Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kristallsaengerin

Die Kristallsaengerin

Titel: Die Kristallsaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
Vom Netzwerk:
I
    Killashandra lauschte erstarrt den Worten, die mit bleierner Schicksalhaftigkeit in sie einsanken. Sie starrte auf des Maestros berühmtes Profil, dessen Lippen sich um die Worte öffneten und schlössen, die das Ende all ihrer Hoffnungen und Erwartungen bedeuteten und zehn Jahre harten Arbeitens und Studierens zu vertaner Zeit machten.
    Schließlich wandte sich der Maestro ihr zu. Das echte Bedauern in seinen ausdrucksvollen Augen ließ ihn älter erscheinen. Die ausgeprägten Sängermuskeln an den Kiefern ließen die Wangen sorgenvoll erschlaffen.
    Eines Tages würde sich Killashandra vielleicht an diese Details erinnern, in diesem Augenblick aber war sie zu nie-dergeschmettert von der ungeheuren Niederlage, um mehr als ihr schreckliches persönliches Versagen wahrzunehmen.
    »Aber . . aber . . wie konnten Sie?«
    »Wie konnte ich was?« fragte der Maestro überrascht.
    »Wie konnten Sie mir nur falsche Hoffnungen machen?«
    »Ihnen falsche Hoffnungen machen? Aber mein liebes Kind, das habe ich doch nicht.«
    »Doch! Sie haben gesagt . . Sie haben gesagt, ich müßte nur hart arbeiten. Habe ich denn nicht hart genug gearbeitet?«
    »Natürlich haben Sie das.« Valdi war beleidigt. »Das setze ich bei meinen Studien voraus. Es kostet Jahre harter Arbeit, die Stimme zu entwickeln und sich nur einen Bruchteil des Au-
    ßenweltrepertoires anzueignen, das dargeboten werden muß.«
    »Aber ich beherrsche das Repertoire! Ich habe hart gearbeitet, und jetzt . . jetzt sagen Sie mir, ich hätte keine Stimme?«
    Maestro Valdi seufzte schwer, eine Manieriertheit, die Killashandra schon immer gereizt hatte und die ihr nun unerträglich wurde. Sie öffnete den Mund, um zu protestieren, doch er hob abwehrend die Hand. Die Gewohnheit von vier Jahren ließ sie schweigen.
    »Sie haben nicht die Stimme zu einer erstklassigen Sängerin, meine liebe Killashandra. Aber das schließt ja nicht aus, daß Sie nicht eine der anderen verantwortungsvollen und für Sie befriedigenden . .«
    »Ich will nicht zweitklassig sein. Ich will — ich wollte ...« Killashandra sah mit Befriedigung, wie er angesichts der Bitterkeit in ihrer Stimme zusammenzuckte. »... ich wollte eine erstklassige Konzertsängerin sein. Sie haben gesagt, ich hätte •...«
    Wieder hob er die Hand. »Sie besitzen das absolute Gehör, Ihre Musikalität ist fehlerlos, Ihr Gedächnis hervorragend, und an Ihrem dramatischen Potential gibt es nichts auszusetzen.
    Aber da ist dieses Schnarren in Ihrer Stimme, das bei höheren Tönen einfach unerträglich wird. Ich dachte, es würde sich durch Üben herausbringen oder jedenfalls abschwächen lassen . .«, er zuckte hilflos die Achseln und musterte sie dann streng.
    »Aber Ihr heutiges Vorsingen vor völlig objektiven Experten hat eindeutig gezeigt, daß der Fehler in der Stimme selbst liegt und sich nicht beheben läßt. Dieser Augenblick ist schrecklich für Sie und auch nicht besonders erfreulich für mich.« Er begegnete ihrer rebellischen Haltung mit einem erneuten strengen Blick. »Ich irre mich selten in meinem Urteil bezüglich der Stimme, und ich habe wirklich gedacht, daß ich Ihnen helfen könnte. Ich kann es nicht, und es wäre doppelt grausam von mir, Sie weiterhin zu einer Karriere als Solistin zu ermutigen.
    Nein. Sie würden sich besser auf einen anderen Aspekt Ihrer Fähigkeiten konzentrieren.«
    »Und der wäre, falls ich mich diesmal auf Ihr Urteil verlassen kann?«
    Er blinzelte pflichtschuldigst angesichts ihrer sarkastischen Bemerkung und sah sie dann direkt an. »Zum Unterrichten mangelt es Ihnen an Geduld, aber vielleicht wäre eine der anderen Theaterwissenschaften etwas für Sie, bei der Ihnen Ihr Wissen um die Probleme eines Sängers zugute kommen würde.
    Nein? Sie sind eine ausgebildete Synthetikerin? Hmmm. Schade. Ihre musikalische Ausbildung würde dort wirklich von Vorteil sein.« Er schwieg. »Nun, in diesem Fall würde ich Ihnen raten, die Theaterwissenschaften ganz zu verlassen. Mit Ihrem Gehör könnten Sie als Kristalltuner oder als Flug-und Shut-tleleiterin arbeiten, oder Sie . .«
    »Vielen Dank, Maestro«, unterbrach sie ihn, eher aus Macht der Gewohnheit als aus echter Dankbarkeit. Sie verneigte sich leicht vor ihm, wie es ihm in seiner Position zustand, und zog sich dann zurück.
    Killashandra knallte die Tür hinter sich zu. Sie war zu stolz gewesen, ihre Tränen in der Gegenwart des Maestros zu zeigen, doch als sie jetzt den Korridor hinunterstakte, füllten sich ihre Augen mit

Weitere Kostenlose Bücher