Die Bibel - Wissen auf einen Blick
und Adler
(Echternacher Evangeliar, Majestas Domini, um 1030)
Der thronende Christus inmitten seiner Verkünder leitet das Goldene Buch von Echternach ein, eine der kostbarsten Handschriften des Mittelalters. In den Ecken sind die wichtigsten alttestamentarischen Propheten Jesaja, Jeremias, Ezechiel und Daniel zu sehen. Dazwischen findet man die Symbole der vier Evangelisten. Dass diese namentlich bezeichnet sind, ist eher ungewöhnlich, denn zur Entstehungszeit dieser Handschrift war wohl jedem geläufig, dass der geflügelte Mensch für Matthäus, der Löwe für Markus, der Stier für Lukas und der Adler für Johannes steht.
Rückgriff auf die Cherubim
Die Zuordnung der Evangelisten-Symbole ist den Kirchenvätern Irenäus und Hieronymus (5. Jahrhundert) zu verdanken und gründet wohl im Wesentlichen auf den folgenden Überlegungen: Matthäus beginnt sein Evangelium mit der Menschwerdung Jesu, Markus mit dem löwengleichen Auftreten von Johannes dem Täufer, Lukas mit einem Opfer von Zacharias, dem Vater des Täufers, und Johannes mit einem poetischen Prolog, der sich adlergleich in die Höhen schwingt. Die Kombination Mensch, Löwe, Stier und Adler haben sich die Kirchenväter jedoch nicht ausgedacht. Im Alten Testament erzählt der Prophet Ezechiel (Ez 1,10) die Cherubim, himmlische, engelähnliche Wesen, hätten vier Gesichter und zwar jeweils das eines Menschen, eines Löwen, eines Stieres und eines Adlers. Im Neuen Testament werden in der Offenbarung des Johannes (Joh 4,7) dann vier Wesen beschrieben, die um Gottes Thron stehen und ohne Unterlass seine Heiligkeit verkünden. Diese Wesen haben jeweils sechs Paar Flügel, sind über und über mit Augen bedeckt und haben die Gesichter von Mensch, Löwe, Stier und Adler.
Unklare Identitäten
In der kirchlichen Tradition gilt der Evangelist Matthäus als einer der zwölf Apostel, ein Zöllner, der vor seiner Berufung Levi hieß. Johannes soll mit dem Lieblingsjünger Jesu identisch sein. Das Lukasevangelium wird dem Arzt Lukas zugeschrieben, einem Gefährten des heiligen Paulus. Der Evangelist Markus dagegen wird mit Johannes Markus, einem Begleiter des Apostels Petrus gleichgesetzt. Die Zuordnungen stammen allesamt von frühen Kirchenlehrern etwa aus der Mitte des 2. Jahrhunderts, Beweise für ihre Auslegungen lieferten die frommen Männer jedoch nicht. Heute vertritt man daher auch überwiegend die Meinung, dass die „geschichtlichen Fakten“ im Sinne der Beweisführung ausgelegt wurden, mit dem erklärten Wunsch, die Evangelien an vier namentlich bekannten Männern festzumachen. Als Argument für die Autorenschaft des Matthäus gilt zum Beispiel nur, dass er als Einziger erwähnt, dass der Apostel Matthäus früher Zöllner war. Lukas wird mit Lukas, dem Arzt gleichgesetzt, weil er ein besonderes Interesse an Heilungen zeigt. Johannes dagegen schreibt am Ende seines Evangeliums, Jesu Lieblingsjünger sei der, der diesen Bericht geschrieben habe. Das bedeutet aber möglicherweise nur, dass der Autor Informationen hatte, die von Johannes stammten.
Das Scriptorium von Echternach
Anfang des 11. Jahrhunderts gehörte die Schreibstube des Klosters St. Willibrord im luxemburgischen Echternach zu den bedeutendsten Europas. Wie reich die Mönche waren, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie das mit goldener Tinte geschriebene Echternacher Evangeliar (Evangelienbuch) für ihr eigenes Kloster anfertigen konnten. Die Seiten bekamen zudem einen goldenen, mit Elfenbeinschnitzereien und Edelsteinen verzierten Einband, den Kaiser Otto III. dem Kloster schon einige Jahrzehnte zuvor geschenkt hatte.
Der thronende Christus umringt von Propheten und Evangelisten leitet das Echternacher Evangeliar ein, das wegen seiner goldenen Schrift auch Codex aureus epternaciensis genannt wird. Mit 64 Bildseiten ist es eine der kostbarsten Handschriften des Mittelalters und befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.
(c) Interfoto München
Viermal das Leben Jesu
(Byzantinische Buchmalerei, Evangelist Lukas, 10. Jh.)
Genauso wie die Identität der Evangelisten unklar ist, steht ebenso wenig fest, wann und wo sie ihre Schriften verfassten. Die Forschung ist sich jedoch über die Reihenfolge einig. Das älteste Evangelium ist das Markusevangelium. Darauf folgten die Texte von Matthäus und Lukas, während das Johannesevangelium erst später verfasst wurde. Spätestens um 150 n. Chr. aber waren alle vier Bücher in den christlichen Gemeinden verbreitet.
Markus und
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