Die Ausgesetzten
als eine Annehmlichkeit. Warum sollten Brendan und Antonio nicht direkt
vom einundzwanzigsten Jahrhundert ins …
Jonas pochte der Schädel und plötzlich wusste er, was er übersehen hatte.
»Ich wette, das Problem lag darin,
wie
Brendan und Antonio zurückgekommen sind«, sagte er gedehnt. »Dass Antonio direkt … auf mir gelandet ist.«
Es fiel ihm immer noch schwer, darüber zu reden. Es war wie der Moment, als Jonas zu Hause zum ersten Mal mit angesehen hatte,
wie sich ein Zeitreisender in Luft auflöste und in eine andere Dimension überwechselte. Jonas’ Verstand hatte mit aller Kraft
versucht diese Erinnerung zu revidieren, sie in etwas anderes zu verwandeln, in etwas, das glaubwürdig war.
Und nun war es so, als versuche sein Verstand ihn mit aller Kraft alles vergessen zu machen. Schon jetzterschien ihm die Erinnerung vage und verschwommen, wie etwas aus einem Traum.
O nein, dachte Jonas. Du entwischst mir nicht.
»Du weißt ja, dass Antonios Ankunft … sich irgendwie falsch angefühlt hat«, sagte er. »Ich wette, das hat Zwei mit Absicht gemacht.«
Katherine nickte, immer noch todernst.
»Du hast direkt vor mir gesessen«, sagte sie. »Einen Moment lang hat es so ausgesehen, als wären da drei Leute an derselben
Stelle: du, Antonio und der Marker.«
Wieder wurde Jonas von Schauern überlaufen.
»So hat es sich für mich auch angefühlt«, sagte er. Er konnte sich diesem Gedanken nur auf Umwegen nähern, als müsste er sich
an die Erinnerung heranschleichen, um sie einzufangen.
Katherine hatte in dieser Hinsicht offensichtlich weniger Probleme.
»Und danach seid ihr beide, du und der Marker, für eine Millisekunde verschwunden«, sagte sie in leisem, besorgtem Ton. »Vielleicht
habe ich geblinzelt. Vielleicht habe ich auch nur nicht mitbekommen, wie du aus dem Kanu gefallen bist. Aber wohin ist der
Marker verschwunden? Vorher war es so, dass wir jedes Mal wenn wir jemanden mit Marker gesehen haben – wie Chip und Alex im
fünfzehnten Jahrhundert –, vor allem den Marker sehen konnten, und zwar deutlicher als Chip oder Alex. Aber bei Antonio und seinem Marker war es umgekehrt,
so als würde der Marker mit Antonio verschmelzen und nicht andersherum. Ich konnte Antonios T-Shirt besser erkennen als den nackten Rücken seines Markers.«
Kopfschüttelnd versuchte Jonas Katherines Worte zu begreifen.
»Aber das ist nicht so geblieben«, sagte er. »Jetzt sehen die Marker normal aus.« Er sah über die Schulter zu den anderen
hinüber, die sich ums Feuer geschart hatten. Antonio und Brendan, immer noch mit ihren Markern verschmolzen, trugen eindeutig
nicht mehr als einen Lendenschurz. »Jedenfalls normal für amerikanische Ureinwohner in den 1590ern.« Er räusperte sich. »Seit
wann sehen Antonio und sein Marker wieder normal aus? Und glaubst du, dass mit Brendan und seinem Marker am Anfang auch etwas
nicht gestimmt hat?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Katherine. »Ich habe nach dir gesucht, und als ich mich wieder zu Antonio und seinem Marker umgedreht
habe, war es so …« Sie deutete auf die beiden Jungen, die sich völlig synchron mit ihren Markern bewegten.
»Dann haben Antonio und sein Marker sämtliche Regeln des Markertums befolgt, so wie wir sie kennen, meinst du«, versuchte
Jonas es mit einem kleinen Scherz, weil er es einfach nicht aushielt, die ganze Zeit über todernst zu sein. »Nur dass Antonio
– und Brendan – nicht alles wissen, was ihre Marker wissen, aber das unterscheidet sich vielleicht nicht allzu sehr vom letzten
Mal. Möglicherweise ist es uns nur nicht aufgefallen. Danach hat keiner mehr irgendwelche Markergesetze gebrochen, oder?«
Katherine biss sich auf die Unterlippe.
»Ich weiß, dass du den ganzen Nachmittag geschlafen hast … aber hast du seitdem nicht aufgepasst?«, fragte sie. »Ist dir noch nicht aufgefallen, wie leicht es Antonio und Brendan
fällt, mit ihren Markern zusammenzugehen und sich wieder zu trennen?«
Sprachlos sah Jonas seine Schwester an, während sein Verstand endlich in Fahrt kam.
»Deshalb hast du dauernd den Kopf geschüttelt!«, sagte er. »Du wolltest nicht, dass ich sehe …«
»Nein, ich wollte nicht, dass du vor den anderen etwas sagst«, erwiderte sie. »Andrea ist krank vor Sorge um ihren Großvater
und Brendan und Antonio haben auch so schon genug Angst.«
»Sie willst du also schützen, aber mich zu beunruhigen findest du in Ordnung?«, frotzelte Jonas.
»Ja.
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