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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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auch niemand   …«
    Irgendetwas daran, dass es in der Geschichte Geheimnisse geben sollte und sie ihre Lücken verbarg, irritierte ihn sehr. Doch
     ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, weil Andrea bereits zu einem anderen Punkt weitereilte.
    »Meint ihr nicht, dass es daran gelegen haben könnte, dass er seine Familie gefunden hatte und glücklich war und sich nicht
     die Mühe gemacht hat, nach Hause zu schreiben?«, fragte sie und kicherte. »Es gab ja schließlich noch keinen Postdienst nach
     England!«
    Sie zeigte aufs Meer hinaus, auf dem die letzten Strahlen der untergehenden Sonne verglühten. Das Wasser schien endlos zu
     sein, es war schwer, sich in der Ferne andere Länder vorzustellen.
    »Das würde erklären, warum die Dinge auf Roanoke nicht zusammengepasst haben«, sagte Katherine nachdenklich. »Warum John White
     allein war und keine anderen Seeleute bei sich hatte, warum er das Wort
Croatoan
nicht gesehen hat und nicht von einem Sturm vertrieben wurde.«
    »Dann hat Zwei die Zeit vielleicht gar nicht so schlimm sabotiert«, sagte Andrea. »Das einzig Wichtige, das auf Roanoke durcheinandergeraten
     ist, ist die Tatsache, dass die falschen Kinder meinen Großvater vor dem Ertrinken gerettet haben.«
    »Und dass er am Kopf verletzt wurde«, ergänzte Antonio.Jonas war froh, dass Antonio darauf hingewiesen hatte, denn Andrea funkelte ihn bereits wütend an.
    »Schon, aber   …« Sie schien um jeden Preis an ihrer Begeisterung festhalten zu wollen. Sie sah nach unten und ihr ganzer Gesichtsausdruck
     veränderte sich. »Ich wette, seine Kopfverletzung ist gar nicht so schlimm! Jetzt wo Antonio und Brendan wirklich hier sind
     und er sie genauso gut sehen kann wie sein Marker, ist er wahrscheinlich nur wegen uns bewusstlos! Weil sein Verstand nicht
     damit fertig wird, dass wir in Klamotten aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert herumlaufen!«
    Sie sprang auf und begann in der Schatztruhe ihres Großvaters zu wühlen. Jonas wusste genau, was sie suchte: die Kleider.
     Sie zerrte ein blassgelbes Kleid mit einem winzigen Rosenmuster heraus.
    »Lass das, Andrea«, sagte Katherine scharf. »Das kann nicht die Antwort sein. Im fünfzehnten Jahrhundert haben die Leute Jonas
     und mich auch in modernen Kleidern gesehen und niemand ist davon halb ohnmächtig geworden!«
    »Lasst es mich einfach versuchen«, widersetzte sich Andrea störrisch.
    Sie zerrte sich das Kleid über die Schultern und ihr T-Shirt und die Shorts verschwanden darunter. Der Kleidersaum schleifte über den Sand, als sie zu ihrem Großvater eilte. Er lag flach
     auf dem Rücken und seine Markeraugen starrten in den dämmrigen Himmel. Seine echten Augen waren nach wie vor geschlossen.
    Andrea kniete sich neben ihn. Das Kleid brachte sie dazu, sich anders zu bewegen, oder sie bemühte sichabsichtlich, sich wie ein Mädchen aus dem Jahr 1600 zu benehmen.
    »Großvater?«, murmelte sie. »Soeben hörte ich von deiner Ankunft und dass diese beiden, äh, edlen Eingeborenen dich gerettet
     haben. Sie schickten mir eine Nachricht, zu kommen, und gaben mir dies Kleid, das du hierherbrachtest. Bitte, bitte, wach
     auf.«
    In gewisser Weise wirkte Andrea ebenso lächerlich wie Jonas, als er auf Roanoke
Fluch der Karibik
nachgespielt hatte. Doch der Blick, mit dem sie ihren Großvater betrachtete, war voller Hoffnung.
    John White bewegte sich und wälzte sich hin und her. Andrea ergriff seine Hand.
    »Großvater?«
    John White öffnete den Mund.
    »Schwindel!«, schrie er. »Verrat! Betrug!«
    Entgeistert sackte Andrea neben ihm zusammen und vergrub das Gesicht in ihrem Rock.
    »Andrea!«, rief Jonas. »Er meint nicht dich! Er hat die Augen geschlossen! Er und sein Marker denken einfach nur das Gleiche.
     Es war Zufall!«
    »Die Wilden haben uns betrogen und wir betrogen sie«, fuhr John White fort. »Und nie traf ich einen Kapitän, dem ich Vertrauen
     schenken konnte.«
    Jonas tätschelte Andrea den Rücken.
    »Siehst du, es hat nichts mit dir zu tun!«, sagte er. »Es ist einfach so, dass du mit deinem Marker zusammen sein musst! Wir
     finden ihn! Das verspreche ich dir!«
    »Geh weg«, murmelte Andrea. »Lass mich in Ruhe.«
    Brendan ließ seinen Marker stehen und kauerte sich neben sie.
    »Andrea?«, sagte er. »Ich weiß nichts von deinem Marker und ich weiß auch nicht, warum mein Marker nicht an Croatoan denkt.
     Aber ich kann dir versichern, Antonio und ich, und unsere Marker, wir sind ehrenhafte Stammes-   … äh, Leute. Wenn

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