Die Bibel Verstehen
mich dann? Wer bin ich dann? Wie verstehe ich dann mein Leben?» Beim Lesen kommen uns immer auch Zweifel, ob das alles so stimmt oder ob es nicht zu schön sei, um wahr zu sein. Bei der Meditation sage ich mir immer: Meine Zweifel hebe ich mir für morgen auf. Jetzt tue ich einfach so, als ob es stimme.
Ich traue den Worten und experimentiere damit, wie ich mit ihnen leben kann.
Eine andere Weise der Meditation, die sich vor allem bei Erzählungen anbietet, ist: sich die Situation vorzustellen, sich selbst in die Erzählung mit einzubringen. Der heilige Ignatius von Loyola hat diese Meditation entwickelt. Wir sollen mit allen Sinnen uns in die konkrete Situation etwa einer Heilungsgeschichte hineinbegeben. Ich selbst bin dann der oder die Kranke. Ich höre die Worte, die Jesus zu mir spricht. Ich spüre seine Hand, mit der er mich berührt. (Diese Methode ist allerdings nur bei konkreten Szenen stimmig, nicht etwa bei theologischen Erörterungen oder bei den Worten Jesu. Hier bietet sich wiederum die Methode an, die die Mönche in der lectio divina entwickelt haben.)
Vielleicht haben Sie auch Ihre ganz persönliche Weise gefunden, mit dem Text der Bibel umzugehen. Dann trauen Sie Ihrem Gefühl. Was ich über die Meditation geschrieben habe, sind Anregungen. Aber gehen Sie den Weg, der Sie zu Gott und in das Leben und in die Liebe führt.
Die Früchte des Bibellesens
Wer die Worte der Bibel im Herzen hin und her bewegt wie Maria, in dem wird das Wort Fleisch werden. Es wäre gut, wenn Sie die biblischen Worte, die Sie am meisten ansprechen, auswendig lernen oder sich das Wort immer wieder vorsagen, so dass es Sie auch tagsüber begleiten kann. Trauen Sie der Kraft des Wortes. Es wird in Ihnen etwas bewirken und Sie immer mehr mit dem Geist Jesu Christi erfüllen.
Christus wird in Ihrem Herzen geboren werden. Sie kommen in Berührung mit dem unverfälschten und unberührten, mit dem einmaligen und einzigartigen Bild, das Gott sich von Ihnen gemacht hat.
Das Wort der Heiligen Schrift bringt uns in Berührung mit unserem wahren Wesen.
Wir dürfen darauf vertrauen, dass das Bibelwort uns dann auch dazu bewegt, uns auf neue Weise in dieser Welt zu verhalten. Das neue Verhalten wird aus der Erfahrung des neuen Seins strömen. Wir müssen uns nicht ständig mit dem Willen anstrengen oder mit einem schlechten Gewissen dem biblischen Wort hinterherhinken. Das Wort verwandelt unser Denken, unser Sein und unser Handeln.
Die Worte der Bibel sind immer Heilungsworte.
So haben sie die frühen Mönche verstanden. Und so dürfen wir es heute erleben, wenn wir sie in unser Herz dringen lassen. Worte vermögen unsere Wunden zu heilen. Sie sind wie Balsam für unsere verletzte Seele. Worte haben auch eine reinigende Kraft. So hat es Jesus von seinem Wort gesagt: «Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe» (Joh 15,3). Es bringt uns in Berührung mit dem lauteren Kern in uns. Und die Worte der Bibel wollen uns mit Freude erfüllen: «Das habe ich zu euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und eure Freude vollkommen wird» (Joh 15,11).
Die Worte der Bibel sind Licht auf unserem Weg.
«Eine Leuchte ist dein Wort meinem Fuß, auf meinem Wege ein Licht» (Psalm 119,105). So wünsche ich Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, dass das Lesen der Bibel Sie in eine tiefe geistliche Erfahrung führt, in die Erfahrung Gottes und in die Erfahrung der eigenen Erlösung, des Freiwerdens von aller Angst und allem Sich-Klammern an Vordergründiges. Grübeln Sie nicht über die Worte nach! Lassen Sie sie einfach in sich hineinfallen. Auch wenn die Worte fremd erscheinen, versuchen Sie, die Worte zu schmecken! Sie müssen nicht den ganzen Hintergrund – weder den theologischen, noch den historischen – kennen. Trauen Sie dem Wort! Die Worte sind Bilder. Und Bilder öffnen immer ein Fensterzum Himmel. Das Wort wirkt. Wenn Sie das Wort in sich hineinfallen lassen, bewirkt es Heilung, Befreiung, Erlösung. Sie werden sich anders fühlen. Es wird in Ihnen heller werden, hoffnungsvoller, weiter. Das Wort Gottes – so sagt uns der zweite Petrusbrief – ist wie «ein Licht, das an einem finsteren Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen» (2 Petr 1,19).
Ich wünsche Ihnen, dass das Licht des göttlichen Wortes Ihr Herz erhellt, damit Sie in sich das eigene Licht sehen, das göttliche Licht, das in Ihnen leuchtet und Sie eintaucht in Gott hinein,
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