Die bezaubernde Rivalin
Familie über dem Eingang prankte. „Ihre Schwester hat ja richtig gestrahlt. Es ist doch großartig für das Warenhaus, dass jetzt sowohl Miss Romana als auch Miss Flora mit einem Farraday verheiratet ist.“
Das brachte India endgültig auf den Boden der Tatsachen zurück. Jordan Farradays Cousins und Partner bei dem unrechtmäßigen Versuch, sich die Leitung des Warenhauses anzueignen, waren jetzt ihre Schwager. Wenigstens hielten sie sich seitdem bedeckt, genossen ihre Flitterwochen und überließen das Feld den beiden Hauptgegnern: ihr, India und Jordan Farraday.
Jetzt blieb ihr noch ein Monat, um diesem Jordan zu zeigen, dass er das Warenhaus nicht „mal eben nebenbei“ führen konnte. Aber das durfte nicht allzu schwierig sein: Der Mann war Spekulant und kein Einzelhändler. Bestimmt wollte er sich nicht einen Job aufhalsen, der so zeitintensiv war wie ihrer. Wahrscheinlich wollte er nur das Sagen haben, das letzte Wort – zumindest hoffte India, dass dies sein einziger Beweggrund wäre. Doch während sie darüber nachdachte, bekam sie eine Gänsehaut.
Was sie nicht wissen konnte: Genau in diesem Augenblick zeigte Jordan Farraday dem Wachtposten am Hintereingang seinen Zutrittsausweis und parkte seinen Sportwagen auf dem ihm zugewiesenen Platz. Dann bat er den Mann, telefonisch Indias Sekretärin Bescheid zu sagen, dass er, Jordan Farraday, angekommen sei.
Aber India war noch nicht an ihrem Platz. Sie stand vor dem Warenhaus und überlegte, warum sie plötzlich ein so ungutes Gefühl hatte.
„Bestellen Sie Ihrer Schwester bitte die besten Wünsche von mir und meiner Frau?“, sagte jetzt der Sicherheitsbeauftragte und riss India damit aus ihren trüben Gedanken. „Miss Flora, meine ich“, fügte er noch hinzu, während er India die Tür aufhielt. „Ich hoffe, sie wird sehr, sehr glücklich.“
„Danke, Mr Edwards, das richte ich ihr aus.“
An den meisten Tagen benutzte India den Personaleingang auf der Rückseite, aber manchmal nahm sie sich die Zeit und ging um das Haus herum, um sich die Schaufensterdekoration anzusehen und dann durch den Haupteingang zu schlendern wie eine Kundin.
Als sie jetzt den Eingangsbereich betrat, verspürte sie kurzzeitig die gleiche Aufregung wie als kleines Mädchen. Die Holzvertäfelung und die Marmorböden wurden von vielfarbigen Lichtreflexen belebt, die durch den Sonnenschein und die sich über drei Stockwerke erstreckenden Tiffany-Fenster entstanden. Das alles würde sie um nichts in der Welt aufgeben. Niemals! Dabei wurde ihr plötzlich bewusst, dass es der falsche Ansatz war, in ihrem Büro zu sitzen und zuzusehen, wie ihr Jordan Farraday alles wegnahm. Romana hatte Niall gleich am ersten Tag mit zu einem Bungeespringen für wohltätige Zwecke genommen, und Bram hatte keine andere Wahl gehabt, als Flora bei einer Forschungsreise auf eine tropische Insel zu begleiten. Keinem der beiden Männer war Zeit geblieben, um Atem zu schöpfen und auf der Schiene zu fahren:
Ich bin ein Mann und weiß alles besser.
Niall und Bram hatten erst begriffen, wie ihnen geschah, als es zu spät war. Da musste sie, India, diesen Monat das Tempo vorgeben, damit Jordan Farraday genug damit zu tun hatte, um mit ihr Schritt zu halten. Denn, sollte es ihm jemals gelingen, den Spieß umzudrehen, war sie verloren.
Mit ihrer E-Mail von gestern Abend hatte sie ohnehin den Ring eröffnet und brauchte sich jetzt nicht an ihren Schreibtisch zu setzen und die Verkaufszahlen des letzten Monats durchzugehen. Jordan wäre bestimmt nicht damit zu beeindrucken, dass sie eine Bilanz lesen konnte. Nein, sie musste irgendetwas tun, das so gar nichts mit seinem üblichen Arbeitsalltag zu tun hatte. Etwas, das ihr einen Vorteil verschaffte.
Inzwischen hatte India den Aufzug erreicht, und als sich die Tür im obersten Stockwerk wieder öffnete, musste sie erst einmal die Malerfolie zur Seite schieben, die man wegen der Umbauarbeiten aufgehängt hatte. Gleichzeitig hörte sie es hämmern und lächelte zufrieden. Jordan Farraday würde nun womöglich einen Monat lang das Büro mit ihr teilen, aber die damit verbundene Erfahrung bestimmt nicht genießen.
„India?“ Ihre persönliche Assistentin erschien auf der Türschwelle zum Vorstandssekretariat. „Wir haben ein kleines Problem in der Babywarenabteilung.“
„Wie klein ist ‚klein‘?“
„So groß wie ein Baby. Eine unserer Kundinnen hat mit ihren Einkäufen bis zur letzten Minute gewartet und plötzlich Wehen bekommen. Die Sanitäter
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