren Mann an.
Ich drehte mich zu den Fenstern um. Ricky sah gelangweilt aus. Morag hatte noch immer die Arme vor der Brust verschränkt. Sie hatte die Stirn gerunzelt, schenkte mir aber ein verhaltenes Lächeln. Sophi schaute verschreckt drein, doch als ich ihr zuzwinkerte, breitete sich ein erleichtertes, wenn auch nervöses Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Ich wandte mich wieder zu Allan um.
Allan hob die Arme, bis sie auf Höhe seiner Schultern ausgebreitet waren, sein Gesicht noch immer kreideweiß, die Augen noch immer weit aufgerissen. Seine Stimme klang leise und sehr weit entfernt. »Was immer du sagst«, hauchte er.
*
Ich saß auf dem kleinen Holzstuhl auf dem Podium und ließ meinen Blick durch einen Versammlungsraum voller überraschter Gesichter schweifen. Mein Bruder kniete vor mir; er stellte die Schüssel mit warmem Wasser zur Seite, nahm das Handtuch von Großvater entgegen und begann, meine Füße abzutrocknen.
Allans Gesicht war noch immer naß von den Tränen, die er während seiner Beichte vergossen hatte. Sein Schuldeingeständnis war kurz, doch umfassend gewesen; ich glaubte nicht, daß er etwas ausgelassen hatte. Es war mit völligem Schweigen aufgenommen und dann, als es zu Ende war, mit einem empörten Aufruhr beantwortet worden, den zu beruhigen es der ganzen Autorität und Stimmgewalt meines Großvaters bedurft hatte.
Großvater hatte die versammelten Gemeindemitglieder noch einmal zur Ordnung gerufen, während die Zeremonie, die ungerechtfertigterweise bei meiner Rückkehr vor einigen Tagen versäumt worden war, verspätet nachgeholt wurde, dann hatte er Morag gebeten, die Schüssel mit Wasser und das Handtuch zu bringen. Es erhob sich hier und dort Gemurmel, als sie durch den Raum zum Podium ging, doch es wurde schnell von einem strengen Blick meines Großvaters zum Schweigen gebracht.
Während mein Bruder mir in der entgeisterten Stille die Füße trocknete, liefen ihm von neuem Tränen über die Wangen, so daß er ein wenig länger brauchte, um seine Aufgabe zu beenden.
Schließlich war er jedoch damit fertig, und nachdem Allan wieder im Saal Platz genommen und ich mich – barfuß – ans Pult gestellt hatte, bat mein Großvater abermals um Ruhe, dann überließ er mir das Podium und setzte sich in die erste Reihe der Gebetsbänke.
Dieser nie dagewesene Akt rief erneut überraschte Ausrufe und Gemurmel hervor. Ich wartete ab, bis sie sich wieder gelegt hatten.
Als dem so war, ließ ich den Blick über meine Gemeinde schweifen und lächelte. Ich legte die Hände auf das glatte, polierte Holz des Pults und spürte die harte Oberfläche unter der weichen Haut meiner Handteller.
Unvermittelt erinnerte ich mich daran, wie sich der Fuchs in meinen Händen angefühlt hatte, als ich ihn vor all den Jahren am Straßenrand aufgehoben hatte. Jene geahnte, zarte Andeutung eines Herzschlags im selben Augenblick, als ich ihn hochnahm. Ich war nie ganz sicher gewesen, ob es mein eigener Puls war, den ich gespürt hatte, oder der des Tiers; und wenn es tatsächlich der Herzschlag des Fuchses gewesen sein sollte, so war ich mir nie ganz sicher gewesen, ob er nicht einfach nur bewußtlos dagelegen hatte, bis wir vorbeigekommen waren (und Allan ihn mit seinem Stock angestubst hatte), oder ob er tatsächlich tot gewesen war und meine Gabe – über eine Distanz, ohne Berührung, und daher ein zweifaches Wunder – ihn zu neuem Leben erweckt hatte.
Existierte meine Gabe wirklich? War sie echt? Konnte ich mir da sicher sein? Ich war über die Jahre zu der felsenfesten Überzeugung gelangt, daß die Antwort auf all diese Fragen – oder diese eine Frage in verschiedenen Formulierungen – von dem genauen körperlichen Zustand jenes kleinen wilden Tiers abhing, an jenem Sommertag mit Allan auf dem Stoppelfeld, als ich noch ein Kind war.
Ich habe die Antwort nie gefunden. Eine Zeitlang hatte ich geglaubt, daß ich sie einmal finden würde, doch nun konnte ich akzeptieren, daß es niemals so sein würde, und damit kam auch die befreiende
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