Die Bedrohung: Das Schicksal der Paladine 0
und das Tier ein paar Meter weiter trieb, nahm sie ihm die Entscheidung ab. Zögernd ging er auf die Paladine zu.
William sah ihn kommen und schüttelte den Kopf. »Erspare dir den Anblick, Junge«, riet er.
Es war schon zu spät. Zwischen Darius und William hindurch erhaschte Gilai einen kurzen Blick auf den Toten. Sein Hals wies eine klaffende Wunde auf, in den Augen stand blankes Entsetzen, der Mund war zu einem stummen Schrei aufgerissen. Hastig wandte Gilai sich ab.
»Bei der Wunde muss er doch sofort tot gewesen sein«, murmelte Darius. »Wie ist er hierhin gekommen?«
William zuckte die Schultern. »Lass ihn uns begraben. Es wird bald dunkel, heute kommen wir ohnehin nicht mehr weit.«
Darius stimmte zu und krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch. Staunend beobachtete Gilai, wie der Paladin auf einige der Zaubermale tippte und dann mit einem Fingerzeig ein Loch in die Erde sprengte. Darius wiederholte die Prozedur noch zweimal, bis das Loch tief genug war, dann trug er den Toten mit William zusammen dorthin. Gemeinsam scharrten sie die Erde auf den Leichnam, bis das Loch weitgehend aufgefüllt war.
»Mögen die Götter ihm gnädig sein«, murmelte Darius.
Sie verharrten kurz in Schweigen, auch Jiki gesellte sich zu ihnen.
Schließlich sah William auf und deutete im schwindenden Licht auf eine nahe Hügelkuppe, aus der einige Felsen herausragten. »Das scheint mir ein guter Platz für ein Nachtlager.«
Nach einem kargen Abendessen versammelten sich die vier um ein kleines Feuer, das sie im Schatten der Felsen entzündet hatten. Sie hüllten sich in Decken, um sich vor der aufkommenden Kälte zu schützen.
»Ich denke, es wäre besser, wenn ihr beiden morgen zurück in die Stadt reitet«, schlug Darius unvermittelt vor. »Wir haben ja nun die Spur aufgenommen und brauchen keine Führer mehr.«
»Aber ihr seid nur zu zweit«, widersprach Gilai, obwohl ihm durchaus bewusst war, dass er nicht wirklich eine Verstärkung darstellte.
»Mach dir um uns mal keine Sorgen, Junge«, beschwichtigte William mit einem selbstsicheren Lächeln. »Wir können uns mit unseren Zaubern schützen, selbst gegen eine Übermacht. Aber wenn ihr beide dabei seid, müssen wir dazu noch auf euch aufpassen. Das macht die Sache auch für uns gefährlicher.«
Dagegen wusste Gilai nichts mehr einzuwenden. Er sah zu Jiki, ob sie vielleicht noch Argumente hatte, doch sie schien die Entscheidung der Paladine widerstandslos hinzunehmen.
»Ich übernehme die erste Wache«, fügte William noch hinzu. »Legt euch hin und schlaft.«
Gilai und Jiki rollten sich neben dem Feuer zusammen. Die Kälte kroch aus dem Boden in ihre Glieder, Jiki kuschelte sich an Gilai und sie wärmten einander. Er genoss ihre Nähe, gleichzeitig machte sie ihn aber auch nervös. So fand er keine Ruhe und lag wach.
Nach einer Weile begannen die Paladine sich zu unterhalten, glaubten offenbar, dass ihre Begleiter eingeschlafen waren.
»Gibt es zuhause etwas Neues?«, fragte Darius.
»Der Sommer war verregnet, Manchester United ist wieder Meister geworden, das Übliche eben«, entgegnete William trocken. Gilai konnte hören, dass der Paladin bei diesen Worten grinste.
»Ich meinte eher bei dir zuhause. Was macht die Familie?«
»Oh, mein Kleiner entwickelt sich prächtig. Ist mir wie aus dem Gesicht geschnitten.«
»Wie alt ist Andrew denn jetzt? Fünf oder sechs?«
»Er ist gerade drei geworden. Wie oft warst du eigentlich zuhause in den letzten Jahren, wenn du derart das Zeitgefühl verlierst? Wann hast du deine Kinder zuletzt gesehen?«
Es entstand eine Pause. Gilai lauschte gespannt. Er wusste nicht viel über die Paladine, nur dass sie aus einer anderen Welt kamen. Aber dass sie dort Familien hatten, wie ganz normale Menschen, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Für ihn waren sie Titanen, von den Göttern gesandt, um hier, in Nuareth, für Frieden zu sorgen.
»Ernsthaft, Darius«, setzte William hinzu. »Auch wenn du uns Paladine anführst, wird hier nicht die Welt untergehen, wenn du mal ein paar Wochen weg bist. Meister Johann wird die Dinge auch ohne dich im Griff behalten.«
»Du hast ja recht«, murmelte Darius.
»Svenja hat bald Geburtstag. Sie wird achtzehn, wenn ich dich erinnern darf. Wenigstens den Geburtstag solltest du nicht verpassen. Wenn wir die Sache hier erledigt haben, werde ich dich persönlich zum Weltentor eskortieren, verstanden?«
Das weitere Gespräch bekam Gilai nicht mit, weil ihn schließlich doch der Schlummer
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