Die Baumgartners
mit seinem Kopf auf ihren Teller, nachdem er bereits die Hälfte seiner Rühreiportion in Windeseile verputzt hatte.
„Ja, ist total lecker“, erwiderte sie aus vollem Herzen, goss sich noch etwas Sirup über ihre Pfannkuchen und leckte sich danach die Finger ab. Obwohl sich seine Gabel unablässig zwischen seinem Teller und seinem Mund auf und ab bewegte, ließ er sie keine Sekunde aus den Augen.
„Wieso sagen die anderen eigentlich immer Doc zu dir?“
„Weil ich Medizin studiere.“ Er schluckte und grinste sie an. „Und man von mir früher auch... gewisse Präparate beziehen konnte.“
Sie runzelte die Stirn. „Früher?“
„Na ja...“ Er griff sich die Flasche mit dem Ketchup und schüttete noch etwas mehr davon auf sein Rührei. „Wenn man Medizin studiert, erkennt man ziemlich schnell, dass diese ganzen chemischen Präparate, die einem das Leben zunächst so herrlich leicht und angenehm machen, einen über kurz oder lang auch völlig zerstören können.“
Sie nickte und stieß einen zufriedenen Seufzer aus, als sie einen weiteren Bissen von ihren Pfannkuchen nahm. „Schokoladensplitter!“
Er lächelte. „Und was ist mit dir? Ich weiß bis jetzt nur von dir, dass du in der Cafeteria arbeitest. Und dass du nächstes Jahr mit dem Studium fertig sein wirst. Was ist eigentlich dein Hauptfach?“
„Betriebswirtschaft.“ Sie nahm einen Schluck Orangensaft und verzog das Gesicht – der Saft schmeckte nach den quietschsüßen Pfannkuchen total sauer.
„Echt?“ Er sah sie verblüfft an. „Also auf Betriebswirtschaft hätte ich bei dir nie im Leben getippt. Eher auf etwas Kreatives... oder Künstlerisches...“
„Na wenn es nach mir ginge, hätte ich mich natürlich beim Hauptfach auch lieber für Kreatives Schreiben eingeschrieben. Aber ich hatte leider keine andere Wahl“, gestand sie und träufelte sich noch etwas Sirup auf ihren letzten Pfannkuchen.
„Und wieso hast du es dann nicht gemacht?“ Er sah sie missbilligend an. „Ich meine, hattest du denn wirklich keine andere Wahl?“
„Nicht, wenn ich gleich nach dem Studium einen Job finden will.“
Er nickte. „Macht deine Familie dir deswegen Druck?“
Sie schwieg einen Moment und sagte dann ruhig in die entstandene Stille: „Ich habe keine Familie.“
„Du hast keine Familie?“
„Meine Eltern und mein kleiner Bruder sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, als ich sechs war“, erklärte sie. Sie redete vor allem deshalb nicht oft darüber, weil sie die mitleidigen Reaktionen der anderen hasste. Sie brauchte und wollte kein Mitleid, und trotzdem spürte sie, dass auch er ihr gleich seine Betroffenheit ausdrücken würde.
„Tut mir leid.“
Sie nickte. „Danke.“ Die betretene Pause, die seinen Worten folgte, war sie bereits gewohnt.
Doc räusperte sich und sagte: „Erzähl mir ein bisschen was über Maureen.“
„Wir teilen uns im Wohnheim ein Zimmer.“ Sie tupfte sich mit der weißen Baumwollserviette den Mund ab. „Und wir waren gleich von Anfang an dicke Freundinnen...“
„Geliebte“, fügte er hinzu.
„Ja“, erwiderte sie und errötete.
„Aber du stehst offenbar nicht nur auf Frauen?“, sagte er und sah sie forschend an. „Ich meine, wenn ich nicht schon vollkommen durchgeknallt bin, dann hatte ich in letzter Zeit durchaus das Gefühl, dass du genauso auf Männer stehst. Zumindest auf ausgewählte Exemplare...“
Sie lächelte. „Ich stehe gleichermaßen auf Männer und Frauen.“ Sie schaute ihn eindringlich an und fragte: „Ist das für dich ein Problem?“
„Keineswegs“, erwiderte er augenblicklich und lachte bellend auf. „Ich meine, das dürfte dir doch spätestens seit letzter Nacht klar geworden sein.“
Beinahe hätte sie ihre Augen verdreht. „Ah, die typischen Lesbenfantasien von Männern.“
Doc lehnte sich grinsend in seinem Stuhl zurück. „Komm schon, wir beide wissen, dass jedem Typ, der auf Frauen steht, allein schon beim Gedanken daran sofort einer abgeht.“
Carrie fuhr mit ihrem Finger am Tellerrand entlang, um auch die letzten Sirupkleckse aufzulecken. „Erzähl das mal James.“
Doc verdrehte kurz die Augen. „Nun, ich meinte alle Männer, die nicht auf dem unbefleckten Pfad der Tugend wandeln und den Rest ihres Lebens als Priester verbringen wollen.“
„Ich war übrigens bis heute noch nie gleichzeitig mit einem Mann und einer Frau im Bett.“
Er beugte sich wieder vor und stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab. „Fandest du es
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