Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
Ferox-Tattoo, als wollte er es abreißen. » Dann muss ich mir nur noch überlegen, wie ich Uriahs Familie beibringe, dass er getötet wurde, während ich auf ihn aufpassen sollte. «
» Tobias … « , beginne ich, aber er hebt abwehrend die Hand.
Er wendet sich zum Gehen. » Sie hätten mir wahrscheinlich gar nicht erlaubt, Nita zu besuchen. «
Manchmal ist es schwer, sich auf die richtige Weise um einen Menschen zu kümmern. Während ich zusehe, wie Peter und Tobias weggehen – und dabei Abstand voneinander halten –, überlege ich, ob Tobias nicht jemanden braucht, der ihm nachläuft; zu viele Menschen haben ihn davongehen lassen, haben ihm erlaubt, sich zurückzuziehen, und das ein Leben lang. Aber er hat recht: Er muss das jetzt für Zeke tun und ich muss mit Nita reden.
» Komm « , sagt Christina. » Die Besuchszeit ist fast vorbei. Du gehst zu Nita und ich bleibe bei Uriah. «
Bevor ich in Nitas Zimmer gehe – vor dem Sicherheitsposten stehen –, sehe ich zusammen mit Christina kurz nach Uriah. Sie setzt sich auf einen Stuhl neben ihm, in dessen Sitzfläche sich nach so vielen Stunden des Wartens die Konturen ihrer Beine eingedrückt haben.
Es ist lange her, seit ich wie eine Freundin mit ihr gesprochen habe, seit wir zusammen gelacht haben. Ich habe mich in dem Nebel verloren, mit dem das Amt mich einzulullen versuchte, durch das Versprechen, dazuzugehören.
Ich stehe neben ihr und sehe ihn an. Äußerlich erkennt man kaum Verletzungen – da sind ein paar blaue Flecken, einige Schnitte, aber nichts, was lebensgefährlich wäre. Ich beuge mich vor, um einen Blick auf das Schlangen-Tattoo zu werfen, das sich um sein Ohr windet. Ich weiß, dass er es ist, aber er sieht nicht aus wie Uriah, es fehlt sein breites Lächeln und das Leuchten seiner wachsamen dunklen Augen.
» Wir haben uns nicht wirklich nahegestanden « , murmelt sie. » Nur ganz … ganz am Ende. Weil er um jemanden getrauert hat und ich auch … «
» Ich weiß « , sage ich. » Du hast ihm sehr geholfen. «
Ich ziehe einen Stuhl heran, um mich neben sie zu setzen. Sie umklammert Uriahs Hand, die schlaff auf den Laken liegen bleibt.
» Manchmal habe ich das Gefühl, als hätte ich alle meine Freunde verloren « , sagt sie.
» Cara hast du nicht verloren « , erwidere ich. » Auch Tobias nicht. Und mich wirst du erst recht nicht verlieren, Christina. Niemals. «
Sie dreht sich zu mir um, und in dem Nebel der Trauer klammern wir uns aneinander, wie damals, als sie mir vergab, dass ich Will getötet habe. Unsere Freundschaft hat unglaublich viel ausgehalten – dass ich jemanden erschossen habe, den sie geliebt hat, und noch viele weitere Verluste. Andere Bande wären zerbrochen, aber aus irgendeinem Grund hat unseres der Belastung standgehalten.
Wir umarmen uns so lange, bis die Verzweiflung nachlässt.
» Danke « , murmelt sie. » Ich werde auch immer zu dir halten. «
» Das weiß ich, andernfalls hättest du mir garantiert schon längst die Freundschaft gekündigt « , erwidere ich lächelnd. » Hör zu, ich habe einige Dinge, die ich dir erzählen muss. «
Ich berichte ihr von unserem Plan, das Amt daran zu hindern, den Reset durchzuziehen. Während ich spreche, denke ich an die Menschen, die sie zu verlieren hat – ihren Vater, ihre Mutter, ihre Schwester –, enge Verbindungen, die für immer verändert oder ausgelöscht werden sollen, und das alles zum Zwecke genetischer Reinheit.
» Es tut mir leid « , ende ich meinen Bericht. » Ich weiß, du möchtest uns helfen, aber … «
» Es muss dir nicht leid tun. « Sie sieht Uriah an. » Ich bin trotzdem froh, dass ich in die Stadt fahre. « Sie nickt einige Male. » Du wirst sie daran hindern, einen Reset zu machen. Ich weiß es einfach. «
Ich hoffe, sie hat recht.
Ich habe nur zehn Minuten bis zum Ende der Besuchszeit, als ich vor Nitas Tür stehe. Der Wachposten blickt von seinem Buch auf und zieht die Augenbrauen hoch, als er mich sieht.
» Darf ich reingehen? « , frage ich.
» Eigentlich soll ich niemanden hineinlassen « , antwortet er.
» Ich bin diejenige, die sie angeschossen hat « , erkläre ich. » Zählt das? «
» Also gut. « Er zuckt mit den Schultern. » Solange du versprichst, nicht noch einmal auf sie zu schießen. Und nach zehn Minuten bist du wieder draußen. «
» Abgemacht. «
Ich muss meine Jacke ausziehen, damit er sieht, dass ich keine Waffen bei mir trage, dann darf ich den Raum betreten. Nita schreckt hoch – soweit sie das kann.
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